Relegation:Als der Abstieg feststeht, fliegen die Fackeln

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Szenen, die niemand sehen möchte: Als der Aufstieg des FCK feststeht, fliegt Feuerwerk aus dem Dresdner Fanblock. (Foto: Ronny Hartmann/Getty Images)

Inmitten des Dresdner Hexenkessels schafft Drittligist Kaiserslautern durch den 2:0-Sieg im Rückspiel den ersehnten Aufstieg. Dynamo muss runter - und die Fans lassen ihrem Frust freien Lauf.

Von Christoph Ruf, Dresden

Die Lauterer Fans hatten sich die Lunge aus dem Leib geschrien und in der turbulenten Schlussphase jeden Einwurf des FCK und jeden weggeschlagenen Ball lautstark bejubelt, ehe nach dem 0:2 durch Philip Hercher (90.+2.) endgültig alle Dämme brachen - leider allerdings nicht nur im Gästeblock.

Während 3000 FCK-Fans den Aufstieg des viermaligen Deutschen Meisters in die zweite Liga feierten, warfen die Dynamo-Fans Bengalfackeln auf den Rasen und zündeten Kanonenschläge. An mehreren Stellen im Dresdener Block wurden Transparente verbrannt, das Spiel war minutenlang unterbrochen, ehe Referee Daniel Siebert die Partie fortsetzte und regulär zu Ende brachte.

Die Spieler des 1. FC Kaiserslautern feiern die Rückkehr in die zweite Liga. (Foto: Ronny Hartmann/Getty Images)

Und als eine Ordnerkette mit einer gespannten Schnur in Höhe der Mittellinie eine Reihe von Dresdener Fans möglicherweise davon abhielt, auf den Platz zu stürmen, und währenddessen weiter vereinzelt Feuerwerk auf den Rasen geworfen wurde, dürfte manchem Dynamo-Funktionär geschwant haben, dass zum Ärger über den Abstieg aus der zweiten Liga viele weitere unangenehme Fragen auf sie zukommen dürften. Und diese werden nicht mit der sportlichen Situation, sondern mit der Eskalation auf den Rängen zu tun haben.

Die Lauterer hingegen waren überglücklich. "Das ist ein geiles Gefühl. Die ganze Region hat danach gelechzt", sagte FCK-Trainer Dirk Schuster bei SAT.1: "Wir haben alles in das Spiel hinein gefeuert und ich bin sehr stolz, dass wir den Menschen dieses Geschenk machen konnten."

Im Hinspiel belauerten sich beide Teams - im Rückspiel wird endlich gestürmt

Dabei waren es die Gastgeber, die nach Anpfiff im entscheidenden Relegations-Rückspiel gleich temperamentvoll loslegten. Schon in der fünften Minute sahen die 30.530 Fans einen Schuss von Dynamos Stürmer Christoph Daferner, der Lautern-Keeper Matheo Raab gleich ins Spiel brachte. Kurz darauf prüfte ihn Ransford-Yeboah Königsdörffer mit einem weiteren Schuss (15.). Die schwächste Offensive der abgelaufenen Zweitliga-Saison tat also schon zu Beginn alles, um zu zeigen, dass sie es besser machen wollte als in den 17 Rückrunden-Spielen, in denen den Sachsen kein einziger Sieg gelang.

Und da auch Lautern durch einen Kopfball von Terence Boyd, den Königsdörffer vor der Linie wegschlug (11.), auf sich aufmerksam machte und Mike Wunderlich Dynamo-Keeper Kevin Broll mit einem scharfen Schuss von der Strafraumkante prüfte (19.), blieb der Puls in beiden Fanlagern hoch. Schon zu diesem Zeitpunkt, also nach weniger als einem Viertel der Partie, gab es mehr erfolgversprechende Torabschlüsse zu notieren als im gesamten Hinspiel.

Sein wichtigster Treffer? Daniel Hanslik (Mitte) bringt den FCK in Dresden in Führung. (Foto: Ronny Hartmann/Getty Images)

Am vergangenen Donnerstag waren noch beide Seiten bei einem 0:0 der weniger unterhaltsamen Art ausschließlich darauf bedacht gewesen, Gegentore zu vermeiden. Und während Lautern auch diesmal eine Halbzeit lang vor allem auf Konter lauerte, setzte Dynamo das Versprechen seines Trainers Guerino Capretti um, mutiger und offensiver zu spielen als im Hinspiel, in dem beide Fanlager vor ausverkauftem Haus für den stimmungsvollen Rahmen eines sportlich extrem biederen Ereignisses gesorgt hatten.

Am Dienstagabend passte nun die um keinen Deut weniger emotionale Atmosphäre bestens zum Geschehen auf dem Rasen. Da kurz vor Ende der ersten Hälfte Königsdörffer aus zehn Metern nur das Außennetz traf und darauf Michael Sollbauer einen Schuss übers Lauterer Tor setzte (45.), blieb es zur Halbzeit bei einem 0:0, das aus Sicht des FCK schmeichelhaft war. Deren neuer Trainer, der gebürtige Sachse Dirk Schuster, gilt bekanntlich als Defensiv-Liebhaber, und zumindest im ersten Durchgang tat Lautern nach den beiden Chancen zu Beginn der Partie wenig zur Image-Korrektur.

Kurz nach der FCK-Führung vergibt Dynamo eine Doppelchance

In der zweiten Hälfte nahm die Partie auch deshalb an Fahrt auf, weil Lautern nun aktiver wurde und prompt eine Riesenchance bekam: Boyd, der in 13 Drittligaspielen für den FCK achtmal getroffen hatte, zwang Broll mit einem Kopfball zu einer Glanztat (58.), ehe die Gäste zwei Minuten später in Führung gingen: Daniel Patrick Hanslik traf nach schöner Kombination über Ritter und Wunderlich unhaltbar ins kurze Eck (60.) und nährte so die Pfälzer Hoffnungen, nach vier Jahren der Drittklassigkeit wieder in die zweite Liga zurückkehren zu können.

Doch zunächst galt es noch jede Menge Dresdner Angriffe zu überstehen. Unmittelbar nach dem Führungstreffer hatten die Gastgeber eine Doppelchance durch Daferner und Patrick Weihrauch (66.), ehe ein Freistoß von Batista Meier folgte, den Raab mit den Fingerspitzen über die Latte lenkte (71.). Die Atmosphäre wurde nun hitziger - auch beim Dynamo-Anhang, der aufstöhnte, als Panagiotis Viachidomos in der 86. Minute eine weitere gute Chance auf den Ausgleich vergab. Und dann machte Hercher mit dem zweiten Lauterer Treffer alle Dresdner Hoffnungen auf den Klassenerhalt zunichte. Die Ereignisse nach dem Schlusspfiff dürfte nun für die sportlich gebeutelte SG Dynamo aus Dresden weitere negative Schlagzeilen und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.

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