Profi ist, wer trotzdem lacht. Und so sah man bei der Meisterfeier im Stadion des FC Juventus in Turin einen strahlenden Cristiano Ronaldo, der seine verehrte Mama Maria Dolores die Trophäe hochheben ließ. Beide, Mutter und Sohn, wirkten überglücklich. Ganz so, als sei Meister in Italien zu werden schon immer sein Traum gewesen - nachdem Ronaldo, Markenkürzel "CR7", zuvor fünfmal die Champions League gewonnen hatte sowie fünf Meisterschaften in England und Spanien. Fünfmal wurde Cristiano Ronaldo auch Weltfußballer des Jahres, im nicht allzu fernen 2016 gelang es ihm, die Champions League, die EM, die Klub-WM und den Ballon d'Or für den weltbesten Profi zu gewinnen - eine bis dahin unerreichte Leistung.
Jetzt also: italienischer Meister! Was nicht schlecht ist, aber himmelweit unter den Ambitionen von Senhor dos Santos Aveiro bleibt, dessen große Schwester sich im Herbst stellvertretend fürchterlich aufregte, weil ein gewisser Luca Modric zum Weltfußballer 2018 gekürt wurde - und nicht ihr Bruder. Sogar der liebe Gott wurde von ihr ins Spiel gebracht, also der Einzige, der Cristiano Ronaldo ernsthaft Konkurrenz machen dürfte beim Wettstreit um den besten Spieler des Planeten, abgesehen von dem kleinen Plagegeist aus Argentinien, der auch manchmal gewinnt.
Ronaldo wohl erstmals nicht unter den Weltfußballern
Sehr wahrscheinlich kann aber Gott gar nicht so gut Fußball spielen, es ist halt nicht nur eine Frage des Talents, sondern auch des Trainings. "Gott schläft nicht", predigt Ronaldos Schwester gern der Internet-Welt, wenn ihr Bruder von Schiedsrichtern, Gegenspielern oder anderen Teufelsknechten wieder mal ungerecht behandelt wird. Daran kann es also nicht liegen, wenn CR7 in diesem Jahr bei den Weltfußballern erstmals seit Menschengedenken nicht unter die ersten Drei kommen dürfte. Wie das halt so ist bei Spielern, die außer der italienischen Meisterschaft nichts gewonnen haben.
Gut möglich, dass seine erste Saison bei Juventus als Jahr der Menschwerdung des Cristiano Ronaldo in die Annalen eingehen wird. Erstmals seit neun Jahren das Halbfinale der Champions League verpasst, im Viertelfinale des italienischen Pokals an Atalanta Bergamo gescheitert und 16 Tore weniger erzielt als in der Saison zuvor (28 statt 44). Weil nur 21 davon Ligatore sind, landet Ronaldo in der Torschützenliste hinter einem gewissen Fabio Quagliarella. Als der noch jung und knackig war, hat er auch mal für Juventus gekickt. Inzwischen ist Quagliarella bei Sampdoria Genua gelandet, mit 36 im Grunde reif für den Ruhestand und wird erstmals Torschützenkönig der Serie A. Quagliarella, man muss diese Vergleiche jetzt bringen, verdient im Jahr zwei Millionen Euro netto, was viel Geld ist, aber ein Witz verglichen mit den rund 31 Millionen von Ronaldo. Auf Instagram hat er 413 000 Follower - beeindruckend, wenn man bedenkt, dass Angela Merkel auf 883 000 kommt, aber lächerlich verglichen mit der Seite @Cristiano. Die hat 166,3 Millionen Follower. Messi hat 119 Millionen, Trump 12,9 Millionen und der Papst 6,1.
Profi ist, wer trotzdem lacht und beteuert, er habe gerade die beste Zeit seines Lebens und wolle nie, nie, nie wieder weg aus der Liga der Quagliarellas. Aus einer Mannschaft, in der er alle fünf Tore in der Knockout-Runde der Champions League selbst schießen muss, allein drei im Achtelfinal-Rückspiel gegen Atlético Madrid. Aus Turin, wo Ronaldo mit seiner Familie zwei Villen auf einem Hügel über dem Fluss Po bewohnt. Ja, zwei Villen, damit er sich in eine zurückziehen kann, wenn er vor den vier Kindern und Lebensgefährtin Georgina seine Ruhe haben oder ungestört Fußball gucken will. Wo anderen Männern die Garage oder das Büro reichen müssen, hat CR7 ein Riesenhaus mit Traumblick auf die Stadt - wenn nicht gerade wieder Nebel über dem Po wabert. Auf dem Weg, das italienische Paris zu werden, ist Turin irgendwo mittendrin stecken geblieben, aber immerhin gibt es dort die bessere Pizza. Tatsächlich kommt es vor, dass der größte Fußballstar dieser Zeit die Serpentinenstraße herunter fährt und in der Stadt eine Pizza essen geht. Aber kann das ein Grund sein, um zu bleiben?
Profi ist, wer noch nicht mal mit der Wimper zuckt, wenn zum krönenden Abschluss einer verkrachten Saison auch noch der Trainer gefeuert wird. Wobei gefeuert nicht das richtige Wort ist, denn einen Massimiliano Allegri wirft man nach fünf Meisterschaften, vier Pokalen und zwei verlorenen Champions-League-Endspielen nicht einfach raus. Das alles hatte Allegri in nur fünf Jahren erreicht, und es macht ihn zu einem der erfolgreichsten Trainer der Klubgeschichte. Zum Verhängnis wurde ihm, dass er in diesem Jahr im Viertelfinale gegen Ajax Amsterdam aus der Champions League flog, obwohl ihm sein Boss Andrea Agnelli diesen Cristiano Ronaldo spendiert hatte, um endlich den wichtigsten Klubpokal Europas zu holen.