Champions League:Vinícius sieht nur Gelb - und schießt Leipzig dann raus

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Wurde nur verwarnt, dabei wäre auch Rot möglich gewesen: Vinícius Júnior nach seinem Schubser gegen Willi Orban. (Foto: Jan Woitas/dpa)

RB Leipzig scheitert denkbar knapp im Achtelfinale der Champions League an Real Madrid. Der Favorit gerät gegen das Team von Marco Rose schwer ins Wanken - und profitiert erneut von einer fragwürdigen Schiedsrichterentscheidung.

Von Javier Cáceres, Madrid

Am Mittwoch beging Real Madrid seinen 122. Geburtstag - und wurde reichlich beschenkt. Nach den skandalösen Umständen bei Reals 1:0-Sieg im Achtelfinalhinspiel in Leipzig, als den Leipzigern ein frühes Tor annulliert wurde, kam es auch im Rückspiel zu einer kontroversen Entscheidung: Reals Stürmer Vinícius Júnior wurde nach einer deutlichen Tätlichkeit an Willi Orban nicht vom Platz gestellt - und konnte danach die Führung erzielen. Orban erzielte noch den Ausgleichstreffer. Das 1:1 war ein Achtungserfolg für den Bundesligafünften, aber nicht ausreichend, um doch noch von einem Einzug ins Viertelfinale zu träumen. Das Aus der Leipziger ist eine gute Nachricht für Borussia Dortmund: Der BVB ist nun für die überaus lukrative Klub-WM 2025 qualifiziert. So wie aus Deutschland der FC Bayern und der Champions-League-Rekordsieger Real Madrid.

Real Madrid hatte schon am Vorabend der Partie einen ersten Sieg errungen. Der spanische Rekordmeister trotzte der europäischen Fußballunion Uefa die Erlaubnis ab, das Dach schließen zu dürfen, das vor wenigen Monaten installiert worden war. Die Uefa erkannte keine Notwendigkeit; Real Madrid machte Sicherheitsbedenken geltend: Was, wenn plötzlich Drohnen fliegen? Es war zwar nicht das erste Champions-League-Spiel mit Turnhallenatmosphäre mit Madrider Beteiligung (beim Finale von Cardiff 2017, das Real Madrid gegen Juventus gewann, fand ebenfalls unter einem geschlossenen Dach statt), wohl aber eine Königsklassen-Premiere im Bernabéu. Die Spieler Madrids mögen das, aus Gründen der Akustik. Das Echo der Gesänge schüchterte die Gegner stärker ein.

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Gegen Leipzig aber begab es sich, dass sich das Publikum gegen die Heimmannschaft zu wenden begann, je länger die Partie dauerte. Und zur Halbzeit ein lautes Pfeifkonzert ertönte, wie man es schon länger nicht mehr in Madrid bei Champions-League-Spielen gehört hat. Und das, obwohl Leipzig ein paar Gelegenheiten liegen ließ, mal ein richtiges Feuer unterm Dach zu zünden.

Real Madrid spielte eine Halbzeit lang, als habe Trainer Carlo Ancelotti in der Kabine Balladen von Paul Anka abgespielt. Real Madrid hatte zwar nach 45 Minuten mehr Ballbesitz. Aber der war überaus steril und daher alles andere als nach dem Geschmack des Madrider Publikums. Leipzig hingegen stand defensiv kompakt - und vermochte es, mit der einen oder anderen Delikatesse zu verwöhnen. Allein: Vor dem Tor sündigte der Bundesligafünfte ein ums andere Mal. So wie im Hinspiel, das auch wegen des Chancenwuchers der Leipziger verloren gegangen war.

Vinícius schubst Orban - der Schiedsrichter ahndet es nur mit Gelb

Schon zur zehnten Minute sorgte Benjamin Sesko für ein Déjà-vu, als er allein auf Andrij Lunin zulief und doch nur dem Torwart an die Hand schoss, ehe der Linienrichter Abseits anzeigte. Danach hatte Loïs Openda zwei Gelegenheiten - beim zweiten Mal nach einer Traumvorarbeit von Dani Olmo (13./16.). Und den Leerlauf, der folgte, beendete wieder Leipzig: Erst zwang Xavi Simons mit einem wundervoll geschlenzten Schuss zu einer Traumparade (40.), kurz vor dem Halbzeitpfiff schoss Openda im Anschluss an eine Ecke mit rechts aus vierzehn Metern links am Tor vorbei.

Ancelotti reagierte und brachte in Rodrygo einen Stürmer für den enttäuschenden Mittelfeldspieler Camavinga - und damit ein höheres Maß an Energie. Er führte sich nicht nur durch gestenreiche Aufforderungen ans Publikum ein, den Lärmpegel auf den Rängen zu erhöhen. Sondern auch durch einen Schuss aus spitzem Winkel, den Peter Gulacsi abwehrte. Und dann geschahen Dinge, die man im Bernabéu alles andere als selten gesehen hat.

Denn in der 54. Minute kam es im Mittelfeld zu einem nicht geahndeten Foul durch Vinícius Júnior an Willi Orban - und hernach zu einer Provokation des Brasilianers, als Orban sich wieder aufgerappelt hatte. Orban stellte Vinícius zur Rede - und der Brasilianer stieß Orban mit beiden Händen nah an dessen Hals um. Eine Tätlichkeit - außer für den Schiedsrichter, der Gelb zeigte, und den VAR, der nicht eingriff. Danach konnte man die Uhr danach stellen, wann Vinícius treffen würde. Es geschah nach einem Konter, den Bellingham übers halbe Feld fuhr, sprich: in der 65. Minute.

"Ich sag ganz ehrlich: Wenn das andersrum passiert wäre, und ein Spieler von uns geht einem Spieler von Real Madrid an den Hals, dann fliegt er vom Platz, hundert Prozent", lautete das Urteil von Leipzigs Benjamin Henrichs nach dem Spiel beim Sender Dazn zur Szene. Er haderte aber auch sehr mit der Chancenauswertung seines Teams.

Willi Orban trifft zum Ausgleich. (Foto: Gonzalo Arroyo Moreno/Getty Images)

Leipzig zeigte eine Reaktion. Erst durch einen Schuss von Xavi, den Reals Abwehrchef Antonio Rüdiger zur Ecke abwehrte (67.) - und kurz danach durch den Ausgleichstreffer, der überaus schön anzusehen war: Willi Orban traf nach Flanke von David Raum aus fünf Metern Entfernung per Flugkopfball.

Trainer Marco Rose wechselte viel Angriffskraft ein. Doch viele klare Aktionen kamen nicht mehr zustande. Bis Dani Olmo in der Nachspielzeit den Ball im Strafraum mit der Brust annahm - und einen letzten Lupfer auf die Latte des Tores von Real Madrid setzte. Doch es blieb bei einem kleinen Schrecken, der den Madrilenen den Geburtstag nicht mehr versauerte.

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