Zum Karriereende von Roger Federer:Stilist und Gentleman

Wer Tennis mag, muss das Spiel von Roger Federer lieben. Der Schweizer hat alles gewonnen - auch die Herzen der Fans und Ästheten. Seine Karriere in Bildern.

Von Jonas Beckenkamp

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(Foto: dpa)

Wer sich seit der Jahrtausendwende ein wenig mit Tennis beschäftigt hat, kommt an Jubelbildern von Roger Federer nicht vorbei. Der Schweizer galt vielen mehr als ein Jahrzehnt lang als der bester Tennisspieler der Welt. Gegen Ende seiner Karriere bröckelte dieser Status zunehmend, Verletzungen zwangen ihn zu Pausen. Auf seine Erfolgsliste hat es jüngst kaum noch ein (großer) Titel geschafft - trotzdem ist sie lang wie bei kaum einem anderen Profi. Nun hat der Schweizer sein Karriereende verkündet. Doch Roger Federer geht nicht nur als großer Sieger, er war immer auch ein Stilist, ein Gentleman und ein perfekter Botschafter seines Sports.

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(Foto: imago sportfotodienst)

Angefangen hat seine Profi-Laufbahn im Jahr 1998. Damals posierte der gebürtige Basler noch recht schüchtern mit seinen Eltern im heimischen Tennisklub. Federer gewann damals erst das Nachwuchsturnier in Wimbledon und dann die Jugend-Weltmeisterschaft, schließlich wechselte er mit 17 Jahren auf die ATP-Tour. Akribisch arbeitete der spätere Serien-Champion an seinem Spiel, schon 2000 erreichte er bei den French Open erstmals das Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers. 2001 folgte dann der erste Erfolg auf der Tour: Federer gewann das ATP-Turnier in Mailand.

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(Foto: REUTERS)

Noch im gleichen Jahr katapultierte sich der junge Schweizer plötzlich in die Elite der Welt: Erst glänzte er in Perth beim Hopman Cup (im Bild), dann in Wimbledon, wo er das Viertelfinale erreichte, nachdem er sein großes Idol Pete Sampras in fünf Sätzen aus dem Wettbewerb geworfen hatte. Der schüchterne Junge mit dem Zopf war damals längst auch den Experten aufgefallen. Obwohl er "physisch weder ausgereift noch konstant" agierte, sagte Tennis-Oldie John McEnroe schon damals über ihn: "Er kann jeden Schlag. Er wird ein ganz Großer."

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(Foto: imago/H.J.D. Production`s)

Federers Erfolg gab McEnroe schließlich recht. Im Jahr 2003 feierte der Schweizer seinen bis dahin größten Triumph. Nach Turniersiegen in München, Halle und Rom gewann er das Finale in Wimbledon in drei Sätzen gegen den Australier Mark Philippoussis - es war sein erster Erfolg bei einem Grand Slam. Schon damals begeisterte Federer mit seinem eleganten und technisch ausgereiften Spiel. Bis heute gibt es auf der Tour keinen Akteur, der so perfekte Rückhandbälle übers Netz zaubern kann.

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(Foto: N/A)

Federer war jetzt an der Spitze angekommen: Nach seinem Sieg bei den Australian Open im Januar 2004 stand er erstmals auf Platz eins der Weltrangliste. Er sollte diese Position für die kommenden vier Jahre nicht mehr abgeben. Noch im selben Jahr triumphierte er unter anderem in Wimbledon, bei den US Open und beim Masters in Houston. Mitverantwortlich für die bemerkenswerte Reife des damals erst 22-Jährigen war wohl auch der Trainerwechsel von Peter Lundgren zu Tony Roche. Gleich viermal bekam Federer den Laureus World Sports Award, eine Art Oscar des Spitzensports. Allein in Wimbledon siegte er zwischen 2003 und 2007 fünf Mal.

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(Foto: dpa/dpaweb)

Ähnlich stark wie in Wimbledon präsentierte Federer sich in New York bei den US Open. Von 2004 bis 2008 sicherte er sich jedes Jahr den Titel. Längst war Federer zu diesem Zeitpunkt auch zur Werbe-Ikone und zum gefragten Interview-Partner geworden. Stets zuvorkommend, freundlich und mehrsprachig trat er auf - und eroberte die Herzen der Tennis-Fans scheinbar mühelos. Und auch für die Fachwelt gab es überhaupt keinen Zweifel an seiner Klasse: "Verletzung oder Krankheit ausgeklammert, bleibt Roger Federer mit Abstand der Weltbeste auf Zeit. Eine echte Nummer eins plus," hieß es 2007 in der Neuen Zürcher Zeitung.

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(Foto: Getty Images)

2008 erlebte Federer dann eine schmerzhafte Niederlage: Ausgerechnet bei seinem Lieblingsturnier in Wimbledon verlor er ein episches Finale gegen Rafael Nadal, der bis dahin als reiner Sandplatz-Spezialist gegolten hatte. Der junge Spanier war damit endgültig zum härtesten Rivalen des Schweizers aufgestiegen und immer mehr Leute waren der Meinung, dass Nadal von nun an das Welttennis dominieren würde. Federer hatte zu diesem Zeitpunkt bereits fast alles gewonnen, nur ein Titel fehlte ihm noch: die French Open. Immer wieder tat er sich auf Sand jedoch schwer, wie hier gegen Nadal bei einem Turnier in Monaco.

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(Foto: AFP)

Doch Federer gab seinen Traum, alle vier Grand Slams zu gewinnen, nicht auf - und 2009 war es endlich so weit: Weil Nadal überraschend schon im Achtelfinale gescheitert war, konnte der Schweizer schließlich auch bei den French Open jubeln. Im Finale besiegte er Nadal-Bezwinger Robin Söderling in drei Sätzen und stieg in der Weltrangliste erneut auf Platz eins, nachdem Nadal ihm diese Position zeitweise streitig gemacht hatte. "So glücklich war ich noch nie", sagte Federer damals. "Jetzt kann ich frei aufspielen bis zum Ende meiner Karriere. Da ist eine große Last weg."

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(Foto: dpa)

Sein privates Glück hatte Federer da schon längst gefunden. Mit seiner Frau Mirka freute er sich im Sommer 2009 über die Zwillinge Charlene Riva und Myla Rose. 2014 bekam das Paar dann erneut Zwillinge, dieses Mal zwei Jungs, denen sie die Namen Leo und Lenny gaben. Sportlich setzte Federer in Wimbledon noch einen drauf: 2009 gewann er erneut in London, es war sein insgesamt fünfter Titel auf dem englischen Rasen. Und auch wenn Nadal und der Serbe Novak Djokovic ihn immer mal wieder bezwingen konnten: Die Federer-Ära war noch lange nicht vorbei. Der Schweizer gewann 2010 erneut die Australian Open, ehe ihn eine Lungenerkrankung ihn zurückwarf. Doch er kämpfte sich zurück und kletterte zum Jahresende 2010 wieder bis auf Platz zwei der Weltrangliste.

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(Foto: AFP)

2011 war für Federer ein mäßig erfolgreiches Jahr. Erstmals seit 2002 gewann er kein einziges der vier großen Turniere der Welt. Doch schon 2012 sollte es erneut klappen. Wieder reckte er am Ende den Pokal in Wimbledon in die Höhe, diesmal schlug der den Schotten Andy Murray. Es war sein siebter Titel im Königreich, ebenso oft gewann an der Church Road nur Pete Sampras. Wie wohl er sich in London fühlt, demonstrierte Federer dann auch bei den Olympischen Spielen. Der Schweizer schaffte es bis ins Endspiel, wo er erneut auf Murray traf, diesem aber den Sieg nicht streitig machen konnte.

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(Foto: Getty Images)

Das Jahr 2013 lief für Federer überraschend schlecht. Oft erreichte er bei Turnieren das Viertel- oder Halbfinale (wie hier bei den Australian Open), aber erst in Halle feierte er dank eines Dreisatz-Sieges gegen Michail Juschni wieder einen Erfolg. Es folgte das frühe Zweitrunden-Aus in Wimbledon, kurz darauf die Pleite im Achtelfinale der US Open. Doch Federer wollte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschreiben lassen. Der Schweizer beteuerte, er habe noch viel vor.

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(Foto: Getty Images)

Und in der Tat lief es im darauf folgenden Jahr wieder sehr viel besser, auch weil er seine Rückenprobleme ausgestanden hatte. Federer holte sich nicht nur die Titel in Dubai und Halle, sondern noch viel wichtiger: Stefan Edberg an seine Seite. Der frühere Weltklassespieler sollte ihm mindestens zehn Wochen im Jahr als Co-Trainer zur Seite stehen. Und der Schwede schien den Schweizer wieder inspiriert zu haben: In Wimbledon erreichte Federer mit verblüffender Leichtigkeit das Finale gegen Novak Djokovic, wo er schließlich unterlag. Auch in Flushing Meadows erreichte er das Halbfinale, ein weiterer Grand-Slam-Titel blieb jedoch aus.

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(Foto: dpa)

Federers Trainingsarbeit mit Edberg zahlte sich aus: Nach schleppendem Start ins Jahr 2015 wurde der Schweizer immer besser. Erst erreichte er das Viertelfinale bei den French Open und dann drei große Finals: Wimbledon, die US Open und das Masters in London. Der große Triumph jedoch bliebt aus, den einen weiteren Federer-Moment sollte es nicht geben. Häufig hieß sein Nemesis nun: Novak Djokovic (vorne im Bild), der sich zu dieser Zeit in der Form seines Lebens befand.

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(Foto: Clive Brunskill/AP)

Mit dem Jahreswechsel 2015/16 endete die Partnerschaft zwischen Federer und Trainer Edberg. "Ich möchte meinem Kindheitsidol Stefan Edberg nach zwei äußerst erfolgreichen Jahren dafür danken, sich meinem Team angeschlossen zu haben", sagte Federer: "Es war für mich wie ein Traum, der in Erfüllung ging." An seine Stelle rückte (neben Federers erstem Coach Severin Lüthi) der Kroate Ivan Ljubicic. Mit diesen Veränderungen im Trainerteam erlebte Federer ein Jahr zwischen großen Momenten und harten Verletzungen. Erst tat er sich auf kuriose Weise im Badezimmer weh (er hatte mit seinen Töchtern gespielt), dann beendete er schon im Sommer die Saison wegen Kniebeschwerden. Zwei große Halbfinals erreichte er trotzdem: das der Australian Open und in Wimbledon, wo er jedoch beide Male unterlag.

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(Foto: AFP)

Immer weiter rücken seitdem seine großen Tage in die Vergangenheit, aufgeben aber kommt für den Schweizer scheinbar nicht infrage. In Melbourne präsentiert er sich bei den Australian Open 2017 fit wie lange nicht. Federer, mittlerweile Gewinner von 17 Grand-Slam-Turnieren, ist aus seiner langen Pause gestärkt hervorgegangen - und spielt großes Tennis. Im Halbfinale setzte er sich in einer Partie mit zwei irren Wendungen gegen seinen Freund Stan Wawrinka 7:5, 6:3, 1:6, 4:6, 6:3 durch. Im Finale gewann er schließlich in fünf Sätzen gegen Rafa Nadal und geht danach auf die Knie. Fünf Jahre nach seinem Sieg in Wimbledon gewinnt er noch einmal ein Grand-Slam-Turnier.

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(Foto: AP)

Und noch im gleichen Jahr folgt schließlich die Krönung seiner Karriere auf seinem Lieblingsbelag: In London holt Federer seinen achten Wimbledon-Titel und zieht damit in der Gesamtwertung an Pete Sampras vorbei, der sieben Mal an der Church Road gewinnen konnte. Mit 6:3, 6:1 und 6:4 besiegt Federer den Kroaten Marin Cilic fast mühelos. Das Wimbledon-Finale gerät zu einer Machtdemonstration des Schweizers, der unter Beweis stellt, dass er der beste Rasenspieler der Geschichte ist - und der erfolgreichste Wimbledon-Spieler aller Zeiten. Nun auch offiziell.

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(Foto: Getty Images)

Das Jahr 2017 beendet er mit zwei Grand-Slam-Siegen und einigen Turnier-Erfolgen. Federer ist so stark, dass man ihm sein Alter (36) kaum glaubt. Trotz des Viertelfinal-Aus bei den US-Open ist er wieder der beste Federer. Und dann folgt gleich zu Beginn von 2018 sein insgesamt 20. Major-Titel: In Melbourne spielt Federer erneut zwei Wochen überragendes Tennis, im Endspiel bezwingt er Martin Cilic in einer umkämpften Partie. Es folgen Tränen, große Worte und immer wieder rückt diese Zahl in den Fokus: 20. Was für eine Leistung.

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(Foto: Karim Sahib/AFP)

Der Triumph in Australien soll der letzte von Federer bei einem Grand-Slam-Turnier werden. Was aber nicht heißt, dass der Schweizer das Gewinnen einstellt. In Dubai feiert er 2019 seinen 100. Turniererfolg - nach Jimmy Connors ist er der zweite Spieler, dem das in der Open Era gelingt. Insgesamt sammelt Federer 103. Titel ein.

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(Foto: imago images / Action Plus)

2019 liefert sich Federer mit Novak Djokovic im Wimbledon-Finale ein Match für die Geschichte. 4 Stunden und 57 Minuten ringen die beiden um den Titel. Ein längeres Endspiel hat der Rasen in London nicht erlebt. Ein Happy End gibt es für Federer jedoch nicht in seinem Wohnzimmer, er unterliegt im Entscheidungssatz im Tiebreak.

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(Foto: AFP)

Wenig später macht ihm sein rechtes Knie zunehmend zu schaffen. Im Februar 2020 lässt er sich operieren, kehrt erst nach 14 Monaten Pause zurück. Sein Comeback fällt kurz aus, zwar erreicht er in Paris noch das Achtel- und in Wimbledon das Viertelfinale, doch danach folgt die nächste Operation. Seine Leidenszeit endet nie richtig, deswegen zieht der Schweizer im September 2022 die Konsequenzen und beendet seine Karriere: "Zum Schluss, an das Tennisspiel: Ich liebe Dich und werde Dich nie verlassen", schreibt er in einer Mitteilung.

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