Segeln beim Ocean Race:Es knallt beim Höllenritt

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Regattaduell: "11th Hour Racing" (vorn) und "Malizia" (hinten) fuhren auf der vierten Etappe des Ocean Race lange nah beieinander - am Ende trennten sie nur etwas mehr als 30 Minuten bei der Ankunft in Newport. (Foto: Amory Ross/dpa)

Mastbrüche, Materialfragen, Regattadramen prägen den vierten Abschnitt der Weltumseglung. Auf den Schlussetappen ist auch Boris Herrmann wieder an Bord der "Malizia" - auf dem Weg nach Dänemark gilt es, einen Dreikampf zu gewinnen.

Von Jonas Beckenkamp

Hat hier jemand was von den Gemeinheiten des Ozeans gesagt? Von turmhohen Wellen, wogender See, peitschenden Winden? Die Heldenerzählungen des Ocean Race, bei dem die besten Segler der Welt derzeit um den Erdball schippern, sind üppig, und natürlich wurden sie auch auf dieser vierten Etappe des Rennens um einige Kapitel erweitert. Immerhin: Als die erste Crew Mitte dieser Woche eine gute halbe Stunde vor der Konkurrenz im Zwischenzielhafen Newport auf Rhode Island einfuhr, strahlte die Sonne.

Nur das Outfit des US-Teams 11th Hour Racing ließ erahnen, dass draußen im Nordatlantik auch mal Schlechtwetter angesagt war: Die Segler trugen die volle Montur mit Ölzeug und Seefahrerbärten. Für die Route von Itajaí im Süden Brasiliens zur amerikanischen Ostküste hatten die Etappensieger um Skipper Charlie Enright bei der 14. Auflage der Weltumseglung 17 Tage, zwei Stunden und 26 Minuten gebraucht.

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Sie segelten vorbei am Bermudadreieck und kreuzten in Richtung Nordwesten. Kurz nach der Ankunft der Amerikaner in ihrem Heimathafen erreichten auch ihre Widersacher von Team Malizia, sichtlich geschafft, den Ort zwischen New York und Boston - allerdings ohne ihren deutschen Chef Boris Herrmann, der auf diesem Abschnitt pausiert hatte und sich von Will Harris vertreten ließ. Herrmann wollte neue Energie tanken und den Rest des Teams einfach mal machen lassen.

Hinter den beiden dominierenden Gefährten dieses Ritts quer über den Äquator lag ein stürmischer Showdown mit 16 Führungswechseln - samt Flaute kurz vor dem Endspurt. Dabei war es Malizia und 11th Hour Racing besser ergangen als zwei anderen Crews: So hatte etwa ein Mastbruch die favorisierte Schweizer Equipe Holcim-PRB am 27. April vor der brasilianischen Küste zur Aufgabe gezwungen.

Zurück an Bord: Boris Herrmann ist wieder am Steuer der "Malizia", nachdem er auf dem vierten Teilstück eine Pause eingelegt hat. (Foto: Antoine Auriol/dpa)

Das Ocean Race ist auch eine Materialschlacht, die Yachten sollen leicht und gleichzeitig stabil sein - doch manchmal kommen sich Mechanik und Wirkungskräfte der Wellen in die Quere. Ähnlich erging es der Crew des deutsch-französischen Teams Guyot, die in der Nacht zum Dienstag ein Drama ereilte, als ihr bei Orkanböen und voller Fahrt mit bis zu 40 Knoten mit einem Knall die Takelage um die Ohren flog. Ihre Weiterfahrt ist ungewiss, zumal das Boot nun erst einmal mit einer Art Notsegel den sicheren Hafen in Newport erreichen muss und Reparaturen anstehen. Schon einen vorherigen Abschnitt hatte das Team um den Berliner Co-Skipper Robert Stanjek wegen technischer Probleme abbrechen müssen.

Immerhin gab es Zuspruch von Herrmann: "Wir hoffen natürlich, sie wieder ins Rennen zu bekommen. Ich habe den Eindruck, dass ihr Ausscheiden Pech ist", zitiert ihn das Magazin Yacht. Einer Debatte um die Stabilität der Masten bei den Yachten nahm der Hamburger den sprichwörtlichen Wind aus den Segeln: "Wir haben ja alle die gleichen One-Design-Masten. Das Schiff war sehr gut erprobt, sehr gut gewartet und sehr gut bedient von seiner Mannschaft. Die Segelfläche war auf ein Minimum reduziert, als der Mast brach." Ein Ausreißer also, Berufsrisiko bei Rennseglern. Man könne "aus den beiden Mastbrüchen nicht schlussfolgern, dass die Boots-Klasse instabile Masten hat und es da ein grundsätzliches Problem gibt. Das sind einfach statistische Abweichungen, eine Anomalie."

Auf sein eigenes Team war Herrmann trotz des verpassten Etappenerfolges "total stolz", schließlich ist der Gesamtsieg weiter möglich. Auf den nun folgenden Seemeilen hat es der gebürtige Oldenburger wieder selbst in der Hand, er kehrt zurück ans Steuer, wenn es vom 21. Mai an über den großen Teich nach Aarhus in Dänemark (und schließlich bis nach Genua) geht. "Jetzt wird es erst richtig spannend, und wir werden voll angreifen", kündigte der 41-Jährige an. Noch führt das Schweizer Team Holcim-PRB mit 19 Punkten vor 11th Hour Racing und Malizia (beide 18) - die Schweizer müssen aber für die nun folgende fünfte und doppelt gewertete Transatlantiketappe erst ihr Schiff wieder flottkriegen. Und das Nordmeer dürfte neue Boshaftigkeiten für alle bereithalten.

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