Formel 1 in Bahrain:Vettel entzieht sich Hamiltons Attacken

Lesezeit: 4 min

Sebastian Vettel: In Bahrain unbesiegbar (Foto: Hamad i Mohammed/Reuters)
  • Sebastian Vettel siegt in einem turbulenten Rennen in Bahrain und übernimmt die alleinige WM-Führung.
  • Lewis Hamilton verfolgt ihn hartnäckig, hadert aber mit einer Zeitstrafe.
  • Das Rennen zum Nachlesen finden Sie hier.

Von Philipp Schneider, München

Am Ende dieses Renntags standen drei Männer in einem kleinen Raum, wohin sie die Kameras begleiteten. Zwei der Männer, die gleich auf das Podium zur Siegerehrung steigen sollten, waren in Weiß gewandet, einer trug einen roten Overall. Der Rennfahrer in Rot klatschte einem der anderen neckisch auf den Rücken und fragte: "Was war denn los? Ich dachte, du kriegst mich noch?" Und dann lachte Sebastian Vettel, der Sieger dieses Rennens in Bahrain. Das Gesicht des zweitplatzierten Lewis Hamilton dagegen sah man leider nicht, er wandte sich schnell ab von den Kameras.

Nach dem zweiten Sieg im dritten WM-Rennen hat der Deutsche nun mit 68 Punkten die alleinige Führung übernommen in der WM-Wertung, Lewis Hamilton wurde Zweiter vor seinem Mercedes-Teamkollegen Valtteri Bottas.

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Dass diese Saison eine spannende werden könnte, weil sie von einem würdigen Duell der Weltmeister Vettel und Hamilton überlagert werden dürfte, das war schon vor diesem Rennen klar gewesen. Mercedes und Ferrari, so eine beliebte Prognose, werden den Titel unter sich aus machen, oder präziser: Hamilton und Vettel. Die zwei Teamkollegen der beiden, zufälligerweise jeweils Finnen, dürften sich maximal mit der Rolle des Sekundanten zufrieden geben. Nun hatte im Qualifying am Samstag zumindest der Mercedes-Pilot Valtteri Bottas sensationell die Planspiele durchkreuzt, indem er dank einer Zauberrunde erstmals von der Pole Position starten durfte.

Bottas meistert seine Premiere

"Wir können morgen als Team sehr stark sein", hatte Bottas vor dem Rennen angekündigt, wohlwissend, dass ihm die schärfste Konkurrenz von seinem eigenen Teamkollegen Hamilton erwachsen würde, der sich nach sechs Starts von ganz vorne in Serie zumindest auf Position zwei einsortieren durfte. Dass dem drittplatzierten Starter Vettel fast eine halbe Sekunde auf die Silberpfeile fehlte, war angesichts der Chancengleichheit bei den ersten zwei Saison-Rennen einigermaßen überraschend. Hartnäckig hielt sich am Rennwochenende die These, der Rückstand sei damit zu erklären, dass Ferrari die Turbolader in ihren Aggregaten schonen müsse, da diese zunehmend Probleme bereiten. Räikkönen stoppte im ersten Training mit einem Turbolader-Defekt, Vettel tauschte seinen in der Nacht zum Samstag aus.

Aber die spannendste Frage war dann doch: Würde sich der Zweikampf zwischen Vettel und Hamilton zu einem Dreikampf mit Bottas erwachsen? Und noch besser: Wie würde Hamilton reagieren auf die neue Konkurrenz im eigenen Stall, den er ja gerade erst so richtig lieben gelernt hatte, seit er dort nach dem Abschied von Rosberg ohne Widerworte regieren darf?

Die erste Kurve ist bei Formel-1-Rennen oft eine Schlüsselstelle. In Bahrain sind es von der Pole Position bis zum Scheitelpunkt der ersten Kurve 501,9 Meter, das ist ganz schön viel Platz, der erst einmal ohne Crash gefahren werden muss. Wenn in den vergangenen drei Jahren zwei Mercedes in der ersten Startreihe standen, dann krachte es mit schöner Regelmäßigkeit. Allerdings saß damals noch Brausekopf Rosberg im zweiten Mercedes, nicht der stille Finne Bottas, der mit seiner unaufgeregten Art ja auch in einem der lakonischen Filme seines Landsmanns Aki Kaurismäki mitspielen könnte.

