Super Bowl:Tom Brady lässt die Spötter verstummen

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Viele Menschen können den Quarterback der Patriots nicht leiden. Doch seine überragende Leistung im Super Bowl verdient Anerkennung.

Kommentar von Jürgen Schmieder

Vielleicht ist es ganz gut so, wie es ist. Es gab ja zahlreiche Varianten für den Ausgang dieser Partie zwischen den New England Patriots und den Atlanta Falcons. Und damit - im Zeitalter der Sofort-und-immerzu-Veröffentlichung sämtlicher Befindlichkeiten des Menschen - auch einige Alternativen für die Verarbeitung dieses sportlichen Spektakels.

Hätten die Falcons die Patriots aus dem Stadion gejagt - wonach es angesichts der 28:3-Führung im dritten Viertel ausgesehen hatte -, dann hätte es noch mehr dieser despektierlichen Internet-Bildchen über Patriots-Quarterback Tom Brady gegeben, die bereits während der ersten Halbzeit auf sozialen Netzwerken kursierten. Ein Bild des Patriots-Quarterback auf der Ersatzbank, daneben ein Foto von US-Präsidentengattin Melania Trump bei der Amtseinführung ihres Mannes, dazu die Frage: "Wer guckt trauriger?" Oder ein Video von Bradys Fehlwurf im zweiten Viertel und dem recht tölpelhaften Versuch, danach den Gegenspieler umzureißen. Unterschrift: "Sprung in die Depression."

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Hätten die Patriots deutlich gewonnen, dann wären die Donald-Trump-Freunde Brady, Trainer Bill Belichick und Patriots-Besitzer Robert Kraft als Mitglieder eines bösen Sport-Imperiums verunglimpft worden. Eine unheilige Vereinigung, die wegen möglicher Manipulationen ( Spygate 2007 und Deflategate 2015) im Verdacht steht, dem Erfolg beinahe alles unterzuordnen und regelmäßig die Stabilität der Regeln zu testen. Eine effiziente Erfolgsmaschine, die angesichts von fünf Meisterschaften innerhalb von 16 Jahren nur erfolgshungrige Egozentriker mögen können.

Brady liefert Bilder, die nie niemand vergessen dürfte

"Haters gonna hate", heißt das in den USA. Wer Tom Brady nicht leiden kann, der würde unabhängig vom Ausgang des Super Bowl ein paar Gründe finden, ihn zu verspotten.

Doch es gab noch eine dritte Möglichkeit: ein knapper Sieg der Patriots, an den schon niemand mehr geglaubt hatte. Noch nie in der Geschichte dieses Endspiels hatte eine Mannschaft einen Rückstand von mehr als zehn Punkten aufgeholt, die Patriots lagen am Sonntag mit 25 Zählern zurück. Brady erzählte mit dem Comeback die amerikanische Geschichte des Typen, der gedemütigt am Boden liegt, die Kapitulation verweigert und allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz obsiegt. Er präsentierte dabei all jene Eigenschaften, die sich nicht mit Statistiken messen lassen.

Legendäre Siege, und nichts weniger war dieser 34:28-Erfolg der Patriots nach Verlängerung, die bekommt man nicht geschenkt. Ein Duell wird nur dann unvergesslich, wenn der Unterlegene den Gewinner über eine Grenze treibt, die zuvor als unüberwindlich galt.

Brady hat nun fünf Meisterschaften gewonnen, mehr als jeder andere Spielmacher zuvor. Er ist der erfolgreichste Quarterback der Super-Bowl-Geschichte. Es ist jedoch bedeutsam, dass er so siegte, wie er siegte. Er lieferte Bilder, die niemand vergessen dürfte, der sie gesehen hat.

Sein Verein mag einst Gegner ausspioniert oder die Luft aus Spielgeräten gelassen haben, dieses erstaunliche Comeback hat Brady mit legalen Mitteln und kaum greifbaren Eigenschaften geschafft. Was er dafür völlig zu Recht bekommt, ist wichtiger als Titel und Rekorde. Es ist etwas, das heutzutage kaum noch jemand erhält: universelle Anerkennung.

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