S04-Krise in der Bundesliga:Schalke schlittert in den Zerfall

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In Gelsenkirchen scheint das große Ganze ins Wanken zu geraten: Zu der Serie von Schalker Misserfolgen in der Liga gehören Auftritte des Teams, die von teilweise erschütternder Armseligkeit waren. Nicht ganz unschuldig an der Lustlosigkeit seiner Mannschaft ist der ebenso uninspirierte Trainer Huub Stevens.

Ein Kommentar von Philipp Selldorf

Kürzlich haben die Schalker an ihre Nachbarn in Dortmund freundliche Glückwünsche zu deren Beförderung im Europacup geschickt, was Dortmunds Chefideologe Hans-Joachim Watzke ausdrücklich als "angenehm" vermerkte. Für den Rest der Welt mag das keine große Sache sein, auch im kalten Krieg sind sich Sowjets und Amerikaner immer wieder mit respektvollen Gesten begegnet, was sie nicht daran hinderte, hinter dem Rücken des anderen böse Politik zu machen.

Aber die Annäherung zwischen Blau-Weißen und Schwarz-Gelben schien zuletzt eine gewisse Qualität zu entwickeln. Während sie in der Champions League siegreich durch Europa zogen, entdeckten die feindlichen Konfessionen ihre brüderliche Herkunft und stellten fest, dass es jenseits von Westfalen eine Konfession gibt, die zum gemeinsamen Gegner taugt.

Schalke und Dortmund vereint gegen die Bayern, das wäre die schöne Legende für einen großen Action-Film gewesen, je nach Standpunkt wären Superhelden auf Superschurken getroffen. Aber der Zeitpunkt, um die Produktion zu starten, ist schon vergangen. Für die Bayern sind Dortmund und Schalke keine Gegner mehr. Zumindest nicht in der Liga.

Bis sie wieder in Europa tätig werden, haben Dortmunder und Schalker erst mal mit sich selbst zu tun, die einen weniger, die anderen deutlich mehr. Es gibt zwar noch andere Gründe als ein paar Schiedsrichter-Irrtümer, dass dem BVB zuletzt Punkte abhandenkamen, aber es bleibt den Borussen immerhin die Gewissheit, dass ihr Fußball nach wie vor in die richtige Richtung geht. Die Schalker hingegen wären froh, wenn ihnen bloß Punkte abhanden gekommen wären.

In Gelsenkirchen scheint das große Ganze ins Wanken zu geraten: Zu der Serie von Misserfolgen in der Liga - ein Sieg in sieben Spielen - gehören Auftritte des Teams, die von teilweise erschütternder Armseligkeit waren. Das Schalke, das 1:3 in Stuttgart verlor, hat mit dem Schalke, das vor sieben Wochen 2:1 in Dortmund gewann, keine Ähnlichkeit. Der umfassende Zerfall ist rätselhaft.

Noch mehr Kummer bereitet die Ahnung, dass aus der kleinen Krise ein großer Störfall werden könnte. Eigentlich hatte man den Trainer nach Huub Stevens ohne öffentlichen Druck auswählen wollen, nun drängt sich lärmend die Frage auf: Kann man den zurzeit bedenklich uninspirierten Stevens entlassen? Natürlich nicht, weil er in Schalke kein Trainer wie jeder andere ist. Ihn gegen die Überzeugung im Amt zu behalten, geht aber natürlich auch nicht.

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:Dreifach-Strafe für eine "super Aktion"

Marcels Schmelzers Abwehr mit den Knien wird zum Aufreger des Wochenendes, Schiedsrichter Wolfgang Stark reagiert immerhin nach der Partie stark. Franck Ribéry gibt gegen Augsburg den großmütigen Monsieur und Juan Arango liefert mit einem krummen Schuss ein Vorbild für Algebra-Enthusiasten.

Die Elf des Spieltags

Wie froh wären die Schalker, wenn sie ihre finsteren Gedanken auf die feindlichen Nachbarn lenken dürften.

© SZ vom 10.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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