Reaktionen auf Beckenbauer-Interview:"Er war verantwortlich für seine Unterschrift"

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Sieht Franz Beckenbauer weiter kritisch: Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger (Foto: dpa)
  • Ex-DFB-Präsident Zwanziger kritisiert Franz Beckenbauer nach dessen Interview in der SZ.
  • Die Interimspräsidenten Rauball und Koch verweisen auf Irritationen im Hinblick auf Beckenbauers Vorwurf, man habe sich nicht mit ihm treffen wollen.
  • Ex-Innenminister Schily unterstützt Beckenbauer, Bayern-Vorstand Sammer rät zur Mäßigung.

Die DFB-Interimspräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch haben verhalten auf die scharfe Kritik von Franz Beckenbauer reagiert. "Mit Blick auf die Korrespondenz stellen sich au‎s unserer Sicht die Dinge etwas anders dar", teilten beide in einer gemeinsamen Stellungnahme mit: "‎Wir sind aber natürlich bereit und willens, die offensichtlichen Irritationen in einem persönlichen Gespräch mit FranzBeckenbauer auszuräumen."

Beckenbauer hatte Koch und Rauball im SZ-Interview vorgeworfen, vor, sie hätten via Fernsehen ein von ihm angebotenes persönliches Gespräch über die Vorwürfe in Zusammenhang mit der WM-Vergabe abgelehnt. "Was ist denn das für ein Niveau?", klagte Beckenbauer. "Ich habe den Brief beantwortet und an die Stelle geschickt, von der ich den Brief bekommen habe", sagte Rauball am Freitagnachmittag nach der DFB-Präsidiumssitzung in Frankfurt/Main: Ich habe geschrieben, dass wir uns freuen und mit einem Terminvorschlag auf ihn zukommen werden. Das war am 11. November."

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Etwas deutlicher wurde Rainer Koch. Auf seiner Facebook-Seite schrieb er: "Da scheint es wohl im Büro von Franz Beckenbauer ein Büroversehen gegeben zu haben, das sich problemfrei beheben lässt. Selbstverständlich waren und sind Dr. Rauball und ich bereit, mit Franz Beckenbauer im Anschluss an seine avisierte und noch ausstehende zweite Befragung durch die mit der externen Untersuchung beauftragte Anwaltskanzlei Freshfield zu sprechen. Und selbstverständlich haben wir auch schnell geantwortet. Die Facts: 11.11.2015, 15:17 h, Eingang des Schreibens von Franz Beckenbauer über dessen Büro bei mir. 12.11.2015, 7:29 h, meine Rückantwort über das Büro, u.a. mit der klaren Zusage, Herr Dr. Rauball werde auf Franz Beckenbauer zukommen, um einen Termin für ein gemeinsames Gespräch zu vereinbaren. 12.11.2015, 8:55 h, Rückantwort des Büros von Franz Beckenbauer, u.a. 'Haben Sie vielen Dank für die rasche Rückmeldung, die ich gern an Franz Beckenbauer weitergebe. Melden Sie sich gern jederzeit bei mir, um einen passenden Termin abzustimmen.' Also: kein Grund zur Aufregung!"

Schärfer reagierte der von Beckenbauer kritisierte frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger. "Er war keine Privatperson, sondern DFB-Repräsentant, der an Recht und Satzung gebunden war. Er war verantwortlich für seine Unterschrift", sagte Zwanziger der Bild am Sonntag. Beckenbauer hatte sich zu den Vorgängen geäußert und weitgehend ahnungslos gezeigt. Er habe immer alles einfach unterschrieben, sogar blanko, hatte der 70-Jährige gesagt. Das nehme er ihm auch ab, meinte Zwanziger, "schließlich kenne ich ihn seit Jahren". Dann habe er aber die falschen Berater gehabt.

Auch sonst ging Zwanziger auf Distanz zu Beckenbauer. "Wenn Freundschaft daraus besteht, Fehlverhalten zu decken und die Öffentlichkeit zu täuschen, dann ist sie nichts Wert", ergänzte Zwanziger. Beckenbauer hatte den früheren DFB-Chef kritisiert. "Er hat sich verändert, ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Wir waren doch Freunde. Da kriegt er den Brief von uns, und der nächste Schritt ist: Er läuft zum Spiegel. Da war mir klar, da stimmt was nicht", sagte Beckenbauer. Zwanziger betonte, dass er nicht die Quelle der ersten Spiegel-Enthüllung gewesen sei.

Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily stellt sich hingegen hinter Beckenbauer. "So ist der Franz, sehr authentisch, und er hat das glaube ich schon so geschildert, wie er tatsächlich ist, ganz ehrlich und rundheraus", sagte der 83-Jährige dem Sport-Informations-Dienst (SID) am Rande der Kuratoriumssitzung der Deutschen Sporthilfe in Bonn.

Beckenbauer hatte der SZ gesagt, er habe den dubiosen Vertragsentwurf mit dem früheren FIFA-Vize Jack Warner vom 2. Juli 2000 ungeprüft unterzeichnet. "Ich habe immer blind unterschrieben, wenn sie meine Unterschrift gebraucht haben", sagte der damalige OK-Chef Beckenbauer: "Sie glauben es nicht, aber das ist so! Wenn ich jemandem vertraue, unterschreibe ich alles. Blanko."

Schily ist dafür, "erstmal die Untersuchung der Anwaltskanzlei Freshfields und der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Und dann wird sich am Ende herausstellen, ob da Vorwürfe begründet sind oder nicht. Ich jedenfalls vertraue Franz Beckenbauer, dass er die WM nur mit lauteren Mitteln erreichen wollte und da nicht unzulässige Mittel verwendet hat."

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Sportvorstand Matthias Sammer von Bayern München sagte, das Verhalten Beckenbauers "sehr, sehr richtig und gut". Der 48-Jährige führte aus: "Er hat vielleicht über die Normalität gesprochen, die vielleicht keiner hören will in Deutschland. Wir müssen bohren, wir müssen finden, wir müssen mit dem Finger auf andere zeigen. Das sind aber in der Regel die, die sich 2006 selbst am meisten gefeiert haben."

Dass Wolfgang Niersbach als Folge des Skandals seinen Rücktritt als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes erklärt hat, bedauert der Bayern-Sportvorstand, "weil er für mich eine gute, verlässliche und loyale Figur abgegeben hat. Es ist schlimm genug, dass wir jetzt überhaupt die Diskussion haben". Deshalb mahnte Sammer erneut, man solle die Ereignisse "entspannt und miteinander aufklären. Mit dem Ideal, dass sich die Dinge wieder beruhigen".

Schließlich sei die WM ein Ereignis gewesen, "das Deutschland verändert" habe, wie Sammer betonte: "Leider redet darüber gar keiner mehr. Wir sollten aufpassen, dass wir nicht unser fantastisches Sommermärchen weiter in Grund und Boden reden."

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