RB Leipzig:"Wir haben jetzt ein Spiel, das ganz Deutschland elektrisiert"

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Leipziger Einheit: Jubel um Torschütze Willi Orban. (Foto: dpa)

RB Leipzig gewinnt eindrucksvoll gegen Hertha. Jetzt blickt der Klub forsch dem Spiel in München entgegen.

Von Frank Hellmann, Leipzig

Mit seinem Zungenschlag passt der Fußballer Stefan Ilsanker vielleicht nicht zwingend nach Leipzig, aber bestens zu RB Leipzig. Es sind ja vor allem Österreicher wie er, die den Klub prägen. Und es sind Sätze mit Ausrufezeichen, wie Ilsanker sie gerne sagt, die gerade zur Stimmung in Leipzig passen. Nach dem 2:0 (1:0) gegen Hertha BSC klang das so: "Wir waren geil auf dieses letzte Heimspiel heuer!"

Damit war auf den Punkt gebracht, was jeder Betrachter im Leipziger Zentralstadion an diesem Dezember-Nachmittag gesehen hatte: Die vor Lust und Leidenschaft sprühenden Hausherren entschieden ein einseitiges Verfolgerduell völlig verdient nach Toren von Timo Werner (41.) und Willi Orban (62.) für sich. Das Team von Ralph Hasenhüttl war das giftigere und gierigere Ensemble, und allen Skeptikern, die nach der ersten Niederlage in der Vorwoche in Ingolstadt vielleicht geglaubt hatten, die Überflieger würden jetzt abstürzen, waren die Argumente geraubt. "Wir haben keine Minute zweifeln lassen, dass wir vom Glauben nicht ablassen", sagte Hasenhüttl.

So eindeutig war das Spiel, so unstrittig der Leipziger Sieg, dass das Thema schon unmittelbar nach dem Spiel nicht mehr das einseitige Geschehen am Samstag war. Nun, da Leipzig seine Sonderrolle unterstrichen hat, geht es um das Spiel der Hinrunde, am kommenden Mittwoch beim FC Bayern. Allzu viel wollte Hasenhüttl zwar über das Spiel noch nicht sagen, zumal er seine Leistungsträger Naby Keita (Oberschenkelprobleme) und Marcel Halstenberg (Hüftbeuger) angeschlagen auswechseln musste. Aber ganz ausweichen konnte und wollte auch er nicht. "Klar ist: Wir haben uns das hart erarbeitet. Und wir haben jetzt ein Spiel, das ganz Deutschland elektrisiert."

"Wir werden mutig auftreten, um der Gegner zu sein, den sich viele wünschen"

Auch für den Rekordmeister, der am Sonntag beim Tabellenletzten SV Darmstadt 98 einen Sieg braucht, um die Tabellenführung zurück zu erobern, wird Hasenhüttl sein System nicht verändern. Grundsätzlich gilt für Hasenhüttl: "Wir werden mutig auftreten, um der Gegner zu sein, den sich viele wünschen" - ein unangenehmer Gegner. Stefan Ilsanker sprach von "riesiger Freude". Und es ist inzwischen keine Überraschung mehr, dass sie in Leipzig ziemlich selbstbewusst und forsch sind, wenn sie über die Zukunft sprechen, die ferne und die nahe. Ilsanker sagte: "Für uns spricht einiges. Wir wollen, wir können - aber wir müssen nicht."

Am Samstag waren aber nicht nur jene Österreicher die Hauptdarsteller, die den Leipziger Fußball Woche für Woche prägen: Trainer Hasenhüttl und Verteidiger Ilsanker. Es war auch der wohl wichtigste Österreicher für den Verein im Stadion. Red-Bull-Begründer Dietrich Mateschitz war vor dem Spiel sogar in die Leipziger Kabine gegangen und hatte eine Ansprache gehalten. Die Anwesenheit des Milliardärs gelte als gutes Omen, verriet der am Samstag chronisch unterbeschäftigte und deshalb der Unterkühlung verdächtige Torwart Peter Gulacsi. Sein Vordermann Yussuf Poulsen, der dänische Stürmer, berichtete mit treuherzigem Augenaufschlag, er habe den Steirer Mateschitz nicht verstanden. Auch Hasenhüttl wollte nicht verraten, was Mateschitz in der Kabine gesagt hatte. Vielmehr wollte er noch über die Demonstration seiner Mannschaft sprechen.

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Zu keiner Phase hatte Hertha BSC in diesem vermeintlichen Verfolgerduell auf Augenhöhe agiert, mitunter wirkte die "Alte Dame" tatsächlich wie eine Frau, die sich auf eine Veranstaltung junger Menschen verirrt hat, die nicht mehr ihrem Zeitgeist entsprechen. "Heute war nichts drin. Leipzig war immer einen Tick zu schnell", konstatierte Pal Dardai mit einem fatalistischen Unterton, der zu der Unterlegenheit seiner Spieler passte. Der Hertha-Trainer, der sein Team in einem 4-4-2-System mit zwei eng ineinander verzahnten Viererketten angeordnet hatte, räumte ein, dass die Seinen statt nach vorne "immer nach hinten verteidigt haben."

Emil Forsberg, in Ingolstadt schwach, ist wieder der Alte

Besonders augenfällig war das Berliner Fehlverhalten beim Führungstreffer des zuletzt wegen seiner Schwalbe gegen Schalke an den Pranger gestellten Werner (41.), als weder Fabian Lustenberger (stand falsch) noch Marvin Plattenhardt (griff zu spät ein) nach einem feinen Zuspiel von Naby Keita jenen Widerstand leisteten, der über die gesamte Spielzeit das Leipziger Defensivverhalten kennzeichnete. Frappierend war auch, wie ungehindert Leipzigs Kapitän Willi Orban nach Ecke des in Ingolstadt unauffälligen, am Samstag aber wieder starken Emil Forsberg einköpfen konnte. Weit und breit war kein Berliner überhaupt in der Nähe, der Anstalten machte, das 0:2 zu verhindern.

Weit und breit niemand, der die Leipziger stört: Der Tabellendritte Hoffenheim ist inzwischen schon auf neun Punkte distanziert.

© SZ vom 18.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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