Golfprofi Tom Kim:Wie ein Fünfjähriger im Disneyland

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Nervenstark: Profigolfer Tom Kim aus Südkorea erlebt gerade einen rasanten Aufstieg. (Foto: Orlando Ramirez/AFP)

Tom Kim aus Südkorea mischt gerade die Golfszene auf. Vergleiche mit Tiger Woods nimmt der 20-Jährige gelassen hin.

Von Felix Haselsteiner, München/Las Vegas

Natürlich macht Tom Kim es den Amerikanern auch leicht, ihn zum Rockstar zu erklären. Ausländische Golfspieler hatten es in den USA seit jeher schwerer, die beliebtesten Spieler zu werden. Insbesondere aber galt das für die zahlreichen jungen Asiaten, die in den vergangenen zehn Jahren im Golf auftauchten: Hideki Matsuyama etwa, der Japaner, der 2021 das Masters gewann, oder Sungjae Im aus Südkorea, der seit einigen Jahren regelmäßig zu den besten Spielern zählt, bekommen Respekt für ihre Leistungen - aber ihnen mehr zu geben, fällt dem US-Publikum schwer, weil sie sie schlichtweg nicht verstehen.

Weder Matsuyama noch Im sprechen gut genug Englisch, um Interviews zu geben. Für Reporter wie auch für Zuschauer ist es daher angenehm, dass der neueste Könner aus Asien einen latent amerikanischen Akzent mitbringt und gleich noch seinen Namen geändert hat, um für möglichst wenige Verirrungen zu sorgen. Tom Kim heißt eigentlich Kim Joo-hyung, aber wie das Beispiel Tiger Woods zeigt: Wer es nach oben schaffen will, braucht in den USA nicht nur hervorragendes Golf, sondern auch einen Marketing-fähigen Namen.

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Die unterschiedlichen Golf-Touren setzen weiterhin auf größtmögliche Konkurrenz - das zeigt sich auch beim Presidents Cup: Dem Kapitän des internationalen Teams springen nach und nach die Spieler ab.

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Ohne einen einzigen Schlagverlust (Bogey) über vier Tage gewann Kim am Sonntag in Las Vegas sein zweites Turnier auf der PGA Tour, im Alter von 20 Jahren hat das vor ihm in der Geschichte nur Woods geschafft. "Diese Geschichte mit ihm zu teilen, ist ein Traum, der in Erfüllung geht", sagte er. Eine Geschichte, die von einem beeindruckenden Aufstieg erzählt.

Kim machte sich in den paar Tagen einen Namen als unterhaltsamer Spieler

In Seoul geboren, wuchs Kim mit einem Vater auf, der als Golflehrer in Thailand, Australien, China und auf den Philippinen arbeitete. Der kleine Joo-hyung reiste mit und wurde von allen Tom genannt, nach eigener Aussage deshalb, weil er stets die Kinderserie "Thomas und seine Freunde" schaute und die kleine, blaue Lokomotive Tom am liebsten mochte. Die andere Faszination neben Zügen waren die Golfschläger, mit denen Kim sich mit 17 Jahren auf den extrem kompetitiven asiatischen Nachwuchstouren einen Namen machte.

Ein Sieg auf der Asia-Tour 2019 brachte ihn zum ersten Mal in die USA, bei der PGA Championship im August 2020 bekam er einen Startplatz, schaffte zwar sportlich noch nicht den Durchbruch, aber fand immerhin die Gelegenheit zu einem Foto mit Woods. Zwei Jahre später teilt er sich einen Rekord mit ihm. "Ich fühle mich wie ein Fünfjähriger im Disneyland", sagte Kim zuletzt: "Es ging wirklich alles extrem schnell."

Vor allem die vergangenen drei Monate: Nach der Open Championship im Juli erst bekam Kim eine Kurzzeit-Startberechtigung in den USA. Und da er schon bei seinem dritten Turnier, der Wyndham Championship Anfang August, gewann, bekam er noch eine Einladung zum Presidents Cup, dem Teamturnier, bei dem eine Mannschaft aus den USA gegen ein internationales, nicht-europäisches Team antritt. Die Internationalen verloren deutlich, aber Kim triumphierte: Er machte sich in den paar Tagen einen Namen als unterhaltsamer Spieler, versenkte lange Putts und jubelte so euphorisch, dass ihn selbst die patriotischen Amerikaner ins Herz schlossen, die es stets honorieren, wenn jemand mit ganzer Leidenschaft agiert.

"Ich fühle mich nicht wie ein Rockstar", sagte Kim selbst

"Der Junge ist in den vergangenen Monaten so schnell aufgestiegen", sagte der ehemalige Masters-Sieger Trevor Immelman, der Kim als Kapitän des internationalen Teams kennenlernte: "Er ist ein Geschenk für unseren Sport, er kann ein globaler Superstar werden. Aber was ich über seine Persönlichkeit gelernt habe in dieser Woche, davon bin ich wirklich begeistert." Unterstützung bekommt Kim auch von der Gruppe der Südkoreaner, die ihn auf der PGA Tour in Empfang genommen haben: Sungjae Im, Si-Woo Kim, S.H. Kim, K.H. Lee, Byeong Hun An, sie alle erwarteten Kim am Sonntag bereits am 18. Grün in Las Vegas, um ihn hochleben zu lassen. "Das sind meine großen Brüder, ich bin ihnen dankbar, dass sie für mich da sind", sagte er. Der kleine Bruder ist jedenfalls schon Inspiration: Beim Turnier in Las Vegas waren vier Südkoreaner unter den Top-10.

Die Vergleiche mit Woods können beflügelnd sein, aber sie wurden schon häufiger gezogen in den vergangenen Jahren - und erfüllten sich nicht immer. Die Zuschauer in den USA suchen Jahr für Jahr nach einem neuen Gesicht, das die Rolle des Helden einnehmen kann. Inzwischen dürfen es sogar Nicht-Amerikaner sein: Rory McIlroy aus Nordirland ist inmitten der Debatte zwischen der LIV-Tour aus Saudi-Arabien und der PGA Tour zur moralischen Instanz gereift, Kim könnte die Rolle des sportlichen Nachwuchs-Heroen einnehmen.

Und wie gefallen dem jungen Protagonisten diese ganzen Vergleiche? "Ich fühle mich nicht wie ein Rockstar", sagte Kim in Las Vegas und grinste breit. Dann wurde er kurz ernst: "Ich muss noch viel besser werden."

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