Segel-Bundesliga:Die Gierigen vom Starnberger See

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Schwerstarbeit hatten die Segler des Münchner Yacht-Clubs beim Saisonfinale auf der Alster zu verrichten. (Foto: Sander van der Borch/DSBL/oh)

Der Münchner Yacht-Club wird erst im Saisonfinale vom Serienmeister Norddeutscher Regatta Verein abgefangen und holt Platz zwei der deutschen Meisterschaft. Dabei profitiert man von seinem Jugendkonzept - und will demnächst den Titel angreifen.

Von Ralf Tögel

Überraschend ist dieses Ergebnis schon, das gibt Teammanager Michael Liebl gerne zu, dann aber stockt er kurz: "Aber wir wussten immer, dass wir das drauf haben." Er meint: den zweiten Platz bei der deutschen Meisterschaft im Segeln. Der Münchner Yacht-Club (MYC) hat damit den größten Erfolg in seiner Bundesliga-Geschichte erreicht.

Vor dem letzten Spieltag auf der Alster zu Hamburg lag der MYC sogar hauchdünn mit einem Punkt Vorsprung vor dem großen Favoriten Norddeutscher Regatta Verein auf der Pole Position, allerdings schickte der Konkurrent mit Sitz in Hamburg-Uhlenhorst seinen besten Mann ins Saisonfinale, den langjährigen Profi und Olympiateilnehmer Tobias Schadewaldt. Zudem bot das Wetter äußert schwierige Bedingungen: Über Hamburg fegten an den ersten beiden Renntagen die Ausläufer eines Ostsee-Orkans.

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Schadewaldt erfüllte seinen Auftrag dennoch oder gerade deswegen mit Bravour. Der mehrmalige deutsche Meister und Gewinner der Kieler Woche, bei der er sowohl den Weltmeister als auch den Olympiasieger düpierte, führte sein Team am Steuerruder und in heimischen Gewässern am Wochenende zum Gewinn des deutschen Meistertitels. Die Freude der Crew vom Starnberger See konnte das kaum schmälern. Der Yacht-Club gratulierte dem Seriensieger zum siebten Titelgewinn sportlich fair und feierte den zweiten Platz.

Der war nicht der einzige Grund zur Freude: Zum einen wurden die Segler aus Oberbayern zur Mannschaft der Saison gewählt - ein Titel, den die konkurrierenden Teams vergeben, was ihn umso wertiger macht. Zum anderen hat sich der MYC für die Sailing Champions League qualifiziert - nie zuvor sind die Segler vom Nordwestufer des Starnberger Sees in der Segel-Königsklasse angetreten. "Wir sind seit elf Jahren dabei, erst in der zweiten Liga, dann gleich aufgestiegen - und nun in unserem neunten Erstligajahr dieser Erfolg", sagt Liebl über die gelungene Saison.

Frauenpower vom Starnberger See: Am zweiten Spieltag in Travemünde trat eine reine Frauenmannschaft für den MYC und und holte einen sechsten Rang. (Foto: Fabian Frühling/DSBL/oh)

Und es gibt einige gute Gründe dafür, dass dieser Erfolg keine Eintagsfliege bleiben wird, wie Liebl erklärt: "Der Kader steht auch in Zukunft, alle bleiben bei der Stange und können locker noch, zwei, drei Jahre segeln." Es ist ein von langer Hand vorbereiteter Erfolg: "Unser Konzept, das wir die vergangenen Jahren gefahren haben, zahlt sich jetzt aus". Viele Jahre war der Klassenverbleib das primäre Ziel, parallel dazu wurden junge Talente systematisch aufgebaut.

Aus einem Pool aus vorwiegend jungen Seglern rekrutiert sich die Bundesligamannschaft, erklärt der Teammanager, einmal habe er ein Juniorenteam zu einem Bundesligaspieltag geschickt, einmal ein reines Frauenteam. Als sich der große Erfolg abzeichnete, habe das Leistungsprinzip zunehmend die tragende Rolle gespielt: "Natürlich will jeder segeln, das ist wie beim Fußball, 22 Spieler sind im Kader, aber nur elf können auf den Platz."

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Also griff er im Finale auf Xaver Huber am Steuer zurück, der bereits an vorherigen Spieltagen seine Klasse bewiesen hatte. Julius Neszvecsko sei ohnehin einer der besten Taktiker der Liga, auch Beni Haimerl und Anton Sattler zählen zu den arrivierten Seglern. Liebl schickte also erfahrene Segler ins Finale, wobei keiner der Akteure älter als 25 Jahre sei, wie der Teammanager betont.

Der MYC hat damit seine Konkurrenten vom Starnberger See überflügelt: Der ehemalige deutsche Meister und Champions-League-Sieger vom Deutschen Touring Yacht-Club versucht nach den erfolgreichen Jahren und dem Ausstieg aus der Liga 2022 den Wiederaufbau, und der Bayerische Yacht-Club setzt nach dem Abstieg in die zweite Bundesliga konsequent sein Jugendkonzept durch. Das hat sich bereits in dieser Saison ausgezahlt: Der BYC hat den letzten Zweitligaspieltag gewonnen und sich als Gesamtvierter die Rückkehr in die erste Bundesliga verdient. Dabei bewies die junge Crew mit Nils Sternbeck am Steuer sowie Oda Hausmann, Philip Hall und Ludwig Geisweid im Finale, das ebenfalls auf der Alster in Hamburg ausgetragen wurde, eine beachtliche Nervenstärke. Denn bis zum letzten Flight war offen, welcher Verein es noch auf den vierten Tabellenplatz schaffen würde - letztlich gelang es den Starnbergern mit einem Punkt Vorsprung.

Damit hat der Freistaat neben dem Meisterschaftszweiten, dem Aufsteiger BYC und dem Chiemsee Yacht Club, der die Bundesliga als Elfter beendete, wieder drei erstklassige Vereine. Für Michael Liebl und seine Mannschaft ist das Ziel für die kommende Saison nun aber nicht mehr der Klassenverbleib. Der MYC will den Titel angreifen. Zumal der Klassenprimus, wie Liebl erzählt, eine Schwächung hinnehmen muss. Bei den Meisterschaftsfeierlichkeiten habe Tobias Schadewaldt vom NRV verkündet, dass er sich eine einjährige Pause nehmen wird. Was die Chancen des MYC sicher nicht schmälert, findet Liebl: "Natürlich sind wir jetzt gierig."

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