Tatsächlich bog der Pole-Debütant als Erster in die erste Kurve, dafür zog Vettel auf der sauberen linken Seite der Strecke gleich vorbei an Hamilton. Und Vettel machte sofort Druck, entwischen lassen wollte er den Mann aus Villähde nicht. Was allerdings für die ersten sieben Fahrer galt, von denen sich zunächst keiner absetzen konnte.

Weil an der Spitze nicht richtig Tempo gemacht wurde: Nach sieben Runden wurde die erste Warnung aus seiner Box an Bottas gefunkt, die Temperatur seiner Reifen brachte die Techniker zum Grübeln. Immer heißer liefen die Pneu an seinem Rennwagen, erwärmt von der Flucht vor Vettel. Bottas solle bitte etwas schonender fahren, so die Idee. Sehr witzig, funkte Bottas sinngemäß zurück. Er sei es schließlich, der den Druck auf den Reifen verliere und damit den Grip an der Hinterachse.

Bei Ferrari fassten sie einen Plan. Als erster Fahrer aus der Spitzengruppe rollte Vettel an die Box, um sich frische Reifen zu besorgen, genau wie kurz darauf Max Verstappen. "Undercut" heißt die Taktik, sich mit Hilfe eines vorgezogenen Boxenstopps aus zu dichtem Verkehr zu entziehen, um dann mit frischen Reifen mit schnellen Runden das Feld von hinten aufzurollen. Für Verstappen waren die Räder wohl etwas zu frisch, postwendend rutschte er von der Piste. Für den Rennverlauf entscheidender war allerdings ein wüstes Manöver von Carlos Sainz, der Lance Stroll von der Piste rammte. "Lance hit me", funkte Sainz witzigerweise, aber diese Sichtweise war in etwa so zutreffend, als würde sich ein Hammer darüber beschweren, dass ihn der Amboss zu hart rannimmt.

Safety Car muss ausrücken

Das Safety Car musste auf die Strecke, alle anderen Piloten besorgten sich neue Reifen. Und als Bottas wieder auf Start- und Zielgerade einbog, hatte Vettel die Führung übernommen. Kaum war das Safety-Car von der Piste, attackierte Bottas Vettel. Vorbei kam er allerdings nicht und es sollte auch der letzte Versuch bleiben, den er unternahm. Und Hamilton? Bekam eine Fünf-Sekunden-Strafe aufgebrummt, weil er beim Einbiegen in die Boxengasse vor dem Reifenwechsel den Red Bull von Daniel Ricciardo ausgebremst hatte. Es lief nicht wirklich rund für Hamilton am Sonntag in der Wüste, was auch daran lag, dass er nun hinter Bottas im Verkehr steckte.

6,5 Sekunden lag Vettel nach 27 von 57 Runden in Führung vor Bottas, als Mercedes per Stallorder verfügte, dass dieser den drittplatzierten Hamilton passieren lassen sollte. Was zunächst wirkte wie der Versuch, die schöne, alte Hierarchie zum Leidwesen des aufstrebenden Finnen zu zementieren, war tatsächlich renntaktisch zu begründen: Hamilton war auf einer härteren Reifenmischung unterwegs als sein Kollege, er hatte keine Probleme mit mangelndem Grip an der Hinterachse. Hamilton zog also vorbei, setzte sich auch flugs von Bottas ab und nahm die Jagd auf Vettel auf.

Der Heppenheimer entzog sich dem heißer werdenden Atemzug des Briten allerdings abermals mit einem vorgezogenen Reifenwechsel. Hamilton, der ja seinerseits noch einmal halten musste und sich danach wieder hinter seinem Teamkollegen einsortierte, übernahm zwar vorübergehend die Führung - aber die Frage war: Würden Vettels Pneu die nächsten 24 Runden halten? Nun, sie hielten. Und auch weil Hamilton fünf Sekunden länger parken musste in der Box, kam er zwar nicht mehr dicht genug heran an den Ferrari von Vettel. Aber zumindest der wesentlich langsamere Teamkollege ließ ihn brav passieren.

Von diesem Wochenende bleibt die Erkenntnis: Bottas ist noch kein Rosberg. Und einen Dreikampf um die Weltmeisterschaft wird es in diesem Jahr wohl eher nicht geben.

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