Xavi Simons bei RB Leipzig:Aus der Mitte entspringt ein Fuß

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Eine der Entdeckungen der Saison, nicht nur in Leipzig: Xavi Simons. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Erst guckt er dösig, dann liefert er die nächste Sehenswürdigkeit: Xavi Simons gehört zu den Entdeckungen dieser Saison - doch die Freude über den jungen Mann wird in Leipzig wohl nicht von Dauer sein.

Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Oft wird spekuliert, wie viel oder wenig der Fußballspieler als solcher wohl im Kopf habe, dabei gibt es außen, sozusagen an der Fassade, doch schon genug zu sehen. Bei der zu Saisonbeginn von Groß-Paris (PSG) nach "Klein-Paris" (Goethe) verliehenen Neu-Leipziger Fachkraft Xavi Simons fallen einem als erstes natürlich die interessant ondulierten Haare ein, die in kleinen spielerischen Kordeln vom streng gefurchten Schopf geradezu die Flucht ergreifen. Davon nur gerahmt und viel wichtiger aber ist etwas anderes, nämlich ein spezieller Gesichtsausdruck, der auch am Sonntag beim 3:1 gegen den SC Freiburg wieder zu sehen war und den Xavi Simons möglicherweise besser beherrscht als das gesamte sonstige Personal der Bundesliga.

Man hat diesen speziellen und etwas dösigen Ausdruck noch gut in Erinnerung von den etwas schmächtigeren, in der Regel stummen, unbeschriebenen Blättern auf dem Bolzplatz, die erst als letzte gewählt wurden, um dann aber alle umgehend auseinanderzunehmen. Es ist eine Art Nichts-im-Schilde-Führen im Mimik-Repertoire des 20-Jährigen, und er zeigt es immer dann, wenn er genau das Gegenteil tut, wenn er also etwas Außergewöhnliches im Schilde führt - oft von solcher Augenblicksbrillanz, dass man noch Wochen später darüber staunen kann wie über das 2:0 im Champions-League-Hinspiel gegen Roter Stern Belgrad.

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Xavi Simons hat in jungen Jahren viel erlebt und schnell gelernt, auch von Messi und Neymar. Er selbst wurde früh Social-Media-Star. Und in Leipzig entpuppt er sich mit 20 nun als neue Attraktion der Bundesliga - die Bayern sollten gewarnt sein.

Von Javier Cáceres

Wer kein so gutes Gedächtnis hat, dem hilft Xavi Simons dann alsbald mit neuen Sehenswürdigkeiten auf die Sprünge, so auch in der abgelaufenen Woche mit eminent wichtigen Toren im Rückspiel in Belgrad sowie gegen den SC Freiburg, jeweils zum 1:0. In allen drei Fällen war es gar nicht mal der schnelle Antritt, der staunen ließ, es waren diese vergleichsweise ansatzlosen Schüsse, die Simons mit einer undurchsichtigen Kipp-Dreh-Bewegung aus dem Gelenk schüttelte. Aus dem Nichts der Mitte entspringt da regelmäßig ein Fuß, und wenn es der rechte Fuß von Xavi Simons ist, dann kann der für die Anzeigetafel zuständige Mediengestalter schon mal aufs Knöpfchen für die Tore drücken.

Weil Xavi Simons und Loïs Openda so gut spielen, ist gerade kein Platz für Timo Werner. Wird er verliehen?

Zu den vier Toren in elf Ligaspielen kommen acht Assists - man kann sogar so weit gehen zu sagen, dass die stabilen Lieferketten von Xavi Simons zu Loïs Openda und weiteren Sturmkollegen einen signifikanten Beitrag dazu leisten, dass sich in diesem Sturm seit einer Weile kein Platz mehr findet für Timo Werner, weswegen seit dem Wochenende die von RB-Sportchef Rouven Schröder bestenfalls halb-energisch zurückgewiesene Idee zirkuliert, Werner könnte im Winter per Leihe auf wenigstens vorübergehende Wanderschaft gehen.

Simons wiederum, selbst Leihgabe, wird Leipzig über die Saison hinaus wohl nicht erhalten bleiben, eine Kaufoption gibt es nicht. Dafür hilft er RB jetzt, da nicht nur Kapitän Willi Orban langwierig verletzt fehlt, sondern auch Leistungsträger Dani Olmo. Ohne ins Jammern zu geraten, hat Trainer Marco Rose immer wieder auf den Raubbau hingewiesen, den er der vielen Pflichtspiele wegen am Kader betreibe.

Trotz des Aus im DFB-Pokal geht Rose deswegen durchaus zufrieden in die Länderspielpause, in der Champions League ist das Achtelfinal erreicht, in der Liga steht ein Punkteschnitt von 2,1. Er finde, "dass wir das alles ganz gut hinbekommen", resümierte Rose nach dem Sieg am Sonntag, zu dem neben Simons (6.) auch Openda (79., Elfmeter) und der seit Wochen zulegende Christoph Baumgartner (80.) mit Toren beitrugen, Merlin Röhl hatte für Freiburg kurz vor der Pause ausgeglichen (45.+6).

Nach dieser Länderspielpause wird Rose wieder einmal die Frische seines Personals überprüfen. Auf wen er sich da wohl verlassen kann? Xavi Simons jedenfalls sagte am Sonntag, seine Batterie sei "zu 100 Prozent geladen", er sei ein junger Spieler und könne im Grunde rund um die Uhr weiterspielen, wenn der Trainer das denn wolle.

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