FC Schalke 04:Uth denkt schon wieder an Fußball

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Mark Uth wird in Augsburg vom Feld getragen. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Schalke ist nach dem wohl gespenstischsten Moment der Saison erleichtert, dass es Mark Uth gut geht. Trotz Spiel 27 ohne Sieg nimmt Trainer Baum positive Erkenntnisse aus der Partie mit.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Es war schließlich auch Mark Uth selbst, der am Abend eines Tages, an dem er auf dem Fußballplatz sein Bewusstsein verlor, eine Gehirnerschütterung erlitt und ins Krankenhaus gefahren wurde, schon wieder an Fußball dachte. "Mark konnte die letzten Minuten am Fernseher verfolgen und hat sich natürlich tierisch geärgert", berichtete Manuel Baum, der Trainer des FC Schalke 04, nach dem 2:2 beim FC Augsburg, in dem die Schalker in der dritten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich hinnehmen mussten, damit Tabellenletzter der Bundesliga blieben und im 27. Spiel hintereinander sieglos.

Baum, 41, seit neun dieser sieglosen Spiele Schalker Coach, hat am Sonntag einige Erkenntnisse über den Zustand seiner Mannschaft gewinnen können. Natürlich nehme er das Positive aus dem Spiel mit, vor allem, "dass es Mark gut geht", sagte er auf Nachfrage in der Pressekonferenz. Doch zuvor verriet die Begegnung auch viel über den Umgang des Fußballs mit den Risiken, die der Sport mit sich bringt. Zehn Minuten waren gespielt, da erfuhr dieses vor leeren Rängen stattfindende Geisterjahr im deutschen Fußball seinen vielleicht gespenstischsten Moment: Uth, 29, ging im Mittelfeld nach einem Kopfballduell mit Augsburgs Felix Uduokhai ohne dessen Verschulden zu Boden, verlor noch in der Luft das Bewusstsein, fiel ungebremst auf den Rasen, mit dem Kopf auf den Fuß des Augsburgers Rani Khedira.

Die Spieler wirken geschockt, manche beten

Alle Medizinier im Stadion eilten auf den Platz, die Spieler wirkten geschockt, manche beteten. "Orientierungslos", habe er sich gefühlt, sagte Trainer Baum, "das möchte man nicht miterleben". Schalkes Kapitän Omar Mascarell hielt den Beutel der Infusion, die Uth auf dem Rasen gelegt wurde. Nach zehn Minuten wurde er auf einer Trage fixiert aus dem Stadion gebracht - und dann ging das Spiel weiter.

Uth postete am Abend ein Selbstporträt mit blauem Auge in den sozialen Netzwerken, "mir geht's ganz gut", schrieb er dazu, am Montag wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Bereits zur Halbzeit hatten die Schalker die Meldung verschickt, Uths Zustand sei stabil, der Spieler ansprechbar. Baum erzählte, wie er schon während der Spielunterbrechung auf dem Rasen gesehen habe, dass es Uth "relativ gut ging", zwar habe er den Spieler "blutverschmiert" wahrgenommen, aber mit geöffneten Augen. Diese Erkenntnis genügte den Schalkern, um zu bejahen, als Schiedsrichter Manuel Gräfe nachfragte, ob sie weiterspielen wollen. Augsburgs Trainer Heiko Herrlich sagte, er habe nicht mit einem Wiederanpfiff gerechnet.

Verletzung von Mark Uth
:Nach zehn Minuten wird es ganz still

Das unglückliche Schalker 2:2 in Augsburg gerät zur Nebensache: Mark Uth ist nach einem schlimmen Zusammenprall kurzzeitig bewusstlos. Nach der Partie geben der Spieler und sein Klub eine erste Entwarnung.

Von Sebastian Fischer

Die Prioritäten waren auch in der Nachbetrachtung des Spiels klar, es ging in der Pressekonferenz vor allem um Uth, Baum dankte den medizinischen Abteilungen beider Teams, er lobte Schiedsrichter Gräfe. Die Mannschaft habe für Uth spielen, für ihn die drei Punkte holen wollen, so erklärte er die Fortsetzung der Begegnung. Und spätestens nach der Halbzeit, als die Nachricht vom stabilen Zustand Uths auch in den Kabinen angekommen war, bekämpften sich die Spieler wieder in einer Hemmungslosigkeit, als handele es sich um eine Partie wie viele andere. Wie die Schalker dabei in der Nachspielzeit und in Überzahl den Sieg vergaben, das war die zweite Geschichte des Tages.

"Wir werden auf keinen Fall aufgeben"

Nach dem Eigentor von Suat Serdar, der einen Freistoß des früheren Schalkers Daniel Caligiuri ins eigene Netz verlängert hatte, lieferten die Gäste zumindest in Phasen eine Leistung, die ihren Trainer zufriedenstellen konnte. "Griffig" und "zweikampfstark" habe er seine Mannschaft erlebt, sagte Baum. Benito Raman traf in der 52. Minute zum Ausgleich, in der 61. Minute traf der ebenfalls am Kopf verletzte und bandagierte Nassim Boujellab zum 2:1. Dabei profitierten die Schalker davon, seit der 53. Minute in Überzahl zu spielen nach einem umstrittenen Platzverweis für Stürmer Florian Niederlechner, der seinen Gegenspieler Salif Sané bei einem Zweikampf in der Luft leicht mit der Hand im Gesicht getroffen hatte.

Wie heftig die Augsburger die Schiedsrichterentscheidung kritisierten, das war ob der Vorgeschichte des Tages noch mal sehr gewöhnungsbedürftig, ging am Ende aber in der Schalker Fassungslosigkeit unter. Weil der Tabellenletzte es auch in Überzahl nicht schaffte, seine Defensive zu ordnen, kam der eingewechselte Augsburger Marco Richter frei im Fünfmeterraum zum Kopfball und traf. Bastian Oczipka, als Linksverteidiger Stammspieler jener Abwehr, die in dieser Saison schon 33 Gegentore kassierte, mit Abstand die meisten aller Bundesligisten, lieferte nach dem Abpfiff das anschaulichste Bild zum Schalker Gemütszustand: Mit den Händen vorm Gesicht wanderte er ziellos über den Rasen.

Doch Trainer Baum wollte den Tag nicht unter diesem Eindruck beenden. Ein Spiel über 90 Minuten, die Nachspielzeit nicht mitgerechnet, habe seine Mannschaft nun immerhin schon mal gewonnen. "Wir kommen immer näher ran", sagte er, "wir werden auf keinen Fall aufgeben." Damit in den zwei Spielen bis Weihnachten, gegen Freiburg und Bielefeld, noch ein Sieg gelingt. "Mindestens", sagte er sogar.

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