Premier League:Arsenal sehnt sich nach der High Society

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Der Knackpunkt im Topspiel: Diogo Jota erzielt das 1:0 für Liverpool beim FC Arsenal. (Foto: Joe Toth/Shutterstock / Imago)

Das 0:2 gegen Liverpool ist ein Dämpfer im Kampf um die Champions-League-Rückkehr. Stattdessen spitzt sich das Titelrennen zu: Jürgen Klopp rückt ganz nahe an Pep Guardiola heran.

Von Sven Haist, London

Für den FC Arsenal hat sich das Ligaduell mit dem FC Liverpool am Mittwochabend wie ein Champions-League-Spiel angefühlt. Beachtliche 19 Saisons in Serie, von 1998 bis 2017, bereicherte der Klub aus London die Königsklasse mit seinem hauseigenen One-Touch-Fußball, den Arsenals Ewigkeitstrainer Arsène Wenger erfunden und nach seinem Amtsantritt 1996 gelehrt hatte. Doch die von Wenger mittlerweile emanzipierten Gunners, die Kanoniere, warten nun schon seit fünf Jahren sehnsüchtig und voller Ungeduld auf ihre Rückkehr in den Premiumwettbewerb des Europapokals.

Umso mehr schien Arsenal es jetzt auszukosten, im Liga-Nachholspiel gegen Liverpool endlich mal wieder im Frühjahr unter der Woche und zu später Stunde aufzulaufen - so wie einst in den K.o.-Runden der Champions League. Allerdings musste man bei diesem Testlauf für die Königsklasse erneut anerkennen, noch nicht ganz zurück zu sein in der High Society des Spitzenfußballs. Trotz eines lange ausgeglichenen Spiels unterlag Arsenal bereits zum dritten Mal in dieser Saison dem Angstgegner Liverpool. Diesmal mit 0:2 (0:0), nach einem Doppelschlag in der zweiten Halbzeit durch die Gästestürmer Diogo Jota (54.) und Roberto Firmino (62.). Bereits in der Hinrunde wurden die Gunners deutlich von Jürgen Klopps LFC in die Schranken gewiesen (0:4), ebenso im Halbfinale des League Cups im Januar.

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Die mit Spannung erwartete Partie galt auf der Insel als Schlüsselspiel für den bevorstehenden Zieleinlauf in der Premier League. Denn durch den zehnten Liga-Sieg in Serie schloss Liverpool im Duell um die Meisterschaft bis auf einen Punkt zu Tabellenführer Manchester City auf. Dabei lag das Klopp-Team vor zwei Monaten (in einem durch offene Nachholspiele verzerrten Klassement) noch satte 14 Punkte zurück. Trotz des Stimmungsumschwungs bremste der Trainer die Erwartungshaltung. Er halte eine Tendenz für "die zerbrechlichste Blume der Welt", so Klopp: Jemand "trete" auf sie - schon sei sie weg! Zudem sei der Titelverteidiger City "nicht dafür berühmt, sich durch einen Atem im Nacken" aus der Ruhe bringen zu lassen.

Hinter der Aufholjagd von Liverpool steckt auch die Winter-Verpflichtung des Flügelangreifers Luis Díaz, für 45 Millionen Euro vom FC Porto. Mit dem Kolumbianer erhöhten sich Substanz und Handlungsspielraum im Sturm nochmals merklich. Mit mehr als 100 Pflichtspieltoren stellt Liverpool Englands besten Angriff, während City das kompetenteste Mittelfeld zugesprochen wird - die vermeintlich stabilste Abwehr wiederum fällt auf das drittplatzierte Chelsea, das mit einem Spiel weniger aber elf Punkte distanziert ist. Die Times schrieb, Liverpool habe durch das 2:0 das Titelrennen "zum Kochen" gebracht.

Klopp bremst die Meister-Erwartungen, Kollege Arteta schimpft wegen des Spielplans

Zugleich spitzt sich durch Arsenals Niederlage die Fehde um die Champions-League-Qualifikation zu. Momentan liegt Arsenal (51 Punkte) auf dem erforderlichen vierten Platz, hat jetzt allerdings nur noch zwei Nachholspiele in der Hinterhand, um den Abstand auf die Verfolger Manchester United (50), West Ham (48) und Tottenham (48) zu vergrößern. Aus dieser Konstellation mit den noch offenen Partien ergibt sich für Arsenal ein anspruchsvoller Spielrhythmus, den Trainer Mikel Arteta massiv beklagt. Seine Elf muss nun bereits am Samstag zur ungeliebten Mittags-Anstoßzeit beim schwer zu bespielenden Aston Villa ran - und mit derselben 60-Stunden-Taktung im April leben, wenn die richtungsweisenden Partien gegen Chelsea und United anstehen. Der Spielplan, für die in erster Linie die TV-Rechteinhaber Sky und BT verantwortlich sind, sei "sehr, sehr hilfreich", höhnte Arteta: "Vielen Dank an die Premier League!"

Sein Unmut ist nachvollziehbar. Nach der Sinnkrise, die das Ende von Wengers 21 Jahre langer Regentschaft auslöste, befindet sich Arsenal zwar insbesondere wegen Artetas vorzüglicher Trainerarbeit im Wiederaufbau einer schlagkräftigen Mannschaft. Aber um die zahlreichen Avancen anderer Vereine für die hochbegabten Arsenal-Profis, von denen einige aus der eigenen Akademie stammen, abwehren und den Kader zusammenhalten zu können, ist ein zeitnahes Mitwirken in der Königsklasse unabdingbar - allein schon, um finanziell nicht noch weiter abgehängt zu werden.

Auch aus der Not fehlender Zahlungskraft heraus verabschiedete sich Arsenal von der jahrelangen Strategie, namhafte und oft sündteure Profis zu holen. Zu spüren bekamen diese Planänderung vor allem die verdienten, am Ende in Ungnade gefallenen Altstars Mesut Özil und Pierre-Emerick-Aubameyang. Mit dem Winterabgang des schrillen, nun beim FC Barcelona spielenden Aubameyang verloren die Gunners Glamour - aber sie gewannen noch mehr mannschaftliche Geschlossenheit. Und genau dieser Teamgedanke soll dafür sorgen, dass der FC Arsenal bei Mittwochabend-Spielen bald wieder auch die Hymne der Champions League hört.

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