TSV 1860 München:Vom Winde zerzaust

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Verfolgt die vergeblichen Angriffsversuche seines Teams in Ulm: Sechzig-Cheftrainer Maurizio Jacobacci. (Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/Imago)

Die Münchner Löwen kassieren in Ulm früh ein kurioses Gegentor, ihre Bemühungen um den Ausgleich bleiben wirkungslos.

Von Christoph Leischwitz

Warnung vor Sturmböen! Den ganzen Tag über hatte in Ulm die Sonne alles im Griff gehabt, doch pünktlich zum ersten ausverkauften Fußballspiel seit 23 Jahren wurde das Donaustadion von einem Unwetter heimgesucht, laut Vorhersage mit Böen um 60 km/h. Sehr zum Leidwesen der Gäste, denn der TSV 1860 München lief in diesem Drittliga-Spiel schon nach neun Minuten einem 0:1 hinterher - beim Tor konnte man dem Wind getrost einen Assist zusprechen. Sechzigs Torwart Marco Hiller sah unglücklich aus bei diesem Gegentor, er konnte nur zusehen, als eine Flanke von der rechten Seite über seinen Kopf ins ferne Eck fiel. Der kuriose Treffer von Bastian Allgeier sollte der einzige bleiben, und der Wind war aus Sicht der verantwortlichen Löwen dann auch der entscheidende Faktor. "Wir sind mit dem Wind sehr schwer ins Spiel gekommen, jeder lange Ball ist hängengeblieben", analysierte später Sechzigs Kapitän Jesper Verlaat bei Magentasport. Der Fairness halber sei angemerkt, dass die Ulmer in der zweiten Halbzeit weniger Gegenwind hatten, sowieso aber auch öfter flach herausspielten. Der Sieg für den Aufsteiger war schon allein deshalb hochverdient: weil er spielerisch stärker war als die Sechziger.

17 000 Zuschauer waren gekommen, knapp die Hälfte feuerte die Sechziger an - und wohl alle zunächst den elektrischen Rasenmäher, der das Spielfeld nicht verlassen wollte und den Anpfiff verzögerte. Die Sechziger kamen mit den äußeren Umständen einfach nicht so recht klar, vor allem aber nicht mit dem Angriffsspiel des Aufsteigers, der in den ersten Minuten die Partie dominierte. Unmittelbar vor dem 1:0 hatte Ulms Philipp Maier schon eine Kopfballchance, die noch abgewehrt werden konnte.

Niklas Lang muss in höchster Not retten, wobei er sich eine Verletzung zuzieht

Sechzigs Trainer Maurizio Jacobacci hatte im Vergleich zum 1:0-Erfolg gegen Verl drei Tage zuvor nur wenig an der Aufstellung geändert. Julian Guttau kehrte nach Erkrankung zurück. Mittelfeldmann Tim Rieder stand in der Innenverteidigung, dafür rückte Niklas Lang auf die rechte Seite. Der 21-Jährige musste allerdings in der 22. Minute in höchster Not direkt vor dem Tor aushelfen, als Felix Higl frei zum Schuss kam. Lang störte entscheidend, der Ball streifte das Außennetz, doch danach stand er nicht mehr auf. Minuten später verließ er mit dick bandagiertem Knie das Feld, für ihn kam Kilian Ludewig. Bis zur Halbzeit konnten die Gäste dann aber die Partie ausgeglichen gestalten, die beste Gelegenheit zum Ausgleich vertändelte Eroll Zejnullahu, als er selbst nicht abschloss und einen zaghaften Querpass in die Beine des Gegners setzte (31.). Eine Minute später prüfte Zejnullahu den Ulmer Keeper Christian Ortag mit einem platzierten Distanzschuss.

Die zweite Halbzeit begann dann allerdings wie die erste, Ulm war klar tonangebend. Auffällig war, wie schnörkellos die Mannschaft von Thomas Wörle in dieser Phase nach vorne spielte und die Gegner ins Leere laufen ließ. Dennis Chessa verpasste die beste Gelegenheit zum 2:0, als er knapp an einem Querpass von Jann vorbeirutschte (52.). Trainer Jacobacci sah die gelbe Karte, weil er zum zweiten Mal direkt am Gegenspieler Zeitspiel beanstandete, die angereisten Münchner Fans feuerten überdurchschnittlich viel Pyrotechnik ab - aber Sechzig auf dem Spielfeld, das war an jenem Abend mit Abstand das Unspektakulärste. Zwar ergaben sich einige Male lange Ballbesitzphasen, allerdings ohne Torabschluss. Kurios blieb es trotzdem: Sechzigs Kapitän Jesper Verlaat erschrak, als sich ein Feuerwerkskörper in seiner Nähe abregnete, und Schiedsrichter Lars Erbst hatte offensichtlich kurzzeitig keinen Funkkontakt mehr zu seinen Assistenten.

Als trotz der vielen Unterbrechungen den Sechzigern die Zeit davonlief, wurden ihre Aktionen hektischer, aber nicht gefährlicher. Jacobacci schrie immer wieder ins Feld hinein, der Wind zerzauste seine Haare, doch es half nichts: Sein Team fand kein Mittel gegen einen tief stehenden Gegner, keine Mittel gegen die gefährlichen Konter. "Wir haben in der zweiten Halbzeit zu überhastet gespielt", sagte Jacobacci. Bei seinem Kapitän Verlaat war die Wut noch nicht verflogen: "Das ärgert mich, wir können nicht den Punch nach vorne setzen, ich glaube wir haben in der zweiten Halbzeit gar keine Torchance gehabt." Nach zwei erkämpften Siegen sind ideenlose Löwen am kommenden Samstag gegen das Spitzenteam von Dynamo Dresden gefragt.

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