Schwimmen:Das Küken und die Mutti

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"Sie war schon immer herausragend ehrgeizig": Alina Baievych, 14, deutsche Meisterin über 200 Meter Schmetterling. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Alina Baievych aus Erlangen ist bei der Schwimm-DM in Berlin schneller als Angelina Köhler - und gewinnt den Titel über 200 Meter Schmetterling. Auch die Münchnerin Julia Titze holt Gold nach Bayern. Der feine Unterschied: Titze ist 22, Baievych 14.

Von Sebastian Winter

Es war laut in Berlins Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark, fast zu laut, um Alina Baievych zu verstehen. Aber dieser eine Satz, der der Schwimmerin des TB 1888 Erlangen da über die Lippen kam, blieb hängen: "Die Zeit war nicht das, was ich mir erhofft hatte, aber ich bin sehr zufrieden - auch darüber, mich mal gegen Angie durchgesetzt zu haben." Angie, das ist Angelina Köhler, seit Februar Weltmeisterin über 100 Meter Schmetterling, der neue Stern im deutschen Schwimmen. Und Baievych, die Köhler bei den deutschen Meisterschaften am vergangenen Wochenende über 200 Meter Schmetterling mal eben kurz geschlagen hatte? Ist 14, geboren am 26. Juni 2009. Über 100 Meter Schmetterling, das nur als kleine Ergänzung, gewann Baievych hinter Köhler Silber.

Das Mädchen, das das Ohm-Gymnasium in Erlangen besucht und unter Coach Roland Böller neunmal pro Woche trainiert, ist eines der größten deutschen Talente im Schwimmsport. Im vergangenen Jahr gewann Baievych neun deutsche Jahrgangstitel - und stellte damit den fast 20 Jahre alten Rekord von Theresa Michalak ein. Baievychs Vielseitigkeit ist beeindruckend, sie schwimmt nicht nur über die kurzen Schmetterlingsstrecken stark, sondern zeigt ihr Können über alle Stile hinweg, über die Lagenstrecken bis hin zur längsten Beckendistanz, den 1500 Metern Freistil. Im Sommer, wenn sie denn Zeit hat, fährt Baievych gerne Wakeboard, ein technisch sehr anspruchsvoller Sport. Ihr Rezept? "Sie war schon immer herausragend ehrgeizig", sagt Böller, ihr Trainer, "außerdem ist sie motorisch geschickt und kann Dinge sehr schnell korrigieren."

"Sie ist ein Zukunftstalent": Baievych (li.) als DM-Zweite über 100 Meter Schmetterling neben Weltmeisterin Angelina Köhler (Mitte) und der drittplatzierten Linda Roth. (Foto: Jadranko Marja/Eibner/Imago)

So schnell offenbar, dass sie nun schon die deutsche Spitze bei den Erwachsenen hinter sich lässt. Die Olympianorm, wovon sie insgeheim träumte, hat Baievych zwar verpasst, aber die Qualifikation für Paris wäre auch eine riesige Überraschung gewesen. Zur Normzeit fehlten dann doch noch zwei, drei Sekunden. Aber sie hat sich nun nicht nur für die Junioren-Europameisterschaften qualifiziert, sondern auch für die EM der Erwachsenen. "Da müssen wir noch mit dem Deutschen Schwimm-Verband besprechen, wo welcher Start am sinnvollsten ist", sagt Böller, der auch Baievychs Eltern lobt: "Perfekt", seien sie, "sie unterstützen, üben aber keinen Druck aus."

Julia Titze, sagt, sie gehöre in ihrem Klub "schon zu den Alten, ich bin die Mutti". Die schnelle Mutti ist nun deutsche Meisterin über 50 Meter Brust. (Foto: Jo Kleindl/Eibner/Imago)

Vor Köhler habe sie übrigens sehr viel Respekt, sagte Baievych in Berlin noch, auch deshalb sei sie so glücklich, diesmal vorne gewesen zu sein. "Ich wollte auch mal zeigen, ich bin da." Die anerkennenden Worte gab Köhler zurück: "Gegen Alina zu schwimmen, ist immer wieder cool." "Sehr, sehr stark", sei Baievych gewesen: "Sie ist ein Zukunftstalent."

Zusammen mit Julia Titze (SG Stadtwerke München) ist Alina Baievych nun eine von zwei deutschen Meisterinnen aus Bayern. Titze zählt sich in ihrem Klub "schon zu den Alten, ich bin die Mutti", nach einer schweren Rückenverletzung im Februar gewann sie in Berlin das Rennen über 50 Meter Brust. Aber Alter ist eben relativ. Titze ist 22, die Olympischen Spiele in Los Angeles, ihr nächstes Ziel, lägen 2028 eher im Spätsommer ihrer Karriere. Für Baievych, dann immer noch Teenager, wären sie der nächste Frühling.

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