Bundesliga:Stevens dreht auf Schalke die Uhr zurück

Lesezeit: 3 min

Comeback am Freitag: der neue Schalker Trainer Huub Stevens. (Foto: Ina Fassbender/dpa)
  • Huub Stevens wird Schalke 04 bis Saisonende als neuer Trainer betreuen.
  • Ihm zur Seite stehen Co-Trainer Mike Büskens und Teammanager Gerald Asamoah.
  • Stevens setzt auf "Schalker Tugenden" - aber auch auf Spaß.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Vor knapp drei Jahren hat Huub Stevens seine Trainerkarriere eigentlich beendet. Begründung: Herzrhythmusstörungen. Im Februar 2016 trat er bei der TSG Hoffenheim zurück und erklärte: "Um eine Mannschaft im Abstiegskampf zu betreuen, musst du 120 Prozent fit sein - das Risiko ist zu groß."

Dass sich der 65 Jahre alte Niederländer nun für maximal zwei Monate ausgerechnet im Kampf gegen den Abstieg wieder auf die Bank setzt, liegt daran, dass es ihm selbst angeblich sehr gut geht, dem FC Schalke 04 aber überhaupt nicht. Zu seinem Comeback beim Gelsenkirchener Klub sagt Stevens: "Ich bin ein Blau-Weißer, und wenn der Verein solche Probleme hat und mich um Hilfe bittet, dann ist es ganz schwer, Nein zu sagen."

Bundesliga
:Schalke entlässt Trainer Tedesco

Das 0:7 bei Manchester City war den Klubverantwortlichen dann doch zu viel. Als Interimstrainer sollen Huub Stevens und Mike Büskens übernehmen.

Am Donnerstagabend hatte Schalkes neuer Sportvorstand Jochen Schneider den Trainer Domenico Tedesco, 33, nach sieben sieglosen Pflichtspielen mit 5:24 Toren beurlaubt - manche sagen: erlöst. Das ist ihm schwer gefallen, denn Schneider betont immer wieder, was für ein "feiner Kerl" Tedesco sei "und was er für den Verein geleistet hat". Zuletzt habe man den "verfahrenen Karren in der gegebenen Konstellation" allerdings nicht mehr aus dem Dreck ziehen können. "Wir konnten so nicht weitermachen", sagte Schneider, und so hat man am Donnerstag einige Ehemalige für Königsblau reaktiviert: Neben Stevens, der Mitglied des Aufsichtsrates ist, auch den einstigen Schalker Profi Mike Büskens, 50, als dessen Assistenten sowie den früheren Publikumslieblings Gerald Asamoah, 40, als Teammanager.

Stevens setzt auf "Schalker Tugenden"

Über Asamoah sagt Schneider: "Er hat den Enthusiasmus, die Leidenschaft und die Energie, die es jetzt braucht." Damit nennt Schneider Schlüsselqualifikationen, die Tedesco offenbar nicht mehr einbringen konnte. Auch Stevens, der sich eigentlich auf ein stressfreieres Leben umgestellt hatte, macht nicht den Eindruck, als beabsichtige er die Schalker mit Yoga, Atemübungen und Achtsamkeitstraining auf die verbleibenden neun Ligaspiele vorzubereiten. "Was wir jetzt brauchen", sagt er in seinem bekannt kernigen Ton, "sind Schalker Tugenden", und dazu zählt er vor allem "Kampf und Leidenschaft".

Bis Saisonende sollen Stevens, Büskens und Asamoah die Elf betreuen, bis dahin muss Schneider einen neuen Trainer und einen neuen Sportdirektor finden, denn bei Schalke setzt man im Sommer alles auf Anfang. Das Notrettungstrio muss jetzt nur noch dafür sorgen, dass dieser Neuanfang in der Bundesliga gemacht werden kann. Den Schalkern droht 31 Jahre nach dem letzten Bundesliga-Abstieg der Sturz in die Zweitklassigkeit. "Wir stecken in einer extrem schwierigen Situation", sagt Schneider. "Die Lage ist prekär", sagt Stevens. "Wir brauchen jetzt wahnsinnig viel Energie", sagt Büskens.

Diese will das Schalker Dreigestirn den Spielern, aber auch den Fans vorleben - und besitzt dabei aus der Historie heraus gute Karten. Unter dem zum "Jahrhunderttrainer" gewählten Stevens war Schalke 1997 Uefa-Cup-Sieger, 2001 und 2002 DFB-Pokal-Sieger und 2001 vier Minuten lang deutscher Meister. Das sind beste Referenzen, um den Niederländer zum dritten Mal nach 1996 (für sechs Jahre) und 2011 (für 15 Monate) zum Schalke-Trainer zu küren. Stevens dreht erst einmal die Uhr zurück: "Jeder Spieler bekommt eine neue Chance", sagt er - und will sich vor dem Leipzig-Spiel an diesem Samstag in der heiklen Torhüterfrage zwischen Ralf Fährmann, 30, und Alexander Nübel, 22, angeblich erst spät entscheiden. Stevens will Spaß zurückbringen, "denn ohne Spaß kann man keine Leistung bringen" - und Spaß hatten die Schalker unter Tedesco zuletzt keinen mehr.

"Er hat sich stets vorbildlich engagiert", schrieb der Klub dem scheidenden Trainer gleichwohl ins virtuelle Zeugnis, aber jeder, der sich mit Zeugnissprache auskennt, weiß, was so eine Formulierung bedeutet. Unter Tedesco wurde Schalke 2018 Zweiter in der Bundesliga, aber wenn man sich die Bilanz in 75 Pflichtspielen anschaut, dann wurden nur 33 Spiele gewonnen und jedes dritte ging verloren. Der DFB-Pokal bleibt Schalkes letzte Chance, nächste Saison wieder international zu spielen. Aber eigentlich geht es um den Klassenerhalt. Am drittletzten Spieltag empfängt Schalke den FC Augsburg, am letzten Spieltag den VfB Stuttgart. In diesen Duellen könnte sich entscheiden, wer in die Relegation muss. Stevens ist zuversichtlich, dass ihn die bevorstehende Nervenprüfung nicht überfordert. "Im Moment geht es mir gut", sagt er - "und ich hoffe, dass das in zwei Monaten auch noch so ist."

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Schalke 04
:Tedesco hat sein Team verloren

Domenico Tedesco ist ein guter Trainer - aber fast alles, was vergangenes Jahr gelang, geht nun schief. Nach dem Zerfall von Manchester erscheint es nicht sinnvoll, ihn noch länger zu halten.

Kommentar von Milan Pavlovic

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: