Die Pflöcke sind eingeschlagen für eine neue Ära. Die Fans, die beim Training der Werder-Profis zuschauen, sind größtenteils der Meinung eines ihrer Mitstreiter: "Thomas Schaaf ist Bremen. Bremen ist Thomas Schaaf." Auch Werder-Cheftrainer Alexander Nouri hält die Rückkehr von Schaaf, der ihn als Nachwuchscoach im Alter von 15 Jahren als Mittelfeldtalent von Buxtehude nach Bremen holte, "für eine Bereicherung".
Und selbst der dritte Geschäftsführer Hubertus Hess-Grunewald, der anders als die beiden anderen Direktoren Klaus Filbry und Frank Baumann vom Stammverein bestimmt wird, stellt sich nicht gegen eine Satzungsänderung bei der Mitgliederversammlung am 20. November - obwohl sie seinen Einfluss im Fußball beschneiden würde: Er gäbe die Zuständigkeit für das Nachwuchsleistungszentrum an Baumann ab. Der wiederum könnte dann den Technischen Direktor Thomas Schaaf einstellen.
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"Immer ein Botschafter für Werder"
Was laut Hess-Grunewald das Ergebnis eines "Strategieprozesses" ist, mit dem moderne Vereinsführung und familiäres Werder-Miteinander zusammengeführt werden sollen, ist schon weit auf den Weg gebracht. So weit, dass der in solchen Fragen sonst öffentlich zurückhaltende Schaaf sich längst positioniert hat. Der frühere Epochen-Trainer hat weder dementiert, dass es schon Gespräche über den neuen Job gab. Zudem wollte er nicht verhehlen, dass ihm die Sache "sehr am Herzen liegt". Und auf die Frage, wie es sich anfühle, zu seinem Herzensverein zurückzukehren, sagte er: "Ich war doch nie weg."
Er sei, betonte Schaaf, "immer Botschafter für Werder" gewesen. Zum Beispiel bei sozialen Projekten. Und nie ist er aus seinem Haus in Brinkum, ein Ortsteil der unmittelbar an Bremen grenzt, ausgezogen. So ist es kaum vorstellbar, dass die Mitglieder diese klassische Werder-Idee nicht durchwinken werden. Was aber soll der neue Technische Direktor tun, wenn er doch "kein Trainer-Flüsterer" sein soll, wie Schaaf selbst klargestellt hat? Die Berufung - erst zum 1. Juli 2018? - wäre jedenfalls keine Reaktion auf die momentan mal wieder brenzlige sportliche Situation der Bremer (Tabellenplatz 17).
Der 56-jährige Schaaf, seit 1972 Werder-Mitglied, war 15 Jahre lang im grün-weißen Dress Profi, coachte dann den Nachwuchs und die Amateure und war schließlich von 1999 bis 2013 insgesamt 14 Jahre Chefcoach des Bundesliga-Teams - mit dem Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal 2004 als Höhepunkt. Jetzt soll er eine Art Mentor aller Werder-Trainer und junger Spieler sein. Schaaf soll darüber wachen, dass im gesamten Verein eine einheitliche Spielphilosophie gelebt wird, die bei Werder wohl als aktiver, offensiver Kombinationsfußball beschrieben werden kann - so, wie ihn der Trainer Schaaf die meiste Zeit selber spielen ließ. Zudem soll er wohl auch ein wichtiger Faktor bei der geplanten Zusammenarbeit des Klubs mit China sein. Die Bremer wollen Fußball-Know-how verkaufen, und das geht natürlich leichter, wenn man dafür einen der erfolgreichsten Bundesligatrainer aufbieten kann.
Ob Schaaf schon mit seinem alten Kollegen Ewald Lienen vom FC St. Pauli gesprochen hat, der dort ja ebenfalls seine Tätigkeit auf dem Rasen aufgegeben hat zugunsten des neuen Jobs als Technischer Direktor, hat er nicht verraten. Aber womöglich sind die beiden Altmeister die Vorhut eines neuen Trends: "Die Bayern holen ja nicht ohne Grund einen Jupp Heynckes zurück", sagte Schaaf dieser Tage. Erfahrung werde offenbar trotz der Tendenz zu jungen Trainern wieder mehr geschätzt. Und Nouri gab unumwunden zu, er habe sich besonders in seiner Anfangszeit als Cheftrainer Tipps vom Vor-Vor-Vorgänger Schaaf geholt. Dieser könne den Verein "mit seiner Expertise" voranbringen.
Wie Lienen betont aber auch Schaaf, er habe seine Trainerkarriere noch nicht komplett abgehakt. Es fällt wohl schwer, diese intensive Tätigkeit wirklich loszulassen. Und das, obwohl die Erfahrungen des Werder-Botschafters bei anderen Klubs wenig erbauend waren. Bei Eintracht Frankfurt gab es genügend Leute, die Schaaf trotz eines neunten Tabellenplatzes schnell wieder loswerden wollten. Und bei Hannover 96 wurde er 2016 nach nur zehn Spielen, wovon er neun verlor, entlassen - obwohl er ausdrücklich der Lieblingscoach des Präsidenten Martin Kind war.
Das alles spricht dafür, dass Schaaf nach seiner Zeit als Profi und Trainer eine dritte Ära als Ausbilder und Mentor bei seinem Lieblingsklub beginnt. Geschäftsführer Frank Baumann, lange Zeit der Kapitän der von Schaaf betreuten Werder-Mannschaft, hat weitere vertiefende Gespräche angekündigt.