Rafael Borré verlässt Werder Bremen:Was war das denn jetzt?

Lesezeit: 2 min

Rafael Borré verlässt Werder und spielt künftig in Brasilien. (Foto: --/dpa)

Nach dem Weggang von Niclas Füllkrug sollte Rafael Borré die Sturmprobleme bei Werder Bremen beheben - nun ist er schon wieder weg. Trotzdem ist die Kalkulation geradezu perfekt aufgegangen.

Von Thomas Hürner, Bremen

Rafael Borré war nicht lange genug da, damit Norddeutschland seine herrlichen Spitznamen kennenlernen konnte. Ja, genau, der Kolumbianer hat gleich zwei davon: Der eine lautete "máquina", die Maschine, wodurch zum Ausdruck gebracht wird, dass Borré, 28, eine Art unverwüstliches Uhrwerk ist, das einfach nicht aufhört zu laufen. Der andere Spitzname lautet "comandante", der Kommandant. Dazu muss man wissen, dass Militäranalogien in Südamerika nicht nur salonfähig sind, sondern mit Blick auf den Fußball mitunter das größte Lob darstellen. Sie beschreiben Arbeitseifer, Führungsqualitäten, Pflichtbewusstsein, Disziplin.

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Trotz etwaiger Zeitenwenden hat Deutschland noch seine Problemchen mit solchen Spitznamen, aber beim SV Werder Bremen hatten sie ohnehin kaum Zeit, um sich an sie zu gewöhnen. Borré, vor der Saison von Eintracht Frankfurt ausgeliehen, ist wieder weg, bevor er richtig angekommen war. Weil das brasilianische Transferfenster bis zum 7. März geöffnet ist, durfte der Stürmer mitten in der Saison zu Internacional Porto Alegre wechseln; was von seinem Wirken bleibt, lässt sich somit auf eine simple Kernfrage komprimieren: Was war das denn jetzt?

Die Liga hat schon diverse merkwürdige Transfergeschichten geschrieben, zumindest ein paar davon haben die Bremer beigesteuert. In den Neunzigerjahren hat sich insbesondere der damalige Manager Willi Lemke um den norwegischen Stürmer Tore André Flo bemüht, stattdessen wurde dann einfach dessen Cousin Håvard geholt - glücklich hat diese Alternativpartnerschaft keine der Parteien gemacht.

Werder brauchte im Sommer dringend einen Stürmer

Auch Borré und dem SV Werder wird nicht zu viel unterstellt, wenn diese kurze Liaison nun als merkwürdige Zweckbeziehung in die Bremer Transferhistorie eingeht: Borré kam quasi in den letzten Sekunden vor Ende des Transfersommers, weil die Bremer nach dem Verkauf von Niclas Füllkrug einen Stürmer brauchten und sich bevorzugte Stürmeroptionen zerschlagen hatten. Borré selbst wollte einfach nur spielen - eine Perspektive, die ihm in Frankfurt nur noch spärlich geboten wurde.

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Auf den ersten Blick sah das recht stimmig aus: Werder brauchte einen Nothelfer, Borré wollte helfen - und er hatte gute Referenzen. Wie seine Spitznamen beweisen, ist er sich für kaum etwas zu schade; außerdem hatte er ein Jahr zuvor für die Frankfurter im Europa-League-Finale getroffen. Die Bremer machten den Leihspieler Borré sogleich zu ihrem Spitzenverdiener, weil sie ihr vordringlichstes Saisonziel, den Verbleib in der Erstklassigkeit, nicht durch eigene Trefferarmut riskieren wollten. Was sind drei Millionen Euro Jahresgehalt schon im Vergleich mit den Kosten, die ein Abstieg mit sich brächte?

So weit die Theorie, in der Praxis war Borré zwar fleißig wie immer, aber er war nach seiner Ankunft gleich mal auf Länderspielreise mit Kolumbiens Nationalteam. Und auch sonst fand er schwer rein ins System des Trainers Ole Werner. Borré hat es dennoch auf immerhin vier Saisontreffer gebracht, weshalb die Bremer Kalkulation geradezu perfekt aufgegangen ist: Sie konnten ohne Panik in die Saison starten und im Windschatten von Borré den pfeilschnellen Justin Njinmah, 23, entwickeln, der vergangene Saison noch an Borussia Dortmund II ausgeliehen war und nun auch schon fünf Saisontore ausweist. Außerdem haben sie das Kunststück fertiggebracht, eine Art Ablöse für einen Spieler zu bekommen, der ihnen gar nicht gehört: Frankfurt bekommt aus Porto Alegre 6,2 Millionen Euro überwiesen - weil für den sofortigen Wechsel die Leihe aufgelöst werden musste, wird auch Werder mit circa 300 000 Euro entschädigt.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir die aus dem norwegischen Örtchen Flo stammenden Fußballer Tore André und Håvard Flo fälschlicherweise als Brüder bezeichnet. Richtig ist, dass sie Cousins sind.

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