Portugals Cristiano Ronaldo:Plötzlich Teamspieler, trotzdem Verlierer

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Cristiano Rolando agiert gereift und ermöglicht so die konzentrierte und starke Teamleistung Portugals im Spiel gegen Deutschland. Doch es hilft nichts: Die deutsche Defensive hat Ronaldo im Griff, sein Meister an diesem Abend heißt Jérôme Boateng.

Claudio Catuogno

Cristiano Ronaldo ist Verehrung gewöhnt. In Form der portugiesischen Fußball-Reporter verfolgt sie ihn quasi auf Schritt und Tritt, gleich nach seiner Ankunft in Lemberg hat er das wieder erfahren dürfen.

Cristiano Ronaldo und seine Portugiesen sind unglücklich in das EM-Turnier gestartet. (Foto: AFP)

"Cristiano", flötete da einer auf der Pressekonferenz am Abend vor dem Auftaktspiel gegen die Deutschen, "ich habe gerade schon Thomas Müller gefragt, wer der beste Spieler der Welt ist, du oder Lionel Messi. Müller wollte sich da nicht festlegen. Ist das nicht eine Beleidigung für dich?"

Nun ist Ronaldo berüchtigt für sein gesundes Selbstbewusstsein. Aber er ist auch Profi genug, sich dieser grotesken Form der Zuneigung routiniert zu entziehen. Aber der Fan mit dem Notizblock ließ nicht locker. "Also für mich bist du der beste der Welt", setzte er nach, "und jeder weiß, dass du der beeindruckendste Spieler bei diesem Turnier bist. Und nun meine Frage: Wie geht es dir?"

Wenn Cristiano Ronaldo in der portugiesischen Nationalmannschaft eine schmerzliche Erfahrung gemacht hat, dann ist es die, dass es manchmal einfacher ist, nicht der Beste, der Tollste, der Großartigste zu sein. Bei Manchester United, später dann bei Real Madrid, war sein Ausnahmestatus als spektakulärer Tore-Schießer und -Vorbereiter früh unumstritten. Zur spanischen Meisterschaft seines Klubs hat er in der abgelaufenen Saison sensationelle 46 Tore beigesteuert. Aber wenn einer in den besten Klubmannschaften der Welt spielt, verteilt sich die Last der Erwartungen automatisch auf mehreren Schultern.

In der Nationalelf war bei ihm hingegen in der Vergangenheit oft zu beobachten, dass er verkrampfte. War es nicht mehr oder weniger an ihm allein, diesem kleinen Land Portugal im Fußball ein bisschen vom altem Glanz und der alten Größe zurückzugeben? Ein Phänomen, das interessanterweise nicht nur ihm zuzusetzen schien. Sondern auch: Lionel Messi in der Auswahl Argentiniens.

Und nun also dieses Spiel gegen Deutschland, "einen großen Gegner", klar, "aber uns liegen große Gegner". Ronaldo erschien frisch frisiert wie ein ehrgeiziger Unteroffizier, die neongelbe Kapitänsbinde wies ihn für jedermann als Anführer aus. Aber in dem zähen Stellungsspiel, zu welchem sich die Partie bald entwickelte, konnte er seine Stärken zunächst nur hin und wieder aufblitzen lassen.

Deutsche Elf in der Einzelkritik
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Der deutsche Torwart lässt sich auch von einem fiesen Zusammenprall nicht schrecken, Mats Hummels widerlegt alle Kritiker und Mario Gomez trifft genau in dem Moment, als die deutschen Zuschauer die Einwechslung von Miroslav Klose fordern. Die DFB-Elf beim 1:0 zum EM-Auftakt gegen Portugal in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

In die 17. Minute etwa, als er seinen Bewacher Jérôme Boateng mit drei Übersteigern narrte, gegen die es im Grunde kein Gegenmittel gibt. Boateng lauerte, tänzelte, schlackerte mit den Beinen, aber urplötzlich war Ronaldo eben doch vorbei. Die Deutschen hatten Glück, dass seine Hereingabe in der Mitte keinen Abnehmer fand. Einen Schuss aus fast 30 Meter blockte ebenfalls Boateng noch vor dem Strafraum ab (26.).

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Auch in der zweiten Halbzeit setzte sich Ronaldo mal mit Schussversuchen aus der Distanz in Szene, ohne jedoch dem Ball jenes gefürchtete Raketentempo zu verleihen, das ihn in seinen besten Momenten auszeichnet. Letztlich schoss er den deutschen Keeper Manuel Neuer damit ein bisschen warm. Auch Ronaldos Übersteiger sorgten weiter für Gefahr, nach einer guten Stunde war er bereits einschussbereit freigespielt worden - Boateng klärte in höchster Not per Grätsche.

Seine berüchtigten Cowboy-Freistöße? Fehlanzeige. Die Deutschen taten ihm schlicht nicht den Gefallen, nahe der Strafraumgrenze zu foulen. Einmal klärte Cristiano Ronaldo sogar per Fallrückzieher im eigenen Strafraum (52.), was einerseits seiner berühmten Exzentrik entsprach, dies aber an einem Ort, an dem er sich früher eher selten aufzuhalten pflegte.

Dass er auch in der Nationalelf mit der Zeit mehr und mehr zum Teamspieler geworden ist, machte die konzentrierte Mannschaftsleistung der Portugiesen wohl erst möglich. Am Ende half das allerdings nichts.

Er habe so ein Gefühl, dass Portugal in diesem Jahr das Zeug dazu habe, Europameister zu werden. Das hat Cristiano Ronaldo bei jener Pressekonferenz auch gesagt, bei der ihm die pure Verehrung zuteil wurde. Das gilt natürlich weiter. So selbstbewusst ist Cristiano Ronaldo dann schon.

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