Bundesliga:Nürnberger Defensive aus Knetmasse

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Wie in einem schlechten Film – und der ist auch noch ein Remake: Nürnberger Verzweiflung nach dem 4:0 durch Timo Werner. (Foto: Jens Meyer/AP)
  • Nürnberg verliert auch gegen Leipzig 0:6 und erlebt damit erneut eine riesige Blamage in der Bundesliga.
  • Trainer Michael Kellner verzockt sich wieder einmal taktisch, indem er sein Team nach vorne rennen lässt.
  • Es wäre auch ein weitaus höherer Sieg für RB möglich gewesen.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Als Bundesligaaufsteiger muss der 1. FC Nürnberg als prädestiniert dafür gelten, gegen den Abstieg zu kämpfen. Wer weiß, ob es tatsächlich so kommt, die Saison ist ja noch lang. Wenn ja, kann der Club nur darauf hoffen, dass das Torverhältnis nicht zum entscheidenden Faktor wird. Denn elf Tage nach dem 0:7 bei Borussia Dortmund legte Nürnberg beim 0:6 (0:4) in Leipzig neuerlich die Vermutung nahe, seine Defensivabteilung aus Plastilin fabriziert zu haben.

Es vergingen 10 Minuten, bis die Nürnberger aufatmen, die erste gute Nachricht des Abends verzeichnen konnten: Ein Schuss von Leipzigs Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer blieb an einem Nürnberger Bein hängen. Und das bedeutete, dass an diesem Abend nicht jeder Schuss auf das Nürnberger Tor ein Treffer sein würde. Dumm nur, dass es da bereits 2:0 für die Platzherren stand.

Mittelfeldspieler Kevin Kampl hatte den ersten Angriff zur Führung genutzt, als er einen resolut vorgetragenen Angriff der Leipziger über die linke Seite mit einem platzierten Schuss aus 14 Metern abschloss (3. Minute). Zwei Minuten später traf dann Yussuf Poulsen zum 2:0, er wurschtelte aus kurzer Distanz eine Hereingabe von Nationalstürmer Timo Werner ins Tor. Danach keimte kurzfristig der Eindruck, dass sich die Lage beruhigen würde. Doch nach 20 Minuten war klar: Das war nur eine Luftspiegelung gewesen.

Wieder schlachteten die Leipziger den Umstand aus, dass die rechte Nürnberger Abwehrseite die Robustheit eines Katzenbarthaars aufwies und die gesamte Defensive das Zweikampfverhalten von aufblasbaren Gummipuppen aufwies. Erst war Sabitzer zur Stelle, um Bredlow mit einem Flachschuss an den ersten Pfosten zu überraschen (20.). Dann traf empfahl sich Timo Werner für die kommenden Nationalmannschaftsaufgaben in den Niederlanden und in Frankreich mit einem Flachschuss aus sechzehn Metern (32.). Womit endgültig klar war, dass die Partie nichts mehr mit einem herkömmlichen Bundesligaspiel zu tun haben, sondern bloß ein Fall für die Statistik sein würde. Ein Duell zwischen Jungs in Schuluniform und einer erbarmungslosen Herrenmannschaft.

Überraschend war dieses Leistungsgefälle insofern, als RB-Coach Ralf Rangnick nach dem Europa-League-Erfolg in Trondheim die Startelf auf sieben Positionen verändert hatte. Torwart Gulacsi, Upamecano, Kampl, Sabitzer, Forsberg, Werner und Poulsen durften Mvogo, Konaté, Ilsanker, Laimer, Bruma, Augustin sowie Cunha ersetzen. Und doch griff bei den Leipzigern jedes Rädchen gut geölt ineinander. Sie stehen nach sechs Spielen in Serie ohne Niederlage auf dem zweiten Tabellenplatz.

Nach der Pause brachte Nürnbergs Trainer Michael Köllner den offensiv ausgerichteten Federico Palacios für Virigil Misidjan. Das war das Signal, dass sie trotz der 45 desaströsen Anfangsminuten ihrem Stil treu bleiben, nach Möglichkeit Ballbesitzfußball zu betreiben. Das prinzipiell löbliche Unterfangen wurde durch die erste Chance belohnt, Mikael Ishak setzte nach einer Flanke den Ball per Kopf neben das Tor. Doch dann erzielte Sabitzer in der 55. Minute das 5:0, das nur ein zwischenzeitliches sein sollte: Werner staubte nach einer zu kurzen Bredlow-Abwehr zum 6:0 ab (59.).

Bei einem Konter wurde Werner von Tim Leibold im Strafraum umgerissen. Der Nürnberger sah die Rote Karte, Werner ließ vom Elfmeterpunkt Gnade walten: Er verschoss (63.). Orban traf noch den Pfosten (69.), ein Werner-Kopfball strich knapp übers Tor (76.). Erst danach ließen die Leipziger von ihren Gegnern ab. Die beiden einzigen positiven Noten, die der grauenvolle Abend für den Club bereit hielt: Er ist Tabellenzwölfter. Und Referee Stieler pfiff nach genau 90 Minuten ab

© SZ vom 8.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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