Real Madrid in der Einzelkritik:Würmer in Münchner Köpfen

Verteidiger Daniel Carvajal durchdringt Franck Ribérys Gedanken, Gareth Bale läuft schneller als der Roadrunner und Rausschmeißer Sergio Ramos feiert seine eigene Fete. Real Madrid beim 4:0 in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Real Madrid in der Einzelkritik

Casillas

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(Foto: AFP)

Verteidiger Daniel Carvajal durchdringt Franck Ribérys Gedanken, Gareth Bale läuft schneller als der Roadrunner und Rausschmeißer Sergio Ramos feiert seine eigene Fete. Real Madrid beim 4:0 gegen die Bayern in der Einzelkritik. Iker Casillas: Steht gefühlt seit 1987 im Real-Tor und hat sie alle erlebt: Die Galaktischen, die Beckhams, die Special Ones. Aber ob er so was schon mal gesehen hat? Es stand schwuppdiwupp 3:0 für seine Mannschaft, dass er gut und gerne noch ein Nickerchen in der Kabine hätte halten können. Stellte sich anstandshalber aber doch in sein Tor und klärte schließlich zwei verzweifelte Schüsschen von Alaba und von Ribery. Könnte nun mit "La Decima" tatsächlich seinen dritten Champions-League-Titel gewinnen - dabei hat man irgendwie den Eindruck, er wäre schon bei allen anderen neun Titeln der Königlichen dabei gewesen.

Real Madrid in der Einzelkritik

Carvajal

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Daniel Carvajal: Als Rechtsverteidiger damit beauftragt, die Nervensäge für Franck Ribery zu spielen. Das klappte vortrefflich: Lieferte sich gleich eine zünftige Zupferei mit dem Franzosen und vermittelte seinem Gegenüber so eindringlich: Du! Kommst! Hier! Nicht! Durch! Kroch mit jeder weiteren Spielminute in Riberys Kopf wie früher der "Wurm" Dennis Rodman seinen Kontrahenten beim Basketball. Carvajal war so ein biestiger Quälgeist, dass Ribery die Nerven verlor und dem Spanier ungeahndet eine langte. Dürfte den Monsieur noch länger in dessen Träumen verfolgen.

Real Madrid in der Einzelkritik

Ramos

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sergio Ramos: Stolzer Andalusier und gleichfalls stolzer Sammler: 19 Platzverweise in neun Jahren als Königlicher sprechen eine deutliche Sprache - wer auf seiner Party keine ungebetenen Gäste will, sollte Ramos als Rausschmeißer rekrutieren. Und wer in München gewinnen will, ebenso: Zertrümmerte früh mit zwei Torpedo-Kopfstößen die Hoffnungen der Bayern. Ausgerechnet er, der vor zwei Jahren im Elfmeterschießen gegen die Münchner mit einem Schuss auf den Mond versagt hatte. Ließ sich nach seinem zweiten Treffer vor der Südkurve feiern, was die Fans zum Schäumen brachte. War diesmal nicht Rausschmeißer, sondern feierte seine eigene Fete.

Real Madrid in der Einzelkritik

Pepe

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(Foto: REUTERS)

Pepe: Stolzer Portugiese und mindestens genauso ein Grobian wie Ramos. Was haben sie ihn nicht schon alles geschimpft: Terrier des Teufels, Scharfrichter oder Schlachtmeister. Beherrscht alle Kniffe aus der Folterbibel des Fußballs: Rempler, Autsch-Tacklings und die berühmte "Nickligkeit". Warf sich mit so großer Lust in diese giftige Partie, dass es fast Spaß machte, ihm zuzuschauen. Pepe gegen Ribery, Pepe gegen Mandzukic, Pepe gegen Robben (mit hübschem Schwanensterben nach Gesichtstreffer) - ach, er hätte am liebsten alle Münchner vermöbelt, es war ein Fest! Könnte bald wieder stolzer Champions-League-Sieger sein (gewann ja bereits mit Porto).

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Coentrao

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(Foto: REUTERS)

Fabio Coentrao: ManUnited, Juventus, Liverpool - sie alle sollen an ihm interessiert sein. Er selbst war jedoch erst einmal daran interessiert, gegen Arjen Robbens Raserei irgendwie Halt zu finden. Gewann dann aber schnell an Sicherheit, es gab ja auch wenig zu tun gegen diese verwirrte Bayern-Elf. Postierte sich diszipliniert in den Laufwegen der Münchner und fand sogar Gefallen an einigen luftigen Vorstößen. Warum sollte einer wie er nach England wechseln, wenn er in Madrid die Champions League gewinnen kann?

