Stallinterne Formel-1-Duelle:Angriffe unter Teamkollegen

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Button gegen Hamilton, Vettel gegen Webber: In der Formel 1 kämpfen manche Fahrer um mehr als nur um Punkte im Gesamtklassement. Es gilt auch, besonders in den ersten Rennen, die stallinterne Hackordnung auszufechten. So auch beim zweiten Grand Prix der Saison in Malaysia.

René Hofmann, Sepang

Jenson Button ist in einer beeindruckenden Form. Auf der Reise zum Formel-1-Saisonauftakt in Melbourne legte der Brite in Japan einen Zwischenstopp ein und nahm in Nagoya an einem Zehn-Kilometer-Lauf teil. Er absolvierte ihn mit einer persönlichen Bestzeit: 35 Minuten und 30 Sekunden. In Australien schwang Button sich umgehend aufs Rennrad und spulte vor der ersten Ausfahrt in seinem McLaren 245 Kilometer ab. Er sei so fit wie nie, ließ Jenson Button die Rivalen wissen. Das sei auch mental ein Vorteil: "Es hilft einfach, wenn man weiß, dass man sich im Rennen keine Sorgen machen muss, ob man bis zum Ende durchhält."

Sie möchten Sebastian Vettel (links) als Weltmeister ablösen: Jenson Button (Mitte) von McLaren Mercedes und sein Teamkollege Lewis Hamilton. (Foto: dpa)

Am Ende des ersten Rennens plagte Button dann tatsächlich nur eine Sorge: Die Tankanzeige leuchtete Rot. Trotzdem gewann er den Grand Prix letztlich souverän, weil ihm bereits am Start ein Coup geglückt war. Vom rutschigen zweiten Startplatz aus hatte er seinen Teamkollegen Lewis Hamilton abgehängt, der auf der begehrten Pole Position geparkt hatte und am Ende Dritter wurde. Was Hamilton vom Rennausgang hielt, war deutlich zu hören. Auf keine Frage antwortete er mit mehr als drei Sätzen. Sein Credo: "Das war ein harter Tag."

Button gegen Hamilton, der Weltmeister des Jahres 2008 gegen den Weltmeister des Jahres 2009 - das ist eines der prickelnden teaminternen Duelle, die das Rennjahr parat hält. Vor allem für Hamilton geht es um viel. Seit Januar ist er 27; sein Vertrag mit McLaren neigt sich den Regionen der Laufzeit entgegen, in denen Gespräche anstehen, wie es weitergeht.

Im vergangenen Jahr erlebte Hamilton Ungewöhnliches: Erstmals wurde er in der Endabrechnung von einem Teamkollegen geschlagen. Von Button. Der zeigt sich im Fahrerlager zwar gerne mit seinem munteren Vater, seiner glamourösen Freundin und einigen illustren Freunden, hat sein Leben mit 32 aber so gut geordnet, wie zuvor noch nie. Auch auf der Rennstrecke ist er bieder geworden: Zuverlässig erntet er, was ihm zuwächst.

Bei Hamilton hingegen ging es zuletzt häufig auf und ab, beruflich wie privat. Erst trennte er sich von seinem Vater als Manager. Dann söhnten die beiden sich wieder aus. Mit Nicole Scherzinger, der Sängerin der Popgruppe Pussycat Dolls, der es im fernen Los Angeles besonders gut gefällt, pflegte Hamilton zuletzt eine On-Off-On-Beziehung. Entsprechende Reiseaktivitäten inklusive. Seine Leistungen auf der Rennstrecke folgten einem ähnlichen Muster.

Hamilton jagt eher Punkte, als dass er sie sammelt. Und zuletzt schoss er dabei nicht selten über das Ziel hinaus. Kaum ein anderer Fahrer wurde je mit ähnlich vielen Strafzetteln bedacht. Drei Durchfahrtsstrafen, zwei 20-Sekunden-Strafen, einmal drei Startplätze zurück: 2011 demonstrierte Hamilton, was das Gegenteil von konstant ist. 2012 soll das anders werden, hat er sich vorgenommen. Wenn einem dann aber gleich bei erster Gelegenheit der Teamkollege schon wieder die Show stiehlt, ist das alles andere als ein vielversprechender Start. "Es gibt noch viele Rennen in diesem Jahr", versucht Hamilton, sich selbst Mut zuzusprechen.

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Das zweite von geplanten 20 Rennen steht an diesem Wochenende an. In der Qualifikation am Samstag ab 9 Uhr deutscher Zeit und im Rennen am Sonntag ab 10 Uhr geht es aber auch für andere darum, die gewohnte Hackordnung früh zu stürzen. Das zweite prominente Beispiel, dem sonst eine verfahrene Situation droht, ist Mark Webber. Der Australier stand im vergangenen Jahr bei Red Bull im Schatten von Weltmeister Sebastian Vettel.

Mark Webber wird 36 Jahre alt - und fährt seine wohl letzte Saison für Red Bull.  (Foto: Getty Images)

Wiederholt sich das, heißt es für den dann 36-Jährigen Ende der Saison bei dem Top-Team ziemlich sicher: Bitte aussteigen! Und der Auftakt verlief auch bei ihm nicht wie gewünscht. Während Vettel sich von Startplatz sechs aus bis Rennende auf Position zwei vorarbeitete, machte Webber lediglich einen Rang gut, von fünf auf vier. Kein Ergebnis, mit dem sich protzen lässt. Genau das aber tat der Routinier.

In einer Kolumne für die australische Zeitung Herald Sun schrieb er, es sei ja nicht so gewesen, dass er sich im Rennen rückwärts bewegt hätte. An seinem schlechten Start sei nicht er schuld gewesen, sondern ein Kupplungsproblem. Überhaupt fühle sich das neue Auto nicht mehr so dumpf an, wie das letztjährige häufig. Gemessen an den zurückhaltenden Äußerungen, die er sonst pflegte, waren schon das recht kecke Sprüche.

Mitte der Woche aber legte Webber noch nach. In einer Kolumne für die BBC behauptete er, seinem Teamkollegen seien in der Qualifikationsrunde "einige Fehler" unterlaufen. Bei ihm dagegen habe bloß das Energierückgewinnungssystem nicht funktioniert, das etliche Zusatz-PS bringt. Und gegen Rennende habe Vettel es nur dank einer Safety-Car-Phase noch auf Platz zwei geschafft. Dass einer den Teamkollegen nicht demonstrativ lobt, kommt selten vor in der Serie. Auch Webber hat im Winter viel trainiert. Er wirkt schlanker und fitter. Und auf Angriff gepolt.

© SZ vom 24.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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