Leipzigs 0:5 gegen Manchester:"Ich bin Trainer, kein Model"

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Julian Nagelsmann (re.): Untergangen bei Manchester United (Foto: REUTERS)

Julian Nagelsmann wirkt nach der höchsten Niederlage der Leipziger Vereinsgeschichte angefasst, lässt sich aber zu keiner verbalen Abreibung hinreißen. Die nächsten schweren Spiele stehen schon bevor.

Der Fußballtrainer Julian Nagelsmann musste sich nach seinem ersten Spiel in Old Trafford ein bisschen Spott gefallen lassen - und das lag nicht einmal an der 0:5-Niederlage von RB Leipzig in der Champions League bei Manchester United. Sein kariertes Retro-Jacket provozierte die Reporter mehrerer Sender zu spitzzüngigen Bemerkungen. "Die VAR-Linien sind offenbar nicht so scharf wie die Linien auf ihrem Jacket", frotzelte ein britischer Fragesteller anlässlich des ersten Gegentors, das stark abseitsverdächtig gewesen war.

Darauf antwortete Nagelsmann noch ernst, doch als ihm ein deutscher Reporter anschließend unterstellte, in diesem wenig glücksbringenden Sakko werde man Nagelsmann wohl kaum wiedersehen, schwoll dem sonst eigentlich recht selbstironischen Trainer der Kamm. "Ich bin Trainer, kein Model", blaffte er zurück und musste für sich eine doppelte Niederlage eingestehen. Der 33-Jährige hatte an einem Abend zwei Mal verloren: als Trainer und als Model.

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Die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte vermeldeten Medien nach dieser Leipziger Vorstellung, dabei klingt das dramatischer, als es ist, denn RB gibt es ja noch nicht so lange. Als Nagelsmanns Jacket en vogue war, steckte RB jedenfalls noch in der Retorte. 0:4 hat Leipzig unter dem Trainer Ralph Hasenhüttl im Dezember 2017 mal bei der TSG Hoffenheim verloren, interessanterweise haben damals gleich sieben Spieler in der Startelf gestanden, für die dies auch am Mittwoch in Manchester galt.

Poulsen und Forsberg haben alle RB-Blamagen miterlebt

Eine weitere historische Pleite war im Mai 2015 unter Trainer Achim Beierlorzer eine 0:4-Heimniederlage in der zweiten Liga gegen den SV Sandhausen gewesen, und auch dort standen wie jetzt in Manchester und zuvor in Hoffenheim bereits der Däne Yussuf Poulsen und der Schwede Emil Forsberg in der ersten Reihe. Die beiden haben mithin alle bislang relevanten RB-Blamagen miterlebt, davon werden sie gewiss irgendwann einmal in einem Video im Vereinsmuseum erzählen.

Für Nagelsmann war das 0:5 aber gar kein so großes Drama, wie man hätte denken können. Bis zur 74. Minute lag seine Elf nur 0:1 hinten, und der Trainer fand die Leistung bis dahin sogar ganz okay. Dann aber ließen sie vier Gegentore binnen 18 Minuten zu (inklusive eines Dreierpacks des elf Minuten zuvor erst eingewechselten Marcus Rashford). Doch außer einem gegrinsten "crazy" im englischen Interview ließ sich der Trainer zu keiner verbalen Abreibung hinreißen. "Wir haben zu viele Bälle verloren", sagte er sachlich, "und nach dem zweiten Gegentor haben wir leider das Verteidigen eingestellt." Schade war diese Analyse ebenso wie das Ergebnis unter anderem für den Innenverteidiger Ibrahima Konaté, der nach einer Hüftoperation im Sommer erstmals in dieser Saison wieder vom Anpfiff weg dabei war.

Der Franzose muss das 0:5 genauso wie seine Kollegen schnell abhaken, denn der Klub hat erstens nur drei Tage Zeit bis zum nächsten Spiel und zweitens womöglich wieder einen personellen Engpass im tendenziell hinteren, rechten Bereich. Lukas Klostermann, Konrad Laimer, Nordi Mukiele, Tyler Adams und Amadou Haidara fallen vermutlich aus. Deshalb und wegen der hohen Niederlage wirkt der Bundesliga-Tabellenführer doch etwas angeschlagen.

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Da kommen die warmen Worte eines Leipziger Bürgers ganz recht, der RB am Donnerstag ermutigte: "Die Mannschaft ist trotzdem gut drauf, und ich habe das Gefühl, dass sie bei Pressing und Gegenpressing in dieser Saison noch mal draufgelegt hat." Dieser Leipziger heißt Marco Rose und ist der Trainer des Gegners am Samstag: Borussia Mönchengladbach.

Das Beste, was einer niedergeschlagenen Fußballmannschaft nach einer kleinen Demütigung in Old Trafford passieren kann, ist wenig später ein aufregendes Bundesliga-Abendspiel in Gladbach und sieben Tage später ein noch aufregenderes Champions-League-Duell gegen Paris Saint-Germain. Welch ein Glück für die Leipziger, dass sie mit diesem Programm zeitnah beweisen können, dass ihr jüngstes Ergebnis ein Ausrutscher war.

Während die Leipziger gegen Gladbach nichts gutzumachen haben, weil sie in bislang acht Bundesligaduellen noch nie gegen die Borussen verloren und alle vier Auswärtsspiele am Niederrhein tatsächlich sogar gewonnen haben (2:1, 1:0, 2:1, 3:1), wird die Partie am nächsten Mittwoch gegen Thomas Tuchels Pariser Weltelf zu einer ganz besonderen Revanche.

Es ist nämlich gerade mal zweieinhalb Monate her, dass Leipzig das Champions-League-Halbfinale gegen die Franzosen verlor. 0:3 endete die Partie, in der Höhe also nicht der Rede wert - aber diesen seltsamen, karierten Anzug, den er an jenem August-Abend in Lissabon getragen hat, den hat Julian Nagelsmann seither öffentlich nicht wieder vorgeführt.

© SZ vom 30.10.2020 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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