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Xabi Alonso

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(Foto: REUTERS)

Xavi Alonso: Dieser Bart! Diese Aura des weisen Schweigers! Diese Übersicht! Auch mit 32 ist der Baske noch ein erhabener Fußball-Ästhet. Inszenierte geschickt die Überfall-Attacken der Madrilenen und wirkte dabei wie einer, der das alles schon geahnt hatte. Warum die Ruhe verlieren? Die Bayern schlagen sich doch eh selbst. Tänzelte beinahe jugendlich durch die Mitte, dirigierte die Kollegen und war sich nicht zu schade für brachiale Wegbolzerei. Ist allein von seinem Auftreten her schon eine Siegertüpe - und das ohne viele Worte. Kassierte allerdings nach einem Foul an Schweinsteiger die Gelbe Karte, ist damit fürs Finale gesperrt.

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Modric

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(Foto: AFP)

Luka Modric: Durfte in seinem 100. Spiel als Königlicher wieder den kleinen General in der Schaltzentrale geben. Trug die längsten Haare auf dem Feld und sah damit aus wie ein Mini-Pavel-Nedved. Und als wäre er wirklich ein Wiedergänger des großen Tschechen, schlug er eine Ecke genau auf den Kopf von Ramos - dessen Kopfball zum 0:1 einschlug. Genoss den Rest des Spiels in Lauerstellung und agierte wie einer, der genau weiß, was er tut: Kluge Zuspiele, präzises Bälleverteilen, souveränes Stellungsspiel. Wer war noch einmal dieser Pavel Nedved?

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Angel di Maria

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(Foto: AFP)

Angel di Maria: Neben Bale und Ronaldo drittes Element der Madrider Expressformation und als solches immer auf der Suche nach Räumen für Sprints. Als dann der Ball einmal ruhte, trat er an und pinselte vor Ramos' Raketenstoß zum 0:2 einen zarten Freistoß in den Sechzehner. Konnte in der Folge genüsslich auf weitere Chancen zur Rennerei warten und musste sich nur einmal ärgern: Als Mandzukic ihn der Schwalbe bezichtigte. Zoffte sich daraufhin gehörig mit dem Kroaten und kam wenigstens auf diese Weise noch einmal in Wallung. Groß Fußballspielen brauchte er gar nicht mehr.

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Gareth Bale

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(Foto: REUTERS)

Gareth Bale: Sprints? Für den Waliser ist die Rennerei quasi wie Spazierengehen: Business as usual. Wenn er loslegt, können selbst Roadrunner, Speedy Gonzalez und Usain Bolt einpacken. Fand sich zu Beginn aber an ungewohnter Stelle wieder: Weit hinten, als Bodyguard für Ribery. Doch diese artfremde Haltung währte nicht lange. Als Bayern zurücklag, durfte er loslegen: Ein Antritt im Turbo-Modus - und es stand 0:3. Führte mehrere Male vor, was er für ein Raketenmann er ist. Mit Ball schneller als alle anderen auf dem Feld. Vielleicht sogar flinker als Roadrunner. Usain Bale eben.

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Cristiano Ronaldo

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(Foto: AFP)

Cristiano Ronaldo: Kam mit einer bemerkenswerten Bilanz nach München: 49 Treffer in 49 Champions-League-Spielen als Madrilene. Kam zudem bestens frisiert daher - Tore und Haare, das ist seine Welt. Dem Münchner Publikum war das aber wurscht: Es schickte ihm quietschende Pfiffe bei jeder Ballberührung. Das wiederrum kümmerte den Portugiesen recht wenig. Es war ein Spiel wie gemalt für ihn: Räume, Tempo und schließlich ein Treffer, als Bale ihm das 0:3 auf den Fuß kredenzte. Nach der Pause weniger glanzvoll, aber dafür mit einigen weiten Wegen in die Defensive - und einem listigen Freistoß zum 4:0. Ach ja: 51 Tore in 50 Partien als königlicher Königsklassen-Akteur. Noch Fragen?

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Benzema

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(Foto: AFP)

Karim Benzema: Siegtorschütze im Hinspiel und auch diesmal stets auf der Lauer nach dem einen, entscheidenden Moment. Hatte rasch begriffen, wie das hier laufen würde: Rennen, selber den Abschluss suchen, Bälle ablegen. Als die Bayern völlig verunsichert waren, musste er gar nicht mehr viel tun. Legte die Kugel vor dem 0:3 wie ein Oberkellner auf Bale ab, sodass der nur noch den Laufburschen für Ronaldo geben musste. Verbrachte insgesamt einen entspannten Abend und konnte sich schon früh überlegen, wie er später seinen Franzosen-Spezi Ribéry aufmuntern würde.

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Raphael Varane

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(Foto: AFP)

Raphael Varane: Freute sich über großen Beifall aus der Real-Fankurve, als er für Ramos ins Spiel kam. Dass der Applaus dem ausgewechselten, zweifachen Torschützen galt, war ihm sicher egal. (Archivbild)

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Isco

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(Foto: REUTERS)

Isco: Durfte auch noch ein wenig mitlaufen. Beim Stand von 3:0 in München bestimmt kein so schlimmes Schicksal.

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Carlos Henrique Casemiro

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(Foto: AFP)

Carlos Henrique Casemiro: Wird irgendwann seinen Enkeln erzählen, dass er auch dabei war, als La Bestia Negra zum Schoßhündchen degradiert wurde. (Archivbild)

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