2:3 gegen Real Madrid:Union verabschiedet sich in Würde

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Robin Gosens, vergangenes Jahr noch mit Inter im Champions-League-Finale, verlässt mit Union nun den Europapokal. (Foto: Matthias Koch/Imago)

Tapfere Köpenicker leisten Real Madrid lange Zeit Widerstand und gehen sogar in Führung. Am Ende unterliegen sie jedoch mit 2:3 - und verpassen den Einzug in die Europa League. Torwart Frederik Rönnow erwächst zu einem Giganten.

Von Javier Cáceres, Berlin

Der 1. FC Union Berlin hat die erste Champions-League-Teilnahme seiner Vereinsgeschichte mit einer Niederlage, aber in großer Würde beendet. Beim letzten Gruppenspiel unterlagen die Köpenicker dem spanischen Rekordmeister Real Madrid mit 2:3. Sie verfehlten damit auch den angestrebten Einzug in die Europa League, da sie nur bei einem Sieg am portugiesischen Vertreter Sporting Braga vorbeigezogen wären.

Doch es blieb der Eindruck einer Mannschaft zurück, die dem großen Real Madrid alles abverlangt hatte, so wie schon im ersten Königsklassenspiel im Bernabéu-Stadion im September. Positiv ausgedrückt: Der 1. FC Union kann sich im kommenden Jahr uneingeschränkt auf den Abstiegskampf in der Bundesliga konzentrieren.

Luka Modric verschießt einen Elfmeter

Es wird ein nicht aufzulösendes Rätsel bleiben, welch Verwandlung der 1. FC Union noch jedes Mal erfahren hat, wenn er in der Champions League aufgetreten ist. Auch am Dienstag war das gegen Real Madrid so, der bekanntlich der Hegemon der Champions League schlechthin ist. Ja, der Coach der Madrilenen, der Italiener Carlo Ancelotti, hatte so viel rotiert, dass man schwerlich von einer besten Elf sprechen konnte. Zum ersten Mal seit 2019 standen sechs Spanier in der Startelf. Aber auch der 1. FC Union hatte wenig mit dem Team zu tun, das bis zum vergangenen Samstag sagenhafte 16 Spiele ohne Sieg aneinandergereiht hatte.

Ganz im Gegenteil: Union begann das Spiel, als wollte es dem kürzlich verstorbenen Sänger der irischen Punkband The Pogues, Shane MacGowan, eine fußballerische Hommage widmen. Denn es war, als wollten die Köpenicker die Partie auf ex austrinken wie MacGowan einst die Pints in den Pubs.

Nach 55 Sekunden musste Madrids Torwart Kepa gegen Kevin Behrens retten, und in der zweiten Minute war Paul Jaeckel kurz davor, den Ball aus kurzer Distanz ins Tor zu bugsieren. Erst nach und nach begannen die hochfavorisierten Madrilenen, den Ball mit großer Sicherheit durch ihre Reihen laufen zu lassen - und sich Chancen zu erspielen. Jude Bellingham scheiterte nach einem schönen Chip-Ball von Lucas Vázquez an Torwart Rönnow; in der 16. Minute setzte Mittelstürmer Joselu nach Flanke von Fran García einen Kopfball an die Querlatte; Valverde setzte einen Freistoß aus 23 Metern knapp neben das Tor, und in der 43. Minute vergab Joselu allein vor Rönnow, nachdem Robin Gosens einen katastrophalen Fehlpass in den Union-Strafraum gespielt hatte.

Unions Spieler stehen vor ihren Fans in der Kurve. (Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Die Schlussphase der ersten Halbzeit geriet aus Sicht Berlins so rauschhaft, dass MacGowan seine helle Freude gehabt hätte. Diogo Leite verursachte einen klaren Handelfmeter - ja, so etwas gibt es -, doch der kroatische Weltklasse-Regisseur Luka Modric vergab, für seine Verhältnisse kläglich. Im Gegenzug folgte dann die - zu diesem Zeitpunkt absurde - Führung für Union. Denn nach einem Querschläger von Real-Verteidiger David Alaba setzte sich Kevin Volland gegen Lucas Vázquez durch - und traf. Weil Braga gegen Neapel zurücklag, war es ein Tor, das Union für die Europa League qualifiziert hätte.

Nicht, dass das für Carlo Ancelotti irgendeine Bedeutung gehabt hätte. Aber der ehemalige Bayern-Coach reagierte. Und beorderte Toni Kroos auf den Platz, auf dass er Modric dabei helfe, das Spiel der Madrilenen wieder zu ordnen und Druck zu erzeugen. Sie erreichten es. Aber sie bewirkten auch, dass Unions Torwart Rönnow zu einem Giganten erwuchs.

Der Däne parierte einen Scherenschlag von Lucas Vázquez aus 18 Metern (50.). Vor allem aber war Rönnow zur Stelle, als Rodrygo aus vier Metern aufs Tor köpfelte. Nach einer maßgenauen Flanke von Bellingham riss er geistesgegenwärtig den linken Arm hoch und lenkte den Ball im Stile eines Handballtorwarts über die Querlatte (55.).

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Sechs Minuten später jedoch war Rönnow machtlos. Denn da gewann Joselu nach Flanke einen Luftkampf mit Haken und Ösen gegen Robin Knoche - und setzte den Ball per Kopf zum 1:1 ins Tor. Die Entscheidung hielt der Überprüfung durch den Videoschiedsrichter stand. Der Ausgleich war, wie man bei solchen Gelegenheiten sagt, verdient. Andererseits war es die Art Tor, die im Bernabéu-Stadion von Real Madrid mutmaßlich eher nicht zugunsten einer Gastmannschaft gegeben worden wäre.

Kurz nachdem der Berliner Antonio Rüdiger bei Real Madrid den Rasen betreten hatte, fabrizierte Real Madrid die Führung. Linksverteidiger Fran García, der es unlängst in die spanische Nationalelf geschafft hatte, brach auf der linken Seite durch und flankte an den ersten Pfosten. Und dort stand wieder Joselu, um den Ball neuerlich per Kopf ins Tor zu drücken.

Erwischte eine guten Tag: Unions Torwart Frederik Rönnow parierte stark gegen Real Madrid. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Nun war es Unions Trainer Nenad Bjelica, der reagierte. Paul Jaeckl, Robin Gosens und Rani Khedira mussten bei einem Dreierwechsel Platz für Sheraldo Becker, Alex Kral und Aïssa Laïdouni weichen; kurz danach kamen noch Brendan Aaronson und Christopher Trimmel für Kevin Volland und Josip Juranovic. Union tat tatsächlich einen Schritt nach vorn. Und begab sich auf eine verzweifelte Suche nach einem Ausgleich, der tatsächlich kam - durch einen Flachschuss von Kral aus 18 Metern, der links unten einschlug, unerreichbar für Kepa (85.). Nur ein Tor mehr, und Union hätte in Europa überwintert. Doch kurz nachdem Rönnow bei einem 17-Meter-Schuss von Kroos die Oberhand behalten hatte, zerstörte Dani Ceballos die Hoffnung auf einen Europa-League-Einzug der Unioner - durch einen Flachschuss aus 15 Metern durch die Beine von Roussillon, der unten links einschlug.

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