Ski alpin:Locker durch den schweren Schnee

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Da macht sogar Skifahren auf "komischem" Schnee Spaß: Lara Gut-Behrami nach ihrem Sieg im Super-G von Garmisch. (Foto: Christof Stache/AFP)

Lara Gut-Behrami in Bestform, Kira Weidle schwer verärgert: Die alpinen Schnellfahrerinnen stimmen sich in Garmisch-Partenkirchen höchst unterschiedlich auf die nahende WM ein - bei ungewöhnlichen Bedingungen.

Von Johannes Knuth, Garmisch-Partenkirchen

Ein paar externe Gäste hatten sich am Samstag dann doch noch Zutritt zum alpinen Weltcup in Garmisch-Partenkirchen verschafft, allerdings mussten sie dafür weder Guerilla-Taktiken anwenden, noch verletzten sie das strenge Corona-Protokoll. Sie harrten mehrere Hundert Meter hinter dem Ziel der Kandahar-Piste aus, noch hinter den Bahngleisen, auf denen die Zugspitzbahn fleißig ihren Dienst verrichtete; wenn auch weitgehend ohne Fahrgäste. Das Banner, das die Gäste mit sich führten, wies sie als Anhänger von Kira Weidle aus, der besten deutschen Skirennläuferin, und auch wenn sie weder ihrer Lieblingsathletin, noch deren Kolleginnen nahekamen: Der Stadionsprecher schilderte das Geschehen derart furios, als würden 50 000 Zuschauer im Zielraum toben; die Schilderungen waren vermutlich noch bis in die Nachbargemeinden zu vernehmen.

Weidle war davon durchaus angetan: Immerhin ein wenig Vertrautes in diesem sehr ungewöhnlichen Winter. Auch an der Kandahar waren am Samstag nur Betreuer, Funktionäre und Reporter im Zielgelände zugelassen, die Tribünen fehlten, klar, eine mittlerweile bekannte Schülerrennen-Atmosphäre lag über dem Zielraum. "Die Fans fehlen schon extrem", sagte Weidle, "normalerweise sind hier allein 100, 150 Leute, die ich persönlich kenne" - für die deutschen Speed-Fahrerinnen ist der Stopp im Werdenfelser Land diese Saison der einzige in der Heimat. Aber die Situation sei jetzt nun mal so, wie sie sei, fügte Weidle an, "am Ende geht es darum, wie ich hier runterfahre".

Der Ertrag war diesmal ein 23. Rang im Super-G, Weidles 19 Jahre alte Teamkollegin Anna Schillinger kam bei ihrem Debüt im Weltcup auf Rang 42. Die kurvigere der beiden Speed-Übungen liegt Weidle ja nicht ganz so sehr wie die Abfahrt, die eigentlich für den Samstag anberaumt gewesen war, wetterbedingt aber auf den nächsten Weltcup Ende Februar verschoben werden musste. Weidle kleidete ihre Selbstkritik dennoch in nüchterne, schonungslose Worte. In der oberen, abfahrtsähnlichen Passage habe sie noch mitgehalten, dann aber "zu viele Fehler" eingestreut: "Das ist vom Skifahren her gerade einfach zu statisch, ich kann meine Technik gar nicht ausspielen", klagte sie. "Irgendwie bin ich da im Kopf gehemmt, das zu zeigen, was ich könnte."

Anfeuern mit Abstand: Fans von Kira Weidle jubeln der deutschen Skirennläuferin bei ihrem Heim-Weltcup zu - selbstverständlich Corona-konform. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Lösungsansätze? Da habe man zuletzt schon ein, zwei in den Fokus genommen, sagte Weidle. Sie habe sich auch mit Viktoria Rebensburg beratschlagt, ihrer langjährigen Teamgefährtin, die vor der Saison die Karriere beendet hatte. Details wollte Weidle nicht enthüllen. "Vielleicht braucht es einfach noch ein, zwei Wochen", sagte sie - bis zur Weltmeisterschaft in Cortina d'Ampezzo also, die am 8. Februar anbrechen soll. Am Tag darauf steht der Super-G der Frauen an, am 13. Februar die Abfahrt. Die Form für die schnellste alpine Disziplin stimme immerhin, bestätigte Weidle, da sei sie auch ohne die Generalprobe in Garmisch guter Dinge. In der Abfahrt zählt sie bei der WM sogar zum Kreis der Mitfavoriten.

An einem lag es am Samstag jedenfalls nicht, sagte die 24-Jährige: am Wetter oder der Piste. Die Veranstalter hatten endlich eine kleine Sonnenfront erwischt, nachdem Dauerregen das Geläuf in den vergangenen Tagen schwer traktiert hatte. "Das hätte, glaube ich, keiner gedacht, dass die Piste heute so gut ausschaut", sagte Weidle. Die Kanadierin Marie-Michele Gagnon, eigentlich eine Expertin für den Slalom und Riesenslalom, rauschte wie zum Beweis mit Startnummer 29 auf Rang drei, sie drängelte die zuletzt bärenstarke Italienerin Sofia Goggia noch vom Podium.

Lara Gut-Behrami ist zurück an der Spitze

Eine war diesmal aber nicht zu bezwingen: Lara Gut-Behrami. Die Schweizerin legte allein 0,68 Sekunden zwischen sich und die zweitplatzierte Norwegerin Kajsa Vickhoff Lie, die schon eine äußerst wehrhafte Fahrt aufgeführt hatte. "Es war ein hartes Rennen für alle", sagte Gut-Behrami, "wir fahren grad unter wirklich schweren Bedingungen"; schon in Crans-Montana sei der Schnee "komisch" gewesen. Anders als am Schweizer Standort, wo Gut-Behrami die Verfassung der Piste als "widerlich" klassifiziert hatte - ein Verdikt, das die Organisatoren in große Wut versetzte - attestierte sie der Garmischer Crew nun "einen wirklich großartigen Job". Sie habe auf dem schweren, nassen Schnee dann "einfach versucht, den Ski laufen zu lassen und die kürzeste Linie zu nehmen". Das habe am Ende den Unterschied bedeutet, sagte die 29-Jährige: "Sich von oben bis unten an die Bedingungen anzupassen."

Gute Nachrichten also für Gut-Behrami (und schlechte für die Konkurrenz): Die Schweizerin ist wieder zurück an der Spitze ihres Sports, nach ihrem Gesamtweltcupsieg 2016, einer Kreuzbandverletzung und ein paar zähen Wintern. Ihr Erfolg am Samstag war schon ihr dritter Tagessieg in dieser Saison - der dritte im Super-G - hinzu kamen zuletzt zweite Plätze in der Abfahrt und im Riesenslalom. Der Super-G liege ihr einfach, sagte Gut-Behrami nun, "man braucht viel Vertrauen und Instinkt, weil es keinen Trainingslauf davor gibt". Außerdem würden die Abstände der Tore ihrer Fahrweise am besten entgegenkommen, dem etwas längeren, kraftvollen Ritt auf der Kante. "Meistens, wenn ich die Lockerheit gesucht habe, habe ich mir das über den Super-G verschafft", sagte sie. Und wenn ihr Vertrauen so sehr aufgefüllt sei wie am Samstag, "dann läuft der Ski, auch wenn man einen ganz anderen Plan für das Rennen hatte".

Am Sonntag steht in Garmisch-Partenkirchen übrigens noch ein Super-G an.

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