Serena Williams gewinnt US Open:Lust auf Drama

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Sprung ins Glück: Serena Williams gewinnt zum fünften Mal die US Open (Foto: AFP)

Serena Williams gewinnt im Finale der US Open eine spannende Partie in drei Sätzen gegen Victoria Azarenka. Die beiden besten Spielerinnen in der Tennis-Weltrangliste treiben sich gegenseitig zu Höchstleistungen an. Für Williams stellt sich allerdings die Frage: Wie lange noch?

Von Jürgen Schmieder

Exakt 200 Punkte spielten Serena Williams und Victoria Azarenka am Sonntag beim Finale der US Open. Nach jedem einzelnen Punkt gab es auf dem Platz ein Mini-Drama zu bestaunen: Serena Williams, wie sie ihren Schläger auf den Boden prügelt, ihren Bizeps durch das Ballen der Hand präsentiert oder ein Gebet zu den Göttern schickt, damit die den Wind ein bisschen schwächer wehen lassen. Oder Victoria Azarenka, wie sie mit sich selbst spricht, verzweifelt über den Platz tippelt oder sich auf den Oberschenkel tippt, um sich anzufeuern.

Nach dem letzten dieser 200 Punkte hüpfte Williams wie ein Flummi herum, sie ruderte mit den Armen und rief immer wieder: "Yes! Yes! Yes!" Azarenka wartete derweil am Netz, um ihrer Gegnerin zu gratulieren. Williams hatte 109 dieser 200 Punkte gewonnen - oder ins Tennis übersetzt: 7:5, 6:7 und 6:1. Sie siegte damit zum fünften Mal in ihrer Karriere bei den US Open.

"Dieses Jahr fühlte sich beinahe wie eine Enttäuschung an", sagte Williams nach dem Finale, "Ich habe die French Open gewonnen, aber mit den anderen beiden Grand-Slam-Turnieren war ich nicht zufrieden. Deshalb ist es für mich wichtig, wenigsten einen zweiten großen Titel gewonnen zu haben." Es sagt viel über den Ehrgeiz eines Menschen, wenn er eine Spielzeit mit acht Turniersiegen und einer Bilanz von 67 Siegen und vier Niederlagen als Beinahe-Enttäuschung bezeichnet.

Zunächst verkrampft

Das Finale der US Open war eine hochklassige, spannende und dramatische Partie, die am Ende fast drei Stunden dauerte. "Ich hätte natürlich gerne in zwei Sätzen gewonnen, zumal ich die Gelegenheit dazu hatte", sagte Williams, "aber ich war zunächst zu verkrampft."

Das war im zweiten Satz, als Williams die Partie vermeintlich unter Kontrolle hatte. Den spannenden ersten Durchgang hatte sie nach knapp einer Stunde mit 7:5 gewonnen, nun servierte sie beim Stand von 5:3 zum Matchgewinn - und gab ihren Aufschlag ab. Ihr gelang beim Stand von 5:5 erneut ein Break, wieder hätte sie die Partie bei eigenem Aufschlag beenden können - und scheiterte erneut. Im Tie Break dann präsentierte sich Azarenka fehlerfrei und nutzte ihren dritten Satzball.

Das Mini-Drama vor dem dritten Satzball verdeutlichte, dass die Partie in diesem Moment durchaus hätte kippen können: Williams motzte, legte die Stirn in Falten, wirkte verzweifelt. Azarenka dagegen stand ruhig an der Grundlinie und sprach mit sich selbst. Es war nicht zu hören, was sie sich da selbst einflüsterte, doch der Gesichtsausdruck verriet, dass es ein Satz gewesen sein könnte wie: Gewinne diesen Punkt - und die Partie gehört Dir.

Tatsächlich wirkte Williams zu Beginn des dritten Satzes angeschlagen. "Es war nicht einfach bei diesen Bedingungen", sagte sie danach, "der Wind hat einfach nicht nachgelassen, ich habe mich nicht mehr so gut bewegt und viele einfache Fehler gemacht und so Punkte verloren." Bei den meisten Punkten bestimmte die Amerikanerin, wer ihn am Ende gewann - entweder gelang ihr ein Gewinnschlag (36 insgesamt) oder sie beging einen leichten Fehler (35). Die Bilanz von Azarenka in diesen Statistiken: 17 und 27.

Zu Beginn des dritten Satzes brachte Williams mühsam ihre ersten beiden Aufschlagsspiele durch - und schaffte plötzlich ein Break. Im direkt darauf folgenden Spiel servierte sie drei Asse hintereinander, zwei mit einer Geschwindigkeit von jeweils mehr als 200 Stundenkilometern, eines beim zweiten Versuch.

"Sie weiß, wie man Turniere gewinnt"

"Sie ist ein wahrer Champion", würde Azarenka später sagen, "und was noch besser ist: Sie weiß, wie man wiederholt Turniere gewinnt. Sie weiß, was sie dafür tun muss, um eine Finale zu erreichen und es auch noch zu gewinnen. Und wenn dann zwei Spielerinnen aufeinandertreffen, die eine Partie für sich entscheiden wollen, dann ist das wie eine Kollision."

Azarenka gehört zu den wenigen Konkurrentinnen, zu denen Williams auch abseits des Platzes Kontakt hat. Während der US Open hatte Williams angegeben, dass es sich für sie komisch anfühlen würde, mit jemandem befreundet zu sein, den man auf dem Spielfeld bekämpfen muss. Mit Azarenka versteht sie sich - wohl aus einer Mischung aus Respekt und Dankbarkeit. "Es ist wichtig für Serena, dass es Victoria gibt", sagte Williams' Trainer Patrick Mouratoglu, "die beiden treiben sich gegenseitig zu Höchstleistungen".

Auf Steffi Grafs Spuren

Bleibt die Frage, wie lange sich Williams noch von Azarenka zu solchen Leistungen treiben lassen möchte. Sie wird bald 32 Jahre alt, sie hat in ihrer Karriere mehr als 50 Millionen Dollar Preisgeld gewonnen und 17 Grand-Slam-Titel im Einzel erreicht, dazu 13 im Doppel. "Ich fühle mich besser als jemals zuvor. Ich kann ein Turnier wie die US Open bestreiten und dabei sowohl im Einzel als auch im Doppel antreten", sagte sie: "Deshalb mache ich einfach weiter."

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Sie möchte sich natürlich möglichst weit oben in der Liste der besten Spielerinnen in der Geschichte einordnen. Sie hat nun also 17 Grand-Slam-Titel, ganz vorne liegt Steffi Graf mit 22. "Darüber denke ich nicht nach", sagte sie - und ergänzte: "Ich kann mich noch nicht mit Martina Navratilova oder Chris Evert vergleichen." Die beiden haben jeweils 18 Titel gewonnen.

Williams sagte: "Von den Zahlen her sind die beiden immer noch besser als ich." Dann zwinkerte sie. Sie hat offenbar noch viel Lust auf ein paar Mini-Dramen auf dem Platz.

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