Amerikaner bei den US Open:Shelton-Show, Big Foe und Taylor-Mania

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Spektakulärer und begabter als sein Vater Bryan: Ben Shelton machte nicht nur mit einem 240 km/h schnellen Service auf sich aufmerksam. (Foto: Elsa/Getty)

Drei amerikanische Männer erreichen bei den US Open das Viertelfinale. Zwei von ihnen könnten es mit Djokovic zu tun bekommen.

Von Jürgen Schmieder, New York

Die Amerikaner lieben diese Pose, die ihnen Ben Shelton zeigte: den korrekten Sitz seines Pracht-Bizeps - und warum auch nicht? Er hatte die Leute mit einem Viersatzsieg gegen den an Nummer 14 gesetzten Landsmann Tommy Paul verzückt und ihnen währenddessen die schnellste Spieleröffnung des Turniers bislang geschenkt: "149" leuchtete auf der Anzeigetafel, das sind knapp 240 km/h und nur knapp unter dem Rekord (253 km/h). Da darf man schon mal den Muskel zeigen, der das produziert hatte. Es war die Shelton-Show bei den US Open, weil der 19-Jährige nach den knapp drei Stunden im Louis Armstrong Stadium hinüberging zum Grandstand, wo er mit Taylor Townsend im Mixed antrat - aber nicht schneller als 203 km/h aufschlug.

Als er endlich in die Kabine kam, war im Spind längst das Foto vom Aufschlag aufgehängt - ein kleiner Gruß der Turnierleitung. Am Tag danach: wieder Mixed, und beim Einzug ins Halbfinale war klar: Niemand kann bei diesen US Open mehr Spaß haben als Shelton. Er flachste mit der Partnerin, der Schiedsrichterin, den Zuschauern und auch mit den Gegnern. Nach dem 6:4, 6:2 legte er sich hin als Zeichen, dass er doch ein kleines bisschen müde ist.

Es war aber auch der Tag von Big Foe: Frances Tiafoe schoss den Qualifikanten Rinky Hijikata regelrecht aus dem Arthur Ashe Stadium (6:4, 6:1, 6:4 - der Vollständigkeit halber, sein schnellster Aufschlag: 219 km/h) und trifft in der Nacht zu Mittwoch auf Shelton. Das führt zu einer interessanten Konstellation, weil auch Taylor Fritz gewann, 7:6 (2), 6:4, 6:4 gegen den Schweizer Dominic Stricker, der sich unbekümmert von der Qualifikation ins Achtelfinale gespielt und durch Mitsingen in Spielpausen oder wunderbare Kommentare zu seinem Kinderschokolade-Verpackungs-Gesicht (nach dem Sieg in der dritten Runde etwa: "Heute werde ich mir mal Schoki gönnen") begeistert hatte. Höchste Aufschlaggeschwindigkeit von Fritz: 215 km/h, das aber gleich vier Mal.

Wann stellten die Amerikaner zuletzt drei Viertelfinalisten? 2005, als ein gewisser Andre Agassi mit 35 bis ins Endspiel vordrang

Zum ersten Mal seit 2005 stehen drei US-Männer im Viertelfinale der US Open, und deshalb ist das mit den Geschwindigkeiten so bedeutsam: Die Teilnehmer damals (Andre Agassi, James Blake und Robby Ginepri) waren auch für andere Dinge bekannt als ihre Eröffnungen; nach Agassis Karriereende war das Urteil über amerikanische Männer oft: Aufschlag und Vorhand - sonst nichts; und es ist kein Zufall, dass bei diesen US Open John Isner seine Laufbahn beendete, er hält den Geschwindigkeitsrekord: 253 km/h im Davis Cup 2016 gegen Australien; er war der Prototyp des gefährlichen, jedoch eindimensionalen US-Tennisprofis. Weitere Exemplare: Sam Querrey, Reilly Opelka, Jack Sock.

Schon etwas länger in der Weltspitze als seine Landsleute: Taylor Fritz fordert Novak Djokovic heraus. (Foto: Geoff Burke/USA TODAY Sports via Reuters)

Shelton, Tiafoe und Fritz können schon auch Aufschlag und Vorhand, aber sie haben noch andere Stärken: Shelton das gefühlvolle Händchen am Netz, Tiafoe den Spielwitz des Streetball-Zockers, Fritz das strategische Winkelspiel eines Tischtennisspielers. Shelton hat 2023 bereits in Australien das Viertelfinale erreicht, Tiafoe hatte es bei den US Open vergangenes Jahr sogar ins Halbfinale geschafft; für Fritz ist es nach Wimbledon 2022 das zweite Viertelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier. Da tut sich was bei den US-Männern, und nun wird es spannend: Alle drei sind im gleichen Tableau-Viertel, und zwar in dem von Novak Djokovic.

Nahe an den Top Ten: Es hat etwas länger gedauert, bis Frances Tiafoe dort gelandet ist, wo Beobachter ihn erwartet hatten. (Foto: Danielle Parhizkaran/USA TODAY Sports / Reuters)

Das bedeutet: Ein Amerikaner (Tiafoe oder Shelton) wird ins Halbfinale kommt, und er wird dort entweder auf den nächsten Amerikaner oder Djokovic treffen. "Wir pushen uns gegenseitig", sagt Fritz: "Wenn wir bemerken, dass es einer schafft, glauben wir daran, es selbst auch zu können - und wir sagen uns das auch gegenseitig." Seine Bilanz gegen Djokovic ist frustrierend (0:7), aber Fritz ist ein echter Amerikaner und sagt: "Irgendwann wird es schon mal klappen. Wichtig ist, dass ich mein bestes Tennis spiele und Spaß habe; dann habe ich hoffentlich eine Chance." Was freilich nicht schaden würde: ein paar Aufschläge über 215 km/h.

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