Skifahrer Felix Neureuther:"Es macht riesigen Spaß zurzeit"

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Felix Neureuther: Ruhe und Gelassenheit. (Foto: dpa)

Vor zwei Jahren in Garmisch ist Felix Neureuther an den Erwartungen zerbrochen. Am Montag beginnt in Schladming die nächste Ski-WM, und diesmal scheint ihm der Druck nichts auszumachen - aufgrund der Gelassenheit gilt er gar als einer der Favoriten.

Von Michael Neudecker

Sein Berg, sein Rennen, so hat Felix Neureuther das immer gesagt. Und dann stand er da oben, blickte hinunter, wo sie alle auf ihn warteten, ihm eine Medaille wünschten, nein: Sie wollten eine Medaille von ihm, und sein Herz raste, pumpte, und dann: ach ja. Ein fehlerhafter, furchtbarer erster Lauf, ein verzweifelter zweiter Lauf, in dem er ausschied, man hätte Felix Neureuther gerne umarmt, damals, bei der alpinen Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen vor zwei Jahren, seiner Heim-WM.

Er blickte traurig, desillusioniert, wie einer, der sich und der Welt gerade brutal bewiesen hat, dass das nicht zusammenpasst, Felix Neureuther und Großereignisse. Aber Großereignisse sind der Grund, weshalb Leistungssportler Leistungssportler sind, Großereignisse kommen dauernd, das nächste steht schon unmittelbar bevor: Die Ski-WM in Schladming wird am Montag eröffnet. Und nun?

Felix Neureuther sitzt in Kitzbühel an einem Tisch, er redet noch mal mit den Reportern, ein letztes Mal vor der WM, weil er, wie der Pressesprecher des Deutschen Skiverbandes (DSV) sagt, in den Tagen vor der WM "komplett runterfährt". Ein paar Tage Ruhe, nur Familie und Freundin, das ist seine Art, sich auf das vorzubereiten, was kommt.

Eine WM, bei der Zehntausende euphorisierte Österreicher durch die Straßen ziehen, zwei Wochen Après-Ski, und am Ende der Slalom: sein Rennen. Neureuther ist in Schladming die größte Hoffnung des DSV auf eine Medaille. Erwartungsdruck, Herzrasen? Neureuther wirkt entspannt, er sagt: "Der Felix hat viel gelernt." Garmisch 2011, das war früher, und früher ist schon lange her, so sieht er das.

Felix Neureuther spricht gern von sich in der dritten Person, es kann helfen, die Dinge mit Abstand zu betrachten. Schladming ist seine sechste WM, einer Einzel-Medaille kam er nur einmal nahe, 2009 in Val d'Isère wurde er Vierter. Im März wird er 29, und natürlich klingt es beinahe altersweise, wenn er sagt, er habe "schon so vieles erlebt, viel Positives, aber auch Negatives", aber: Es stimmt ja.

Felix Neureuther war nie einfach nur ein deutscher Skirennfahrer, sondern das Kind der großen Rosi Mittermaier und von Christian Neureuther, die Eltern prominent, allein die Namen ein Versprechen: Der Junge muss einfach auch ein Großer des alpinen Rennsports werden. Er hat schon oft darüber gesprochen, wie schwierig das für ihn immer war, er kann so etwas, Felix Neureuther ist einer, der viel nachdenkt, aber keiner, der sich in seinen Gedanken verliert; einer, der gerne redet, aber keiner, der plappert.

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Die Eltern? Jetzt, kurz vor Schladming, ist das kein Thema. Die Frage, wie er diesmal mit der Erwartungshaltung umgeht, hängt nur noch mit dieser Frage zusammen: Warum ist er so gut wie noch nie?

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Dass er viel gelernt hat, das ist nur eine Antwort. Die andere, die entscheidende ist: In Garmisch 2011, sagt Felix Neureuther, "das war der alte Felix". Der neue Felix ist keine Erfindung eines Mentaltrainers, sondern es ist wirklich so. Felix Neureuther 2012/13 und Felix Neureuther 2010/11, das sind zwei völlig verschiedene Skifahrer. Vor allem liegt das daran, dass beide zwei völlig verschiedene Skier benutzen.

Vor der vergangenen Saison wechselte Neureuther seinen Ausrüster, ein längst überfälliger Schritt, sagten sie in seinem Umfeld. Jede Skimarke hat gewisse Eigenheiten, nicht jeder Athlet kann mit jedem Ski gleich gut fahren. Neureuther fuhr lange Atomic, wie viele Österreicher, dann stieg er um auf Nordica, eine vergleichsweise kleine Marke, die im Slalom stark vertreten ist. Der neue Ski passte von Anfang an zu Neureuther, er änderte seine Fahrweise, er konnte das: Er musste jetzt nicht mehr viel über das Material nachdenken. Das, sagt er, sei "der größte Faktor" in seinem Entwicklungsprozess gewesen.

Die neuen Ski gaben ihm Sicherheit und Stabilität - zwei wichtige Kriterien bei einem Slalomfahrer, der möglichst jeden Schwung perfekt fahren muss, um eine Chance zu haben im Kampf um Siege. In keiner Disziplin ist die Leistungsdichte so groß wie im Slalom, ist die Konkurrenz auf so hohem Niveau. Das muss man wissen, um die Zahlen zu seiner zweiten Saison mit neuen Skiern einordnen zu können: 7., 2., 2., 5., 5., 1., 2., den Sieg beim City Event in München nicht miteingerechnet.

Er ist der Einzige, der mit dem furiosen Österreicher Marcel Hirscher mithalten kann, auch, wenn es nach Hirschers Sieg in Moskau am vergangenen Dienstag so gut wie sicher ist, dass Hirscher am Saisonende die Disziplinwertung gewinnen wird. Im Gesamtweltcup führt Hirscher ebenfalls, sein Konkurrent dort ist der Norweger Aksel Lund Svindal - Neureuther aber liegt da auf einem gefestigten vierten Platz, und das ist aus seiner Sicht geradezu unglaublich.

Der alte Felix konnte nur Slalom und fuhr Riesenslalom, um sich abzulenken, manchmal qualifizierte er sich für den zweiten Durchgang. Der neue Felix kann Slalom und fährt Riesenslalom, weil er gut darin ist, manchmal fährt er aufs Podest. In Adelboden wurde Neureuther Dritter, in Val d'Isère knapp Vierter, und auch im Riesenslalom hängt die neue Stärke mit dem Material zusammen. Der Skiweltverband führte vor Saisonbeginn neue Skier ein, im Riesenslalom war die Veränderung besonders groß, und Felix Neureuther zählt zu denen, die mit den neuen Skiern besonders gut zurechtkommen.

Warum? "Es passt einfach", sagt er.

Was das für die WM bedeutet? Ach, sagt Neureuther, das werde man schon sehen, wichtig sei nur: "Es macht riesigen Spaß zurzeit." Er wisse, dass er das früher auch oft gesagt habe, "aber da habe ich das nicht so gemeint". Nein? "Ich wollte mir das halt einreden, indem ich das öffentlich sage."

So war er, der alte Felix.

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In einer früheren Version stand, dass Felix Neureuther im März 27 Jahre alt wird. Das war falsch, er wird bereits 29.

© SZ vom 02.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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