Schwimmen:Klippenspringerin Bader wird WM-Fünfte

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Budapest (dpa) - Anna Bader bleibt kurz an der Kante des Stahlrohr-Turms stehen, spannt die Muskeln an - dann springt sie ab. Rund zweieinhalb Sekunden später und 20 Meter tiefer taucht die Klippenspringerin ins WM-Becken vor dem Budapester Parlament ein.

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Budapest (dpa) - Anna Bader bleibt kurz an der Kante des Stahlrohr-Turms stehen, spannt die Muskeln an - dann springt sie ab. Rund zweieinhalb Sekunden später und 20 Meter tiefer taucht die Klippenspringerin ins WM-Becken vor dem Budapester Parlament ein.

„Klar ist die Höhe respekteinflößend, aber die Sprünge machen mir keine Angst“, sagte die 33-Jährige, die beim Finale Platz fünf belegte. Während andere Mütter nach der Babypause erstmal langsam wieder in ihren Job starten, geht's bei Bader mit mehr als 80 km/h in die Tiefe - fast wie vorher.

Fast, weil aus dem Zweier-Team mit Klippenspringer-Freund Kris Kolanus dank Töchterchen Roksana eine Familien-Reisegruppe geworden ist. „Das ist schon chaotisch manchmal“, sagt Bader und lacht. So oft wie möglich ist die zehn Monate alte Tochter dabei, wenn Mama und Papa rund um die Welt aus schwindelerregenden Höhen springen. „Meine Mutter und Kris' Mutter passen abwechselnd auf Roksana auf“, erzählt Bader. Auch bei den Weltmeisterschaften in Ungarn sitzt die Familie auf der Tribüne am zentralen Batthyány-Platz an der Donau. „Sehen kann ich Roksana von da oben aber nicht“, sagt Bader lächelnd und zeigt auf den eigens für die WM errichteten Turm.

Sie hat in ihrem Leben schon viel probiert. Mit 17 entdeckte Bader das Klippenspringen oder High Diving für sich, wie die Sportart offiziell beim Schwimm-Weltverband heißt. Zuvor war sie Kunstturnerin und Wasserspringerin. Sie arbeitete als Artistin bei einer Wassershow in China, war Straßenkünstlerin in Madrid und ließ sich vom „Playboy“ ablichten. Zudem hat sie ein abgeschlossenes Lehramtsstudium in Englisch, Spanisch und Geografie. Man könnte sie als Lebenskünstlerin bezeichnen - mit einem Hang zum Risiko?

Nein, das sieht sie nicht so, bezeichnet sich als „vorsichtig“. Größere Sorgen um ihre eigene Gesundheit macht sie sich seit der Geburt ihres ersten Kindes nicht. „Auch vorher habe ich es nie drauf ankommen lassen“, sagt sie. „Das ist vielleicht schwer nachzuvollziehen, aber ich habe die Sprünge gemacht, von denen ich weiß, ich kann sie.“ Ein „Restrisiko“ gebe es aber natürlich trotzdem. „Das lässt sich nicht ganz ausschließen.“

Bader gehört bei der WM zu den erfahrenen Springerinnen. „Wenn ich mir ihre Sprünge anschaue, kann ich viel lernen“, sagt die zweite deutsche WM-Starterin Iris Schmidbauer. Die 22-Jährige, die in der ungarischen Hauptstadt Zehnte wird, ist durch Bader überhaupt erst zum High Diving gekommen. „Ich habe Anna 2013 in Barcelona gesehen und gedacht: Wow, man kann auch aus 20 Metern springen“, erklärt sie. Bader gewann damals bei der WM Bronze. Das war vor der Babypause.

Diese endete im April 2017, in Abu Dhabi gab Bader bei der Weltserie ihr Comeback nach gut anderthalbjähriger Auszeit. Die Angst ist nicht größer geworden, doch durch den Nachwuchs haben sich andere Dinge verändert. „Einfach mal zwei Stunden am Stück trainieren, das geht nicht mehr“, meint Bader. „Man improvisiert immer und guckt, wie viele Sprünge man machen kann.“

Den Schwierigkeitsgrad ihrer Sprünge, die ähnlich wie bei den Wasserspringern in der Halle von Punktrichtern bewertet werden, habe sie zurückgeschraubt. „Weil einfach keine Zeit gewesen ist, die Sprünge ordentlich vorzubereiten.“ Auch weil es für die nicht ganz so schwierigen Sprünge weniger Punkte gibt, wird es mit einer Medaille in Budapest nichts. Das ist aber nicht so schlimm. „Ich bin sehr zufrieden mit dem fünften Platz“, sagte sie. „Man hofft für jeden, dass er gesund und heil da runter kommt“, betont Bader. „Das ist das Wichtigste.“

HINTERGRUND

Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Budapest werden zum dritten Mal Medaillen im Klippenspringen vergeben. Offiziell heißt die Sportart beim Weltverband High Diving, die Sportler springen aus schwindelerregenden Höhen.

Die Damen kämpfen aus 20 Metern Höhe um den Sieg, die Männer springen gar aus 27 Metern und erreichen dabei Geschwindigkeiten von über 80 km/h.

Etwa zweieinhalb Sekunden drehen sich die Sportler bei ihren Darbietungen durch die Lüfte, ehe sie eintauchen und die Noten der Wertungsrichter gezeigt bekommen.

Anders als beim Turmspringen von der Zehn-Meter-Plattform geht es aus der doppelten Höhe mit den Füßen zuerst ins Wasser, da die Kräfte beim Eintauchen insbesondere auf die Nackenmuskulatur zu hoch wären.

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