Aus in der Champions League:Die herbstliche Salzburger Castingshow

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"Kopf hoch", sagt Salzburgs Amar Dedic - auch wenn wohl mehr drin gewesen wäre gegen Inter. (Foto: Leonhard Simon/Getty Images)

RB Salzburg scheitert früh in der Champions League, allerdings: Auf die Ergebnistafeln blicken die Scouts im Stadion ohnehin kaum - die nächste Generation soll nicht an Resultaten gemessen werden.

Von Felix Haselsteiner, Salzburg

Kühle Herbstabende in Wals-Siezenheim verheißen im europäischen Fußball in der Regel den Beginn großer Karrieren, weshalb man in der Heimkurve des FC Salzburg vor dem Spiel gegen Inter Mailand mit einer Plakatserie an die vergangenen Jahre erinnerte. Der FC Liverpool war hier 2019 in der Gruppenphase zu Gast, im Jahr darauf der FC Bayern, gegen den OSC Lille und den VfL Wolfsburg zogen die Salzburger ins Achtelfinale ein, im vergangenen Jahr scheiterten sie am FC Chelsea und an Milan.

Viel bedeutender allerdings war stets, was all diese Elitevereine Europas aus Salzburg mitnahmen: zuerst die Erkenntnis, dass da eine junge, hungrige Mannschaft voller Talente auflief - und dann irgendwann diese Talente selbst. Der FC Liverpool etwa wurde vor vier Jahren fast vom jungen Salzburger Erling Haaland besiegt, heute kämpft Liverpool gegen ihn um die Meisterschaft und hat selbst das ehemalige RB-Toptalent Dominik Szoboszlai im Kader. Bei Milan spielt seit dieser Saison Noah Okafor, der im Sommer aus Wals in die Welt zog. Genauso wie sein Vorgesetzter, der Sportchef Christoph Freund, der inzwischen in München neben Thomas Tuchel auf der Bank sitzt.

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Inter Mailand bekam es also gewissermaßen mit der Zukunft zu tun am Mittwochabend. Und weil man beim Champions-League-Finalisten eine ganze Reihe abgezockter Ü30er-Spieler in der Aufstellung fand, lässt sich behaupten, dass die Vergangenheit den Angriff diesmal noch abwehren konnte. Ein knappes 1:0 durch einen von Lautaro Martinez spät verwandelten Handelfmeter reichte Inter aus, um bereits ins Achtelfinale einzuziehen - Salzburg hingegen hat nur noch Chancen auf Rang drei und die Europa League.

Im Sommer musste Salzburg den vermutlich größten Wiederaufbau der jüngeren Vereinsgeschichte bewerkstelligen

"Die Spiele haben sich angefühlt, als wäre mehr drin gewesen", sagte Amar Dedic im Rückblick auf die insgesamt 180 Minuten gegen Inter, in denen Salzburg einmal 1:2 im San Siro und nun 0:1 verlor. Auch im Hinspiel war ein Elfmeter entscheidend gewesen, das Glück verfolgte die Salzburger nicht wirklich, nur: Im Erzwingen von Erfolg waren die talentierten, laufstarken Salzburger noch nie die Besten. "Man hat gegen eine erfahrene Mannschaft wie Inter gesehen, dass man für seine Fehler bestraft wird", sagte der Däne Mads Bidstrup.

Es ist sicher nicht alles rosig in dieser Saison in Salzburg, wo im Sommer recht kurzfristig der vermutlich größte Wiederaufbau der jüngeren Vereinsgeschichte bewerkstelligt werden musste, weil neben Freund auch Trainer Matthias Jaissle kurz vor Saisonstart abwanderte - nach Saudi-Arabien. Sein Nachfolger Gerhard Struber hat aber innerhalb kurzer Zeit schon wieder ein Team geformt, in dem sich Talente entwickeln können und zugleich sofort Erfolg haben sollen - die ewige Herausforderung des österreichischen Branchenprimus.

Dass die herbstliche Castingshow namens Champions League bislang nicht ganz so erfolgreich verlief wie gedacht, dürfte am Interesse an Salzburg nichts ändern. Die vielen Scouts auf der Walser Tribüne - offiziell waren es 25, von allen großen, europäischen Vereinen - schauen weniger auf die Ergebnistafeln, es geht eher um die Einzelkönner: Dedic, 21, etwa steht im Fokus, Real Madrid soll an dem jungen Außenverteidiger besonders interessiert sein. Luka Sucic aus dem offensiven Mittelfeld, ebenfalls 21, und der 19-jährige Ivorer Karim Konaté stehen ebenfalls auf zahlreichen Listen.

Dedic, nach der verletzungsbedingten Auswechslung des Routiniers Andreas Ulmer auch Kapitän der Salzburger, gab dementsprechend die Richtung vor. "Kopf hoch", sagte er: "Wir müssen einfach weitermachen, schauen, dass wir in Europa weiterspielen können." Dieser Satz funktioniert ebenso als Credo des Vereins wie als Prophezeiung für seine eigene Zukunft - und die seiner Mitspieler.

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