Probleme bei Alex Zverev:Boris Becker mischt sich ein

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Boris Becker, Kapitän des DTB-Teams beim ATP Cup, spricht auf Alexander Zverev ein. (Foto: AFP)
  • Boris Becker äußert sich mit markigen Worten zur Formkrise von Alexander Zverev.
  • Der beste deutsche Tennisspieler verlor zuletzt dreimal heftig beim ATP Cup.
  • "Er ist irgendwo in einem dunklen Zimmer gefangen und sucht den Lichtschalter. Er muss aber bereit sein, ihn suchen zu wollen", findet Becker.

Von Lisa Sonnabend

Es ist eine interessante Liaison, die an diesem Mittwoch in Australien verkündet wurde. Der Österreicher Dominic Thiem wird in diesem Jahr intensiv mit dem ehemaligen Weltranglistenersten Thomas Muster zusammenarbeiten. "Tom entwickelt als Betreuer eine unglaubliche Energie", schwärmte der Weltranglistenvierte, "die Arbeit mit ihm wird mir echt weiterhelfen."

Während Thiem euphorisch ins neue Jahr aufbricht, sackt Alexander Zverev, der beste deutsche Tennisspieler, zum Jahresauftakt in sich zusammen. Beim neuen Mannschaftswettbewerb ATP Cup, der derzeit in Australien ausgetragen wird, startete der 22-Jährige mit drei heftigen Niederlagen in die neue Saison und schied mit dem Team des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) bereits in der Vorrunde aus. Erst verlor Zverev in drei Sätzen gegen Alex De Minaur, dann 1:6 und 4:6 gegen Stefanos Tsitsipas und schließlich ging er auch noch 2:6 und 2:6 gegen Denis Shapovalov unter.

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Alexander Zverev bereitet sich beim ATP Cup, einem neuen Turnier für Männerteams, auf die Australian Open vor - mit Boris Becker als Kapitän.

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Obendrein musste sich Zverev auch noch harsche Worte von Boris Becker anhören. "Er ist irgendwo in einem dunklen Zimmer gefangen und sucht den Lichtschalter. Er muss aber bereit sein, ihn suchen zu wollen", kritisierte Becker in einem Interview mit der FAZ.

Zverev wirkt unfit, unkonzentriert und lustlos

Zverev hatte im vergangenen Jahr die Erwartungen an ihn enttäuscht, erst zum Ende der Saison steigerte er sich und erreichte im November bei den ATP-Finals, bei denen die acht besten Spieler teilnehmen, immerhin das Halbfinale. Danach fuhr er allerdings nicht in den Urlaub, sondern tourte mit Roger Federer bei einer Show-Serie durch südamerikanische Stadien und spielte am vorletzten Tag des Jahres noch ein Match mit dem Schweizer in China. Es war eine Saisonvorbereitung, die viel Geld gebracht hat, aber auch viel Stress.

In Australien wirkte er nun unfit, unkonzentriert und lustlos. Es kamen gerade einmal 57 Prozent seiner ersten Aufschläge. Einmal bekam Zverev einen Wutanfall, dass ihn sein Vater, der zugleich sein Trainer ist, so laut anpflaumte, dass die TV-Mikrofone es gut hörbar in alle Welt transportierten. Zverev blaffte zurück: "Ich habe keinen Aufschlag mehr, und du erzählst mir irgendeinen Scheiß." Becker, der das DTB-Team als Kapitän bei dem Turnier begleitete, verzog währenddessen sein Gesicht.

Im vergangenen Sommer hatte Zverev die Zusammenarbeit mit seinem Coach Ivan Lendl beendet, seitdem trainiert er wieder ausschließlich mit seinem Vater. Becker hält dies für keine gute Entscheidung. "Ich würde mir wünschen, er würde bald einen neuen Trainer finden", sagte der ehemalige Weltranglistenerste nun in Australien: "Ich glaube, solange der Vater so eine dominante Rolle auf dem Trainingsplatz spielt, wird es letztendlich immer nach seinem Kopf gehen", sagte Becker und rät Zverev nach der Verpflichtung eines neuen Coaches, "auch mal Zeit mit dem Trainer alleine zu verbringen." Becker betonte allerdings, dass er selbst nicht der neue Coach sein wolle.

Es überrascht, wie sehr Becker sich öffentlich in die Causa Zverev einmischt und welch deutliche Wort er wählt. In den vergangenen Jahren hat sich der ehemalige Tennisprofi stets als Mentor für Zverev gesehen, die beiden betonten, welche große Wertschätzung sie füreinander haben. Immer wieder gab Becker dem jungen Profi Ratschläge.

Bereits im Sommer allerdings kritisierte Becker erstmals den Weg, den Zverev einschlug. Das Verhältnis zwischen Lendl und dem Zverev-Clan hatte sich da bereits abgekühlt. Becker war der Meinung, sie müssten sich häufiger sehen. Kurz darauf folgte die Trennung von Lendl. Doch einen neuen Coach verpflichtete Zverev danach nicht.

Nicht nur Becker sorgt sich derzeit um den Weltranglistensiebten. Auch der ehemalige Davis-Cup-Kapitän Patrik Kühnen äußerte sich beim TV-Sender Sky über das Formtief des Spielers: "Es gilt, einen Weg herauszufinden. Da tut er mir schon fast leid." Natürlich sieht auch Zverev ein, dass es gerade mal wieder nicht läuft. Was er verändern will? "Ich brauche Trainingszeit, muss Matches gewinnen, dann wird es schon wieder irgendwie laufen", meinte er nur lapidar nach der dritten Niederlage beim ATP Cup.

Am 20. Januar beginnt in Melbourne das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres. Ob Zverev bis dahin seine Klasse wiederfindet? Fest steht: Boris Becker wird auch dann viel über ihn sprechen. Der 52-Jährige arbeitet während des Turniers als TV-Kommentator.

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