Tennis:Gemeinsam aus der Regionalliga ins Grand-Slam-Finale

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Dreamteam: Angelique Kerber und Trainer Torben Beltz (Archivfoto). (Foto: Matt Roberts/dpa)
  • Am Samstag spielt Angelique Kerber ihr erstes Grand-Slam-Finale bei den Australian Open gegen die große Favoritin Serena Williams.
  • Großen Anteil daran hat auch ihr Trainer Torben Beltz, der sie einst als Teenager in der Regionalliga-Frauenmannschaft entdeckte.
  • Obwohl Beltz selbst nie Profispieler war, hat er es geschafft, Kerber nun auch bei den großen Turnieren besser zu machen.

Von Gerald Kleffmann

Wenn Angelique Kerber in Melbourne über die Tennisanlage läuft, folgt ihr meist ein langer Schlaks, und man muss sagen: Man fängt an, sich Sorgen zu machen. Sein Gesicht wächst zu wie bei einem Yeti, von Tag zu Tag. Dass hier einer am Verlottern ist, steht zum Glück nicht zu befürchten. Jedenfalls hat Kerber am Freitagmittag Entwarnung gegeben. Torben Beltz rasiere sich mit Absicht nicht mehr. Aus Aberglaube - und nicht, weil er keine Klingen mehr habe. Zuletzt soll er, dies als letzter Zwischenstand zu seinem Wuchs, aber beklagt haben, dass die Bartborsten jucken. Aber nein, der kommt nicht ab. Wie sie als seine Spielerin das so finde? "Mh, dazu sage ich jetzt lieber nichts", sagte Kerber lachend.

Natürlich ist ihr dieser Aberglaube recht. Kerber hat ja das Finale der Australian Open erreicht - beim Barte des Beltz.

Beltz selbst hatte den Durchbruch als Profi nie geschafft

Torben Beltz ist 39 Jahre alt, er war früher College-Spieler in den USA, er hatte den Durchbruch als Profi nicht geschafft - und jetzt ist er jener Trainer, der Deutschlands beste Tennisspielerin in ihr erstes Grand-Slam-Finale geführt hat. Kerber hat in Melbourne auch über ihren Coach geredet. Beltz kenne sie in- und auswendig. Er wisse, wie er sie erreiche. Wie er Kritik positiv und motivierend übermitteln muss. Er spüre auch, "wann er mich mal in Ruhe lassen muss". In Melbourne war das ja tatsächlich mal der Fall. Nach ihrem verkrampften Erstrundensieg gegen die Japanerin Misaki Doi, als sie einen Matchball abwehren musste und "bereits mit einem Bein im Flieger nach Hause" war, wollte sie für sich sein. Sie ging spazieren, am Yarra River, sie hatte auch ein Buch dabei.

So wie Kerber über Beltz sprach, wurde klar: Die Basis ihres Erfolges ist Vertrauen. Und deshalb ist es auch völlig egal, dass Beltz nicht dreimal Wimbledon gewonnen hat oder die Nummer acht oder 25 der Welt war.

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Beltz verstärkte nach seiner zweijährigen College-Zeit in Decatur im US-Bundesstaat Alabama den TC Alsterquelle, der in der zweiten Bundesliga spielte. In der Regionalliga-Frauenmannschaft trat damals ein talentiertes Mädchen an. Angelique Kerber war bereits eine erfolgreiche Jugendspielerin und holte zwei Titel bei den deutschen Meisterschaften der Unter-18-Jährigen. In einem lokalen Artikel des Hamburger Abendblatt wurde Beltz 2004 mit den Worten zitiert: "Ob es sich nun um Matchtraining oder das Fitnessprogramm handelt, Angi hängt sich voll rein. Die Chemie zwischen uns stimmt." Auch habe er "immer von einem Job als Tour-Trainer geträumt". Kerber wiederum sagte seinerzeit: "Wenn es um das ungeliebte Konditionstraining geht, ist Torben unnachgiebig, aber wir lachen viel beim Training. Diese Entscheidung werde ich nicht bereuen."

Nein, sie bereuen sicher nichts. Im Januar 2016 sind beide, Kerber und Beltz, "nach vielen Aufs und Abs in der Karriere", wie die neue Grand-Slam-Finalistin sagte, am Höhepunkt ihres gemeinsamen Weges angekommen. Am Samstag spielt Kerber gegen Serena Williams um den Australian-Open-Titel.

Beltz, der auch im Schleswig-Holsteinischen Verband aktiv war, begleitete Kerber bei ihren ersten Teilnahmen auf der Frauentour der WTA, ihr erstes großes internationales Turnier war schicksalhafterweise die Australian Open, in der Juniorinnenkonkurrenz trat Kerber damals an. Ein Kreis schließt sich jetzt, wenn man es so deuten will. Die allerersten Punkte in der Weltrangliste holte Kerber mit Beltz, der damals auch weiterhin in der Heimat als Trainer im Einsatz war. Beim Frauen-Bundesligisten TC RW Wahlstedt unter anderem. Die Bande zwischen den beiden bestand aber, sie arbeiten fester zusammen. Beltz war es, der Kerber in der ersten gemeinsamen Strecke der Zusammenarbeit an die Weltspitze führte.

Ende 2013 allerdings fühlten beide den Moment gekommen, "dass wir mal was Neues probieren wollten", wie Beltz in Melbourne erzählte. Sie trennten sich. Benjamin Ebrahimzadeh, ein Deutsch-Iraner aus Saarbrücken, der als Cheftrainer an der Schüttler-Waske-Akademie in Offenbach Kerber kennen gelernt hatte, übernahm. Sie hatten Erfolge zusammen, aber nach sportlichen Rückschlägen im Frühjahr 2015 kehrte Kerber zu Beltz zurück. Die Bande war immer noch da.

Beltz wusste, bei den Grand Slams muss Kerber erfolgreicher spielen

Wie ausgewechselt spielte Kerber gleich beim ersten Turnier auf, sie gewann in Charleston und holte 2015 drei weitere Titel. Beltz, ein aufgeräumter, geradliniger, eloquenter Mann mit viel Leidenschaft für seinen Beruf, wusste aber auch: Bei den Grand Slams, den größten Veranstaltungen, musste Kerber endlich erfolgreicher werden. Als Top-Ten-Spielerin allemal. Er war es, der in vielen Gesprächen Kerber einimpfte, dass sie zu Recht zu den Besten zählt. Dass sie die absoluten Branchengrößen nicht fürchten muss. Denn die fürchten ja auch sie.

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Ein prominenter Trainer wie Ex-Profi Boris Becker ist eher ein Mastermind für den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic, er tüftelt an den letzten zwei Prozent hinsichtlich spielerischer und mentaler Strategien, die den Serben noch dominanter machen sollen. Beltz ist eher ganzheitlicher im Einsatz, er ist der Mann für alle Fälle, klar, Kerbers Team ist auch kleiner als das von Djokovic. Seit 2015 begleitet sie noch Simon Iden als Physio; der Frankfurter ist 28 Jahre alt und sammelte schon viel Erfahrung, beim DFB kümmert er sich um die Jugend-Nationalspieler der U18-Auswahl, auch bei der deutschen Basketball-Nationalmannschaft ist er in der Verantwortung.

Kerber hat gute, professionelle Personen um sich herum, im Hintergrund stärkt sie die Familie, das ist ihr auch extrem wichtig. Vertrauensmann Beltz ist aber in der täglichen Arbeit der größte Faktor. "Torben ist großartig", sagte Kerber. Selbst nach 13 Jahren der Zusammenarbeit sieht sie das so.

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