Er schlug auch einen Ort vor, wo die Deutschen vor der Wahl Lobbyarbeit betreiben könnten ("Presence in Doha, Qatar for 12 nights, total budget 25 000 Dollar"). Ach ja, ließ Diack wissen, und sein Honorar belaufe sich auf 600 000 Dollar. Stuttgart verzichtete, verlor die Abstimmung (gegen Athen) - und richtete stattdessen das weniger prestigeträchtige Saisonfinale aus.
Die Stadt Stuttgart bestätigte nun, dass man 2004 mit Diack gesprochen habe. Man habe Diacks "Vertrag" zurückwiesen, das Saisonfinale habe man ohne dessen Dienste erhalten. Die IAAF sagte, sie habe von all dem nichts mitbekommen. Digel, 72, teilte auf SZ-Anfrage schriftlich mit, der Bericht gäbe die Vorgänge "in angemessener Weise" wieder. Er habe bei Papa Diack damals "in aller Entschiedenheit" schriftlich protestiert, er habe den Vorgang auch dem damaligen Generalsekretär Pierre Weiss sowie Diack senior gemeldet. Eine Ethikkommission gab es damals nicht, deshalb habe er den Vorgang erst jetzt an die IAAF-Ethiker weitergeleitet.
Digel hatte bislang immer bestritten, etwas über die Korruptionsvorwürfe zu wissen
Auch wenn es sich bei dem Vorgang bestenfalls um versuchte Korruption handelt, bringt der Bericht viele von Digels bisherigen Aussagen zum Einsturz. Eine Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur hatte den IAAF-Vorständen just attestiert, sie hätten unmöglich nichts mitkriegen können von den Gaunereien ihrer Vorgesetzten. Digel, der oft als Querdenker und kritischer Beobachter der Szene auftrat, räumte stets eine Mitverantwortung ein. Aber dass er konkret etwas wusste? Nein, das seien "haltlose Anschuldigungen".
Auf Nachfrage, wie diese Verteidigungslinie zu den jüngst aufgeflogenen Korruptionsversuchen passe, äußerte sich Digel nicht. Fragen wirft auch ein Vorfall im IAAF-Hotel bei der WM 2009 auf; die ehemalige Hochspringerin Ulrike Nasse-Meyfarth hatte ihn zuletzt der SportBild geschildert. Nasse-Meyfahrt sah damals "einige afrikanische Ehepaare, die "mit großen Tüten von Shopping-Touren zurückkamen". Digel habe ihr erklärt, "dass sie zur Entourage von Diack gehörten und im Hotel wohnten". "Auf Kosten der IAAF?", fragte ihr Mann. "Sicherlich", antwortete Digel. Auf die Bemerkung: ,Machen Sie da nichts?', zuckte Digel mit den Schultern.
Er teilte dazu jüngst lapidar mit: "IAAF-Präsident Diack hat bei allen Weltmeisterschaften ein Einladungsrecht für sich in Anspruch genommen, wie es auch bei anderen internationalen Sportverbänden üblich ist."