SpVgg Unterhaching:Talente hinter Glas

Lesezeit: 3 min

Manfred Schwabl und seine Unterhachinger schlagen sich als Aufsteiger bisher ordentlich in der 3. Liga - aber geht da noch mehr? (Foto: Leonhard Simon/Getty Images for DFB)

Die dritte Liga soll ein Schaufenster für junge Fußballer sein, und kaum ein Verein setzt das derzeit so konsequent um wie die SpVgg Unterhaching. Ihr Trainer sagt offen: "Grundsätzlich wollen wir Jungs verkaufen, deswegen schmeißen wir sie rein."

Von Christoph Leischwitz

René Vollath, 33, ist am 8. Oktober Vater geworden, deshalb musste er beim vergangenen Drittliga-Auswärtsspiel von einem Torwart vertreten werden, der vom Alter her auch beinahe schon sein Sohn sein könnte: Konstantin Heide ist fast 16 Jahre jünger. Am Samstag nun, beim 0:0 gegen den SV Sandhausen, machten schon wieder mehrere junge Spieler der SpVgg Unterhaching auf sich aufmerksam.

Aaron Keller, 19, lieferte eine überragende erste Halbzeit, Timon Obermeier, 20, ersetzte Kapitän Josef Welzmüller nach dessen Verletzung in Minute 56, Boipelo Mashigo, 20, kehrte nach einer Verletzung für elf Minuten zurück, und Trainer Marc Unterberger meinte danach: "Wenn man ihn spielen sieht, kann man sich vorstellen, was passiert, wenn der Kerl richtig fit ist." Angreifer Maurice Krattenmacher, 18, war mit der U19-Nationalmannschaft verreist (er bekam beim 3:1 gegen Nordmazedonien einen Kurzeinsatz), Benedikt Bauer, 20, ist momentan verletzt. Er wäre sonst aller Voraussicht nach Stammspieler.

Überragend gegen Sandhausen: der 19-jährige Aaron Keller (in rot), hier gegen Max Geschwill. (Foto: Jenni Maul/Eibner/Imago)

In der vergangenen Saison, als die SpVgg Unterhaching noch in der Regionalliga Bayern spielte, da waren die Vorstädter rund um Präsident Manfred Schwabl oft belächelt worden: Der Verein beschwor sein Ausbildungskonzept, doch davon sah man bei den Partien der ersten Mannschaft wenig. Vor allem die Alten sicherten den Aufstieg, doch jetzt sagt zum Beispiel der Familienvater Vollath: "Die alte Truppe weiß genau, worum es hier im Verein geht, das ist die Nachwuchsförderung." Und die Jungen hier, die hätten wahnsinnig viel Potenzial.

Schwabl besteht immer darauf, dass er vor dem zehnten Spieltag grundsätzlich nichts zu einer Saison sagt. Doch die Partie gegen Sandhausen war Ligaspiel Nummer elf - also? Zwischenfazit? "Sehr, sehr zufrieden, von der Punkteausbeute her", sagte der 57-Jährige. Ein Platz im gesicherten Mittelfeld bedeute auch, dass das Konzept aufgeht. Auch wenn es im Angriff oft noch hapert, Haching hat erst neun Gegentore gefangen. "Die wichtigste Botschaft: Wir sind in jedem Spiel dabei. Wir brauchen uns nicht verstecken."

Weil sie so viele junge Spieler einsetzen, werden die Hachinger wohl einen mittleren sechsstelligen Betrag vom Verband erhalten

Nein, er wolle jetzt keine jungen Spieler ins Schaufenster stellen, sagte Schwabl lächelnd. Aber er wischte die Schreibe doch streifenfrei sauber, als er sagte: "Bei mir hat noch keiner angerufen, aber ich denke, Fußballdeutschland hat meine Nummer." Im Einzelfall werde man nach Kontaktaufnahme Kommentare abgeben über den passenden Zeitpunkt für einen möglichen Wechsel in Liga zwei oder eins.

Marc Unterberger, Hachings junger Trainer, erzählte, dass er immer gerne darauf achte, wie viele Scouts anderer Vereine zu den Hachinger Heimspielen kämen, 20, 25, manchmal 30 - wie viele es gegen Sandhausen waren, wisse er noch nicht genau. Und Unterberger wischte nicht nur die Scheibe: "Fakt ist doch, wir geben den Jungs eine Bühne. Wenn sie das Interesse von Erst- und Zweitligisten wecken - das ist genau der Weg, den wir gehen wollen", sagte er. Es wäre "absolut herrlich, wenn ein paar anrufen. Grundsätzlich wollen wir Jungs verkaufen, deswegen schmeißen wir sie rein." Und falls dann der Kader etwas ausdünne und der Ligaverbleib möglicherweise dadurch in Gefahr gerate (zumal es sich bei einigen ja schon um Leistungsträger handelt), dann schiebe man einfach das nächste Talent nach. Offensichtlich sind sie in Unterhaching davon überzeugt, genug davon zu haben. "Die Jungs machen es hervorragend. Ich hoffe, dass ein paar Angebote reinflattern", sagte Unterberger.

SZ PlusSZ-Serie HeimatVereine
:"Tuchel? Dazu wollen wir nichts sagen"

Der TSV Krumbach ist Thomas Tuchels Heimatverein, doch davon will hier niemand etwas wissen. Egal, wen man fragt: Keiner möchte mehr über den Trainer sprechen. Woran liegt das? Eine Spurensuche.

Von Vinzent Tschirpke

Sein Klub sei unangefochtener Spitzenreiter bei den Einsatzminuten deutscher Talente unter 23, auch das erwähnt der Trainer. Für diese Minuten bekommt man nämlich anteilig jedes Jahr Geld vom Deutschen Fußball-Bund, Haching darf für 2024 einen mittleren sechsstelligen Betrag erwarten. Die dritte Liga, das betont Schwabl immer wieder, sei ja ursprünglich dazu gedacht gewesen, ein Schaufenster für Talente zu sein. Eigentlich folgt jetzt nur er diesem Plan konsequent - und hat zugleich darin eine Marktlücke entdeckt. Der Kampf um den Ligaverbleib sei noch lange nicht vorbei, aber etwas süffisant bemerkte der Präsident dann schon noch, dass Haching vor der Saison als "Abstiegskandidat Nummer eins" galt, weil "wir nicht wie alle anderen 16 neue Spieler geholt haben, sondern nur einen".

Offen ist immer noch, wie es mit dem Trainertalent Unterberger weitergeht, dem die erforderliche Lizenz fehlt. Dem Vernehmen nach rechnen sie im Klub gar nicht unbedingt damit, dass der 34-Jährige einen Platz im nächsten Pro-Lizenz-Lehrgang erhält. Aktuell fällt eine Strafe von 3500 Euro pro Spiel an. Doch Schwabl ist der Überzeugung, dass Vereine auch davon profitieren sollten, wenn sie Trainer ausbilden, nicht nur Spieler. Vorerst könnte das ein teures Unterfangen werden. Umso wichtiger, dass im Schaufenster tolle Angebote ausliegen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Serie HeimatVereine
:Nagelsmann, 36, spielberechtigt

Vor einigen Jahren ist der FC Issing in die Kreisklasse aufgestiegen, mit Unterstützung von Julian Nagelsmann. Der neue Bundestrainer ist bei seinem Heimatverein ein gern gesehener Gast - weil er hier zweimal angefangen, aber nur einmal aufgehört hat.

Von Vinzent Tschirpke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: