Remis zwischen Dortmund und Stuttgart:Acht Tore, aber kein Sieger

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Es ist ein Spiel, das alle Beteiligten staunend zurücklässt: 4:4 trennen sich der deutsche Meister und der VfB Stuttgart. Erst in der Nachspielzeit setzt Gentner den Schlusspunkt in einer denkwürdigen Partie - die Schwaben sind der gefühlte Sieger. Dortmund verliert zwei wichtige Punkte im Kampf um die Meisterschaft.

Die letzten Karten für das Saisonfinale von Borussia Dortmund gegen den SC Freiburg sind weg. Sie wurden unter der Woche verlost - unter 160.000 Bewerbern. Der Andrang auf die Tickets war so groß, weil die Hoffnung in der BVB-Gemeinde wächst, dass am 5. Mai das zweite Jahr in Folge die Meisterschale im Signal Iduna Park präsentiert wird. Hätte im Vorfeld jemand geahnt, was für ein Spektakel das Freitagabendspiel am 28. Spieltag zwischen der Borussia und dem VfB Stuttgart bereithalten würde, der deutsche Meister hätte sich vor Kartenanfragen nicht retten können.

Dormtunds Trainer Jürgen Klopp mit erhöhtem Puls: Acht Tore sieht der BVB-Trainer in einem spektakulären Spiel. (Foto: dpa)

"Für so ein Spiel lohnt es sich, Trainer zu sein", erklärte Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia. In einer hochdramatischen Schlussphase hat Dortmund mit dem 4:4 (1:0) gegen den VfB seine Serie von nun 22 Spielen ohne Niederlage ausgebaut - aber mit dem Remis nach Führungen von 2:0 und 4:3 einen Rückschlag im Meisterschaftskampf einstecken müssen. Christian Gentner entriss dem BVB mit seinem Ausgleichstor in der Nachspielzeit den Sieg.

Mats Hummels (81.) und Ivan Perisic (87.) hatten den BVB nach dem 2:3-Rückstand wieder auf Kurs gebracht. Nach Toren von Vedad Ibisevic (71.) und Julian Schieber (77./79.) standen die Schwaben zwischenzeitlich schon dicht vor einer Sensation. Shinji Kagawa (33.) mit seinem zwölften Saisontor und Jakub Blaszczykowski (49.) hatten die Dortmunder vor 80.720 Zuschauern 2:0 in Führung gebracht. "Ein solches Spiel mit diesen Führungswechseln habe ich auch noch nicht erlebt", staunte BVB-Trainer Jürgen Klopp.

Kagawa scheitert zunächst an Ulreich

Seine Elf lieferte eine weitere Demonstration ihrer spielerischen Klasse. Einziges Manko bei dem Offensivfeuerwerk war die erneut mangelhafte Chancenauswertung der Dortmunder. "Wir müssten drei, vier Tore gemacht haben", bemängelte BVB-Sportdirektor Michael Zorc zur Pause. Ab der 70. Minute gerieten die Dortmunder bei zunehmendem Druck der Gäste allerdings arg ins Schwimmen. Der VfB war lange Zeit vor allem mit Abwehrarbeit beschäftigt und konnte nach vorne erst spät Akzente setzen.

Die Borussen knüpften da an, wo sie vor Wochenfrist beim 6:1 in Köln aufgehört hatten. Mit schnellem, druckvollen Spiel wurde der VfB sofort in die Defensive gedrängt. Vor allem gegen Kagawa fanden die Stuttgarter kaum ein Mittel. Der Japaner zielte nach 85 Sekunden knapp daneben, wenig später verhinderte Gäste-Keeper Sven Ulreich mit einer Blitzreaktion noch Kagawas zwölften Saisontreffer (5.).

Bruno Labbadias Elf gelang es zunächst noch, sich aus der Umklammerung zu lösen und selbst offensive Akzente zu setzen. Der Ex-Dortmunder Tamas Hajnal (9.) und Julian Schieber (19.), der frei vor dem Tor in Rücklage geriet, verpassten eine mögliche Stuttgarter Führung. Verdient wäre sie nicht gewesen, denn unter der Regie von Kagawa und Ilkay Gündogan spielte sich der BVB eine hochkarätige Chance nach der anderen heraus. Pech und Unvermögen standen dem 1:0 im Wege. Erst schoss Lewandowski im Strafraum Gotoku Sakai an (16.), dann rettete Georg Niedermeier mit dem Kopf auf der Linie, nachdem der Pole Ulreich schon umkurvt hatte (21.) - schließlich drosch Kevin Großkreutz den Ball an die Querlatte (24.).

Sechs Tore in der Schlussphase

Doch als Sebastian Kehl, der für Sven Bender in die Dortmunder Elf gerückt war, den Ball per Kopf Kagawa vorlegte, waren Ulreich und seine Vorderleute gegen den Schuss des Japaners aus kurzer Distanz machtlos. Das Offensivspektakel der Hausherren setzte sich zu Beginn der zweiten Spielhälfte fort. In der 48. Minute stand der Pfosten beim Schuss von Lukasz Piszczek dem 2:0 im Weg, doch 60 Sekunden später ging es wieder zu schnell für den VfB: Hummels' Diagonalpass verwertete Blaszczykowski.

Der Pfostenschuss von William Kvist (63.) sorgte dann für eine Schrecksekunde bei den Gastgebern, die sich nun die eine oder andere Nachlässigkeit in der Defensivarbeit leisteten und den Gegner damit förmlich einluden. Nach dem Anschlusstreffer von Ibisevic, der eine Vorlage von Niedermeier nutzte, geriet der Meister mächtig ins Wanken, ehe sich in der Schlussphase die Ereignisse überschlugen. Sechs Tore innerhalb von 19 Minuten - besonders über den späten Ausgleichstreffer dürfte man sich in München gefreut haben.

Dortmund vergab damit die Chance, seinen Vorsprung auf die Bayern bis Samstag auf acht Punkte auszubauen. Dennoch sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp: "Für mich ist das ein Punktgewinn. Das Unentschieden ist verdient." Angesprochen auf den aktuellen Lauf der Borussia hatte Klopp unter der Woche erklärt: "Von mir aus könnte die Saison noch 20 Spiele weitergehen." Nach so einem Spiel dürfte er viele Anhänger für diese Idee finden.

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