Spanien:Andrés Iniesta, der Schönspieler

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Erfolgreicher Schönspieler: Andrés Iniesta (Foto: Getty Images)

Ist Spanien der Topfavorit bei dieser EM? Zumindest Andrés Iniesta ist in bestechender Form. Das bedeutet nichts Gutes für die Konkurrenz.

Von Javier Cáceres

Es gibt einen Ort in der Mancha, an dessen Namen sich, wenn man so will, kein Spanier mehr erinnern mag. So ähnlich beginnt nämlich die Geschichte des Don Quijote; und der famose Einstiegssatz - "an einem Ort in der Mancha, an den ich mich nicht mehr erinnern mag" - ist in Spanien das, was man ein geflügeltes Wort nennt.

Es gibt, andererseits, einen Ort in der zentralspanischen Mancha, dessen Namen spätestens seit 2010 so ziemlich jeder Spanier kennt, obwohl er nur 2000 Einwohner hat: Fuentealbilla. Dort wurde Andrés Iniesta geboren, der Mittelfeldspieler des FC Barcelona und der spanischen Nationalelf. 2010 schoss Iniesta in Johannesburg, in der Verlängerung des WM-Finales von Südafrika, das Siegtor gegen die Niederlande, durch das Spanien erstmals Weltmeister wurde. Iniesta personifiziert seit jenem Tag die Dominanz des spanischen Fußballs, die mindestens so atemberaubend ist wie die Erfindung der Literaturgattung "Roman" durch Cervantes.

Gleich 33 internationale Titel hat Spanien, wenn man Klub- und Nationalmannschaftswettbewerbe addiert, seit 2000 gewonnen; das entspricht ziemlich genau 40 Prozent aller seither ausgetragenen Turniere. Iniesta, 32, war an insgesamt 13 Titelgewinnen beteiligt. Er war nicht nur der Finalheld von Johannesburg, sondern auch Teil der spanischen Teams, das 2008 das EM-Finale von Wien (1:0 gegen Deutschland) und 2012 das Endspiel von Kiew gewann (4:0 gegen Italien). Neben Iker Casillas (FC Porto), David Silva (Manchester City), Cesc Fábregas (FC Chelsea) und Sergio Ramos (Real Madrid) ist Iniesta einer von fünf aktuellen spanischen EM-Fahrern, die schon 2008 dabei waren.

Dass Iniesta seit Jugendtagen bei Barcelona spielt und dort, aber auch landesweit geliebt wird, ist aufsehenerregender, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Die Mancha ist ein zentralspanisches Gebiet, das aufgrund der geografischen Nähe zur spanischen Hauptstadt eher zum Einflussgebiet Real Madrids gehört. Es sagt nicht wenig über das Verhältnis der oft naserümpfenden Zentralspanier zu den Katalanen aus, wenn immer wieder betont wird, dass Iniesta mit einer Katalanin verheiratet ist und Katalanisch spricht.

Keiner schwebt so über den Rasen wie Iniesta

Seit Xavi Hernández nach Katar ging, ist Iniesta so etwas wie der letzte Überlebende einer Generation, die das Mittelfeld ins Zentrum des Spiels stellte und mit kurzen Pässen auskommt. Der Gralshüter eines nicht verhandelbaren Stils, den er mit unerhörter Eleganz verkörpert. Keiner schwebt über den Rasen wie Iniesta. Er ist eine blasse Erscheinung, die ohne Tattoos und gefärbte Haare durch eine gnadenlos erfolgreiche Karriere gekommen ist.

Bisher hat Iniesta 22 WM- und EM-Endrundenspiele hinter sich. Sollten in Frankreich sieben weitere dazukommen, und er im letzten, im Finale, siegreich sein, wäre er Teil einer spanischen Mannschaft, die etwas Beispielloses erreicht hätte: Nie hat ein Land einen Nationenwettbewerb drei Mal in Serie gewonnen. Am Dienstag erfuhren die Ambitionen zwar einen Dämpfer, Spanien verlor ein Testspiel gegen Georgien (0:1). Aber Iniesta war nach seiner Einwechslung ein Lichtblick. Er ist in bestechender Form.

© SZ vom 09.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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