Schalke 04:"Wir sind keine Opposition, wir wollen helfen"

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Früher Spieler im königsblauen Trikot, jetzt aktiver Unterstützer: der Herzensschalker Ingo Anderbrügge. (Foto: Team 2 / Imago)

In der Firmenzentrale eines Klubsponsors stellt sich jene bisher geheime Gruppe vor, die Schalke 04 retten und Ralf Rangnick engagieren möchte. Mit dabei: der frühere Spieler Ingo Anderbrügge.

Von Philipp Selldorf, Essen

Dass die Zeit drängt beim FC Schalke 04, das hat der Verein am Mittwoch mit der Pressemitteilung Nummer 54/2021 zu erkennen gegeben. Das Kommuniqué war als Erfolgsmeldung konzipiert und trug den Titel: "Danny Latza entscheidet sich für Schalke 04". Demnach hat der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler von Mainz 05 beschlossen, zum großen Sorgenkind seiner Heimatstadt zurückzukehren, obwohl er angeblich auch andere Möglichkeiten hatte, seine Karriere fortzusetzen. Und: Latza kostet keine Ablöse. "Das ist in dieser herausfordernden Phase ein positives Zeichen für den gesamten Klub", stellte der kommissarische Schalker Sportchef Peter Knäbel fest.

Knäbel, 54, macht gerade die Arbeit, mit der ihn der Aufsichtsrat des Vereins neulich - nach der Trennung von Sportvorstand Jochen Schneider - bis auf Weiteres beauftragt hat. Er kümmert sich darum, Spieler zu beschaffen, mit denen Schalke in der kommenden Saison in der zweiten Liga bestehen kann. Danny Latza erklärte, es mache ihn "unheimlich stolz", bald wieder für jenen Verein zu spielen, wo seine Bundesligakarriere begonnen hatte, er wolle "mit anpacken, damit wieder erfolgreichere Zeiten anbrechen".

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Retter-Gemeinschaft oder Verschwörer? Die Gruppe, die Ralf Rangnick zurück zu Schalke 04 bringen möchte, wird sich an diesem Mittwoch vorstellen.

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Die Frage ist, wer den Klub in diese Zeiten führen wird. Knäbel könnte schon bald einen neuen Auftraggeber bekommen. Schon am Mittwoch sollte Aufsichtsratschef Jens Buchta mit Ralf Rangnick ins Gespräch kommen, den eine auswärtige Initiative von Schalke-Freunden kontaktiert hatte, um ihn für ein drittes Engagement in Gelsenkirchen zu gewinnen. Was daraus entstehen könnte, ist einstweilen noch völlig offen, könnte aber die Dinge beim designierten und deprimierten Bald-Absteiger in großem Stil ins Rollen bringen.

Danny Latzas motivierte Rückkehr zu den Ursprüngen passt in die paradoxe Stimmung, die den Klub in diesen Tagen umgibt. Einerseits herrscht die Trübsal über den grotesken sportlichen Niedergang und die bevorstehende Deklassierung, andererseits hat im Schalker Volk eine Art Frühlingserwachen eingesetzt. Latza ist nicht der Einzige, der mit anpacken will - im Umfeld des Vereins haben sich eine Menge Menschen aufgemacht und zusammengetan, um Schalke zu unterstützen. Die handelnden Personen im Verein sind nun in der nicht gerade unkomplizierten Situation, die Angebote zur tätigen Mithilfe mit den aktuellen praktischen Erfordernissen zu verbinden. Für den stellvertretenden Manager Knäbel stellt sich nun zum Beispiel die Frage: Hätte auch Ralf Rangnick Danny Latza engagiert?

Auch Aufsichtsratschef Jens Buchta hat sich mit Vertretern der Gruppe getroffen

Die Nachricht von Rangnicks möglicher Rückkehr hat in den vergangenen Tagen nicht nur die Fantasie der Anhänger beflügelt, sondern auch Unruhe und Unfrieden ausgelöst. Auf die externe Gruppe, die den Ex-Trainer angesprochen hatte, reagierten die gewählten Offiziellen um den Aufsichtsratschef und Rechtsanwalt Buchta misstrauisch und abwehrend. Man fürchtete umstürzlerische Umtriebe des vermeintlich geheimen Bündnisses.

Doch auch an dieser Stelle ist mehr Klarheit entstanden. Buchta und sein Stellvertreter Peter Lange haben sich am Mittwochnachmittag mit den beiden Sprechern der Initiative getroffen. Von einer mysteriösen Loge kann ohnehin keine Rede mehr sein. Die Akteure stellten sich am Mittwoch in der Firmenzentrale des Schalke-Sponsors Harfid Hadrovic in Essen der Öffentlichkeit vor. Es handele sich um eine bunte Mischung aus "ganz normalen Schalkern", wie sich der SPD-Politiker und ehemalige Hertener Bürgermeister Uli Paetzel ausdrückte, hauptberuflich nun Vorsitzender der "Emschergenossenschaft Lippeverband".

Zur Gruppe gehören ehemalige Funktionäre, Mitarbeiter und Manager von Schalke 04, der frühere Profi Ingo Anderbrügge, Sympathisanten und Geschäftsleute wie der Medienunternehmer Jörg Grabosch. Den Kontakt mit Rangnick hatte Bodo Menze hergestellt, einst langjähriger Leiter der Nachwuchsabteilung, Ehrennadel-Träger, anerkannter Ur-Schalker - ein Mensch, der die gute Seele des Vereins verkörpert. "Wir sind keine Opposition", hob Paetzel hervor, "wir wollen helfen, damit der Verein wieder auf die Beine kommt."

Dass der Vereinsvertreter Buchta anfangs der Woche Zweifel am Idealismus der Gruppe angemeldet hatte, soll der Zusammenarbeit nicht im Wege sein. "Wir lassen das alles hinter uns", sagte Paetzel, 49. Das Ziel, Ralf Rangnick zu gewinnen, soll die Fraktionen verbinden. Paetzel äußerte aus den bisherigen Kontakten zum umworbenen Ex-Trainer den Eindruck, er habe "ein hohes Interesse daran, langfristig etwas aufzubauen auf Schalke". Er habe auch "keine fantastischen Forderungen" an den Finanzrahmen für ein etwaiges Engagement gestellt, "sondern Summen, die erlauben, ein hohes Zweitliga-Budget aufzustellen".

Dass nun eine schnelle Entscheidung erforderlich ist, darüber sind sich alle Beteiligten im Verein und außerhalb des Vereins einig. Rangnick hat offenbar bereits Vorstellungen skizziert, welche Spieler Schalke künftig helfen könnten. Knäbel sollte wohl vorerst abwarten, bevor er weitere Zugänge anwirbt.

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