0:5-Niederlage:Leipzig zeigt, was Schalke fehlt

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Gebrauchter Tag: Auch Alexander Nübel war seinem Team mit diversen Patzern wie diesem keine Hilfe. (Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Schalke muss im eigenen Stadion eine herbe 0:5-Niederlage gegen RB Leipzig einstecken.
  • Die Leipziger demonstrieren, was eine Spitzenmannschaft ausreichnet - während Schalke in einen Abwärtsstrudel geraten ist.
  • Schlecht läuft es auch für Schalke-Towart Nübel: Er sah bei einigen Gegentoren gar nicht gut aus und bekam böse Pfiffe aus dem Publikum.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Kurz vor dem Anpfiff war die Schalker Arena am Samstagabend für ein paar Minuten das größte Planetarium der Welt. Das komplette Flutlicht wurde ausgeschaltet und die Zuschauer bildeten mit ihren Handylampen die Sterne im unendlichen Universum. Zu den Weiten des Weltraums ist so ein Fußballfeld einen ziemlicher Kontrast, denn wenn auf 7150 Quadratmetern 22 Fußballer mit unterschiedlichen Interessen um einen Ball kämpfen, dann wird es dort ganz schön eng - zu eng diesmal für die Fußballer vom FC Schalke 04 und erst recht zu eng für ihren Torwart Alexander Nübel, der am Samstagabend von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde.

Eine der derzeit besten Belegschaften zur Arbeit auf engstem Raum bilden die Fußballer von RB Leipzig. Sie gewannen auch in der Höhe verdient mit 5:0 (1:0), wahrten dadurch einen knappen Ein-Punkt-Rückstand auf den Tabellenführer Bayern München und blieben nach einem 0:0 in München, einem 3:0 gegen Bremen und einem 1:0 in Tottenham im vierten Pflichtspiel nacheinander ohne Gegentor. "Das war eine außergewöhnliche Woche", sagte Trainer Julian Nagelsmann, der eine nahezu perfekte Leistung sah. "Es war eine großartige Woche", schwelgte der neue Flügelspieler Angelino, der von Manchester City ausgeliehen ist und dem auf Schalke sein erstes Tor für Leipzig gelang. "Wenn wir so weitermachen, sind wir nur schwer zu stoppen", sagte der Kapitän Marcel Sabitzer, der seine Leipziger früh in Führung geschossen hatte.

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Die Gelsenkirchener Spieler hingegen müssen nach der Arena-Verdunkelung noch den Science-Fiction-Geschichten ihrer Kindheit nachgehangen haben, denn das Gegentor durch Sabitzers 20-Meter-Schuss nach gerade mal 53 Sekunden wirkte, als hätte Luke Skywalker im Krieg der Sterne sein Laserschwert nicht rechtzeitig illuminiert bekommen. Sabitzer durfte den Ball vor dem Schalker Strafraum in Ruhe annehmen, ihn gemütlich vorlegen und in Richtung Schalker Tor schießen, wo Torwart Nübel überhaupt keinen guten Eindruck machte gegen dieses scharfe Geschoss.

Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit bekam nicht nur Leipzigs Stürmer Timo Werner Pfiffe vom Schalker Publikum, das einen Groll gegen ihn hegt, seit er vor Jahren mal eine üble Schwalbe gegen die Königsblauen hingelegt hatte. Pfiffe bekam fatalerweise auch der eigene Torwart zu hören, weil er nach dem ersten Gegentor noch eine Leipziger Flanke nicht festhalten konnte und weil er dann auch noch nach einer Ecke am Ball vorbeisegelte. In Verbindung mit seinem bereits feststehenden Wechsel zum FC Bayern München im Sommer ergab sich aus dieser Anfälligkeit ein explosives Gemisch. "Diesmal", wich Trainer David Wagner den Fragen nach Nübels Leistung und den Pfiffen allerdings aus, "diesmal verbietet es sich, über einen einzelnen Spieler zu urteilen, weil diesmal zu viele Spieler unter Normalform gespielt haben."

Leipzig zeigt, was eine Spitzenmannschaft auszeichnet

Die Schalker intensivierten in der zweiten Halbzeit zunächst ihre Bemühungen, den Torwart Nübel nicht mehr in kompromittierende Szenen zu verwickeln. Sie verdichteten die Räume, hielten die Leipziger vorübergehend vom eigenen Tor fern und probierten mit mehr Mut die Annäherung ans gegnerische Gehäuse, allerdings taten sie sich mit letzterem weiterhin schwer. Ahmed Kutucu ersetzte den glücklosen Stürmer Rabbi Matondo, doch gegen Dayot Upamecano in der Leipziger Innenverteidigung war auch für Kutucu kein Kraut gewachsen. Der 21 Jahre alte Franzose, an dem neben dem FC Bayern München auch internationale Topklubs Interesse haben sollten, sicherte Leipzigs Tor mit Tempo, Finesse und Robustheit.

In der 61. Minute war zu sehen, dass den Schalkern ein solcher Abwehrspieler fehlt: Timo Werner bekam auf der linken Strafraumseite den Ball, zog damit elegant in die Mitte und drosch ihn aus dem Lauf rechts oben in den Torwinkel. Nun war die Schalker Widerstandskraft gebrochen, so dass Marcel Halstenberg in der 68. Minute nach einer Ecke per Kopf das 3:0 erzielen konnte. Der 23 Jahre alte Spanier Angelino, in kürzester Zeit Stammspieler links außen in der Fünferkette, markierte nach feinem Dribbling in der 80. Minute das 4:0. Emil Forsberg komplettierte die Schalker Blamage in der 89. Minute mit dem Treffer zum 5:0-Endstand.

Vor vier Wochen waren Schalke und Leipzig auf Augenhöhe, nun zeigt Leipzig, was eine Spitzenmannschaft auszeichnet, während Schalke in einen Abwärtsstrudel geraten ist.

Für Schalke war es die höchste Heimniederlage in einem Pflichtspiel seit einem 0:5 im November 2014 in der Champions League gegen den FC Chelsea sowie im sechsten Bundesligaspiel der Rückrunde die fünfte Partie nacheinander ohne Sieg. "Das hat wenig Spaß gemacht", sagte der Trainer Wagner, während der Sportvorstand Jochen Schneider nach fünf sieglosen Spielen angesichts der starken Hinrunde empfand: "Unsere Euphorie ist schon wieder verflogen."

© SZ vom 23.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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