Zitate von Christian Streich:"Der Gott des Geldes wird immer größer"

Lesezeit: 4 min

(Foto: Harry Langer/DeFodi/Imago)

Christian Streich hat sich über all die Jahre stets unorthodox und erhellend zum Fußball, zu sich selbst und zur großen Philosophie geäußert. Eine Auswahl.

In zwölf Jahren als Cheftrainer beim SC Freiburg hat Christian Streich viele denkwürdige Sätze gesagt. Die Badische Zeitung hat darauf eine eigene Rubrik entwickelt, den "Streich der Woche". Eine Auswahl.

... über den Fußball und den modernen Fußball

"So isch Sport. Des isch Sport. Dafür lebe wir e Stück weit. Wir habe uns halt des Gwinne und Verliere ausgsucht - und nit des Wandern gehe."

"Alle Leute reden ständig von Sechs-Punkte-Spielen. Jetzt nach dem Sieg haben wir drei. Dann haben diejenigen ja gar nicht recht gehabt, die das gesagt haben, sondern ich, weil es gibt gar nicht mehr als drei Punkte."

"Und dann macht's batsch, batsch, batsch, und dann gibt's drei Doppelpässe und dann schieße sie ihn halt rein oder an den Pfosten oder knapp vorbei." (über die Taktik des Gegners)

"Ein Verein ghört nit einem Menschen. Der Verein ghört den Menschen und Mitgliedern, die sich mit ihm identifiziere."

"Fußball, Fußball, Fußball, essen, schlafen, Fußball, Fußball, Fußball - es gibt Schlimmeres." (Über die Dreifachbelastung im Fußball)

"Ich habe keine Mega-Performance gesehen. Ich habe gesehen, dass wir gearbeitet haben - oder geworkt. Die Mega-Performance ist in Las Vegas."

"Meine Spieler werden angeboten wie auf dem Viehmarkt. Ihre Ausstiegsklausel kann man in der Zeitung lesen - das ist furchtbar."

SZ PlusSC Freiburg
:Vergeblich gehofft

Christian Streich hört am Saisonende beim SC Freiburg auf, der Verein steht vor einer Zäsur. Die Spekulation, der erfolgreiche Coach könnte nun zum FC Bayern wechseln, sorgt allerdings eher für Belustigung.

Von Christoph Ruf

"Am beschte: Machsch' de Fernseher aus, schausch' de Tabelle nit an, bringt eh alles nix. Spielsch'! Übsch'!"

"Es gibt Spielerberater, weil es Spieler gibt - und es gibt Immobilienmakler, weil es Häuser gibt."

"Ein Fußballspiel ist kein Event. Wenn es ein Event ist, stimmt was nicht. Ich mag keine Events."

... über den SC Freiburg

"Ich bin Trainer vom SC Freiburg - und sonst gar nichts. Das ist für mich anspruchsvoll genug." (Zur Frage nach dem Bundestrainer-Posten.)

"Wir müssen uns jetzt nicht noch sexyer machen, als wir sind, aber ganz unsexy sind wir nicht. Also ich bin jetzt relativ unsexy, das gebe ich zu. Aber der Verein und die Struktur, die sind auch ein bisschen sexy." (Zum positiven Echo in der Öffentlichkeit auf die Entwicklung seines Teams.)

"Wir fahren nach Turin. Wahnsinn. Ich freue mich, dass ich auch mitfahren darf." (Mit Blick auf das Europa-League-Spiel bei Juventus Turin.)

"Ich träume manchmal davon, dass ich zu spät ins Training komme oder dass der SC spielt und ich sitze nicht auf der Bank - und dann bin ich gottfroh, wenn ich aufwache." (Auf die Frage, ob er von der Champions League träumt.)

"Es war wie ein Märchen ein bisschen. Es war ein großes Erlebnis für mich auch. Wenn das ein Dramaturg geschrieben hätte, hättest du gesagt: ,Den Film kaufst du nicht oder das Buch. Das ist dann übertrieben.' Aber es war so. Und es war sehr, sehr schön." (Über den Abschied von Stürmer Nils Petersen)

"Die Spieler, die schon länger da sind, haben eine hervorragende Entwicklung die letzten Jahre. Und jetzt haben wir am Samstag kollektiv eine aufs Maul gekriegt. Und zwar richtig. Einschließlich mir. Vielleicht war's gut. Für uns alle. Einschließlich mir." (Über eine 0:6-Niederlage beim VfL Wolfsburg)

... über sich selbst

"Bodyguards? Ich brauche keine Bodyguards. Bodyguards haben die Stars."

"Ich empfinde nicht, dass ich ein Kulttrainer bin. Kult ist jemand, der ewig lang schon irgendwas macht. De Who und Jimi Hendrix vielleicht."

"Es gibt interessante Studien mit gegessen und nicht gegessen. Mit Hunger Urteile fällen oder mit vollem Bauch. Deshalb komme ich auf keinen Fall mit Hunger in Pressekonferenzen." (Über das Urteilsvermögen mit knurrendem Magen)

"Also wenn ich mich innerlich nicht freuen würde, dann müsste ich zum Doktor. Dann würde etwas nicht stimmen, dann müsste ich aufhören oder in Behandlung." (Auf die Frage, weshalb er sich nach dem späten Siegtor nur verhalten gefreut habe)

"Ja, ich hab keine Schreibmaschine mehr. Da würde ich zu viele Fehler machen und müsste das Blatt rausreißen und neu einspannen." (Auf die Frage, ob er als Trainer auch mit einem Laptop arbeitet)

"Neulich bin ich gefahren, dann hat es auf meim Handy klingelt und gmacht. Dann stand da: 'Sie sind noch 2,6 Kilometer von zu Hause entfernt'. Da hab ich dacht, gut, dass ich des auch noch gemeldet krieg. Es isch unfassbar."

Überzeugter Fahrradfahrer: Christian Streich. (Foto: Achim Keller/Imago)

"Bei RTL+ komme ich nicht richtig rein. Da muss ich erstmal jemand holen." (Der mit Corona infizierte Streich zu seinen Streaming-Problemen vor dem Europacup-Spiel gegen Nantes.)

"Ich rede seit 48 Jahren mit den Händen." (Zu den Vorwürfen, er würde in der Coaching-Zone zu oft und zu wild gestikulieren.)

"Ich habe gesagt, er soll ein gelbes Hemd anziehen." (Erklärung, warum er bei einem 1:5 seines Teams in Dortmund vom Schiedsrichter auf die Tribüne verwiesen wurde)

... über Philosophie

"Wir müssen nicht gewinnen. Was wir müssen, ist sterben."

"Ich weiß nicht, was morgen ist. Wenn ich das wüsste, das wäre ja furchtbar."

"Man verändert sich immer, weil man hat ja Stoffwechsel. Man ist ja nicht tot." (Nach Weggang eines Spielers.)

"Mit jedem Jahr, in dem du nicht gewinnst, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass du eher gewinnst."

... über Geld

"Geld macht bei uns meine Frau." (Über die Arbeitsteilung in der Familie.)

"Ich weiß nicht, wie es Leuten geht, die nichts haben, wenn sie das lesen, ob da eine Frustration eintritt. Es ist mir wirklich egal, ob 220 oder 440 Millionen Euro gezahlt werden. Wir sind in einem irrealen Bereich angekommen. Der Gott des Geldes wird immer größer, irgendwann verschlingt er alles."

... über Politik

"Es ist fünf Minuten vor zwölf. Wer es jetzt nicht verstanden hat, der versteht es nicht. Der hat nichts verstanden in der Schule im Geschichtsunterricht. Jeder in diesem Land ist dazu aufgerufen, im Familienkreis und auf der Arbeit oder sonst wo, sich ganz klar zu positionieren."

"Ich habe zwar einen deutschen Pass, aber ich fühle mich nicht als Deutscher. Ich bin ein Mensch, der einen Pass hat, in dem deutsch drinsteht."

"Geht wählen! Damit wir gegen diese unsägliche, fremdenfeindliche und gästefeindliche Politik von einigen Parteien Stimmen sammeln können."

"Es kann mir keiner kommen und sich als Protestwähler bezeichnen. Es soll mir keiner rumjammern, wenn er hinterher von einer rechtsnationalen Partei autokratisch regiert wird."

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