SpVgg Greuther Fürth:Ohne Thermik

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Derbyheld, diesmal deprimiert: Armindo Sieb nach dem 0:4. (Foto: Wolfgang Zink/Imago)

Der Derbysieg gegen Nürnberg sollte den Fürthern Auftrieb geben - stattdessen wirken sie merkwürdig gehemmt und werden durch ein 0:4 in Karlsruhe unsanft auf den Boden geholt.

Von Christoph Ruf

Ein Derbysieg wird ja gemeinhin als Lebenselixier für jeden Profiverein beschrieben. So gibt es Nürnberg-Fans, die derzeit allen Ernstes behaupten, sie würden am Ende der Saison auch den nächsten wackligen Mittelfeldplatz verkraften, wenn ihr Club nur endlich mal gegen Fürth gewonnen hätte. Und natürlich behauptet jeder Spieler nach einem gewonnenen Derby wie dem 2:1 der Fürther gegen ebenjenen Club, dass einem ein solches Erlebnis für den Rest der Saison jede Menge Thermik unter die Flügel puste.

Wer indes sah, wie diskret der Mann nach dem 0:4 in Karlsruhe an den Journalisten vorbeischlich, der zuvor beide Treffer zum Derbysieg gegen Nürnberg geschossen hatte, konnte so seine Zweifel an der Sache mit der Thermik bekommen. Armindo Sieb hatte kein bisschen schlechter und kein bisschen besser gespielt als seine Kollegen. Also: ohne Thermik und mit sehr viel Bodenhaftung, wo Sprints, Tempo- und Spielverlagerungen angezeigt gewesen wären.

Die kollektive Trägheit war dann auch das eigentliche Problem, wie Siebs Trainer fand, der ziemlich streng mit seinen Profis ins Gericht ging: "Von den 16 eingesetzten Spielern kann sich heute kein einziger auf die Fahne schreiben, dass er eine ordentliche, geschweige denn eine überzeugende Leistung gezeigt hat", urteilte Alexander Zorniger, der Siebs völlig überdrehten Sturmkollegen Tim Lemperle gerade noch rechtzeitig auswechselte, ehe der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Platz geflogen wäre.

Tatsächlich spielte Fürth merkwürdig gehemmt gegen eine Karlsruher Mannschaft, der wiederum der 4:0-Derbysieg in Kaiserslautern zumindest nicht geschadet hat. Spätestens nachdem Gideon Jung in der Frühphase der ersten Hälfte mit einem schlimmen Fehlpass einen von vielen Karlsruher Angriffen eingeleitet hatte, brachte das Kleeblatt nicht mehr viel zustande. Das Fehlen von Julian Green, so Zorniger, sei dabei ein weiterer Faktor gewesen, warum Karlsruher fast durchgehend das Mittelfeld dominierte. "Wir sind total ins Schwimmen gekommen, haben nur noch lange Bälle geschlagen", sagte der Trainer, der sich über einen "absolut verdienten KSC-Sieg" ärgerte, der in dieser Deutlichkeit nicht zu erwarten war nach den Leistungen in diesem Jahr.

"Es macht dann doch noch einen Unterschied, ob ich mich gegen jedes einzelne Tor wehre", findet Zorniger

Tatsächlich ist die Fürther Mannschaft unter Zorniger ja nicht dafür bekannt, dass man gegen sie leicht zu Toren kommt. Doch in der Form vom Samstagabend hatte es eine spielerisch zwar überdurchschnittlich veranlagte, aber eher tempoarme Mannschaft wie der KSC leicht, zu Chancen zu kommen. Ein 6:0 oder 7:0 wäre bei etwas mehr Cleverness im Bereich des Möglichen gewesen. Nicht, dass ein solches Ergebnis das Spielgeschehen gerecht abgebildet hätte. Kapitän Branimir Hrgota fand ja schon das reale Resultat "gerecht, aber zu hoch". Aber Fürth hatte halt insgesamt allenfalls zwei erwähnenswerte Abschlüsse, bei denen sich Heimkeeper Patrick Drewes nicht sonderlich mühen musste.

Der KSC hingegen hatte fast ein Dutzend Chancen und verschoss einen Elfmeter (Marvin Wanitzek, 54.). Verwertet wurden vier, je zweimal trafen Igor Matanovic (42., 78.) und Fabian Schleusener (86., 90.). Vor allem auf die späten Schleusener-Tore, die die 26 000 Zuschauer vollends in Feierlaune versetzten, hätte Zorniger dabei liebend gerne verzichtet. Wenn man zu einem Zeitpunkt, an dem man das Spiel eh abgeschrieben habe, "alibimäßig am gegnerischen Sechzehner herumsteht", sei das von begrenztem Nutzen fürs Große und Ganze. Und da sei eine 0:3-Niederlage schon etwas anderes als eine mit vier Toren Unterschied: "Es macht dann doch noch einen Unterschied, ob ich mich gegen jedes einzelne Tor wehre."

Einen Unterschied macht es offenbar auch, wie viel Berufserfahrung man als Trainer hat. Als KSC-Coach Christian Eichner zweifelte, ob es ihm gelingen werde, nach den zwei hohen Siegen "mal ein, zwei Tage einfach nur zu genießen", gab ihm der 15 Jahre ältere Zorniger den Rat, genau das zu tun. "Ich kann dir als erfahrener Cheftrainer nur sagen: Zwing dich dazu, dass du es genießt."

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