Rassismus gegen Paul Pogba:"Wenn ihr ihn angreift, greift ihr uns alle an"

Lesezeit: 3 min

Paul Pogba nach dem vergebenen Elfmeter gegen die Wolverhampton Wanderers. (Foto: dpa)
  • Paul Pogba von Manchester United wird in den sozialen Netzwerken rassistisch beleidigt, nachdem er einen Elfmeter gegen die Wolverhampton Wanderers verschossen hat.
  • Seine Mitspieler und sein Klub verteidigen ihn daraufhin leidenschaftlich.
  • Es ist nicht das erste Mal, dass ein schwarzer Profi im englischen Fußball Ziel solcher Attacken ist.

Von Tim Brack

Paul Pogba kommt im englischen Fußball eine besondere Rolle zu. Er ist der prominenteste Spieler von Manchester United, dem englischen Rekordmeister und - obwohl der Glanz zuletzt etwas verblasste - immer noch beliebtesten Klub auf der Insel. Seit seinem Wechsel 2016 für 105 Millionen Euro ist der 26-Jährige der Rekord-Transfer seines Vereins. Paul Pogba ist schwarz, seine Eltern stammen aus Guinea, seine beiden Zwillingsbrüder sind dort geboren, sie spielen für die guineische Nationalmannschaft. Pogba selbst läuft für Frankreich auf.

Im Sport - so lautet das Wunschdenken - spielen Hautfarbe und Herkunft keine Rolle. Alle sind gleich, das Talent ist der alleinige Unterscheidungsfaktor. Deswegen wird dem Sport eine so starke integrative Kraft nachgesagt. Diese Maxime von der Gleicheit aller versuchten am Montagabend einige rassistische Trolle in den sozialen Medien außer Kraft zu setzen. Nachdem Pogba im Premier-League-Spiel gegen die Wolverhampton Wanderers einen Elfmeter vergeben hatte, schlug ihm blanker Hass entgegen. Hätte der Weltmeister in der 68. Minute beim Stand von 1:1 nicht Wolverhamptons Schlussmann getroffen, sondern ins Tor, der Beleidigungs-Schwall der Trolle wäre vermutlich für dieses Mal ausgeblieben.

Doch Pogba traf nicht. Und so strömten auf Twitter und Instagram zahlreiche rassistische Beleidigungen auf ihn ein. Er wurde als "Gorilla" bezeichnet, das "N-Wort" fiel mehrfach, begleitet von weiteren Beschimpfungen. Pogba wurde gar der Tod angedroht.

"Stoppt diese armseligen Trolle", fordert Mitspieler Harry Maguire

Manchester United reagierte prompt, verdammte die Schmähungen als "widerlich". Jeder im Klub sei angeekelt von den rassistischen Beleidigungen. "Wir verurteilen sie aufs Schärfste", schrieb der Verein in einer Mitteilung: "Die Personen, die diese Ansichten geäußert haben, repräsentieren nicht die Werte des Klubs und es ist ermutigend zu sehen, dass die große Mehrheit unserer Fans dieses Verhalten in den sozialen Medien verurteilt."

Manchester United kündigte den Verfassern der Kommentare Konsequenzen an, sofern man sie identifizieren könne. Zudem rief der Klub die Social-Media-Unternehmen dazu auf, etwas gegen die Beleidigungen zu unternehmen. Pogbas Mitspieler Harry Maguire nahm die Vorlage auf. Der Verteidiger forderte, jeder Account solle per Pass oder Führerschein verifiziert werden müssen. "Stoppt diese armseligen Trolle, die mehrere Accounts anlegen, um Leute zu beleidigen", schrieb der 26-Jährige.

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Sein Mitspieler Marcus Rashford schloss sich als zweiter United-Spieler den Forderungen an. Paul Pogba sei ein großer Teil der Manchester-United-Familie. Der Stürmer begriff die Hass-Tiraden als das, was sie sind: eine Attacke auf die Gesellschaft. Er antwortete den Trollen: "Wenn ihr ihn angreift, greift ihr uns alle an." Phil Neville, Trainer der englischen Fußballerinnen, dachte öffentlich über einen sechsmonatigen Social-Media-Boykott seitens der Fußball-Community nach - um dann zu schauen, welchen Effekt dies auf Social-Media-Unternehmen habe.

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Rassistische Diskriminierungen dieser Art häufen sich im englischen Fußball. Innerhalb von sechs Tagen gab es drei Vorfälle, in denen schwarze Profi-Fußballer in den sozialen Netzwerken attackiert wurden. Am vergangenen Mittwoch war Chelsea-Stürmer Tammy Abraham rassistisch beleidigt worden, nachdem er den entscheidenden Elfmeter im europäischen Supercup gegen den FC Liverpool vergeben hatte. Yakou Meite, ein Spieler des Zweitligisten FC Reading, veröffentlichte am Sonntag einen Chatverlauf, in dem er als "Affe" bezeichnet wird. Die Organisation Kick it out, die sich gegen Diskriminierung im englischen Fußball stellt und vom englischen Verband, der Premier League und der Spielergewerkschaft finanziert wird, teilte mit: "Die Zahl dieser Posts seit Beginn der Saison verdeutlicht, wie sehr Diskriminierung im Internet außer Kontrolle ist."

Eine Studie der Organisation aus dem Juli zeigt, dass in der vergangenen Saison die Zahl der gemeldeten rassistischen Beleidigungen im englischen Fußball um 43 Prozent gestiegen ist (im Vergleich zur vorangegangenen Spielzeit). Die Fallzahl erhöhte sich von 192 auf 274. Die Ziffern beziehen sich nicht nur auf den Profifußball: Rassismus ist ein Problem, das keine Ligenzugehörigkeit kennt. Die Vorfälle im Amateurfußball sind ebenso schädlich und mindestens so gefährlich, aber die Vorkommnisse im Profifußball erhalten die größere mediale Beachtung.

Pogba schweigt seit den Vorfällen

Es bleibt aber nicht bei Beleidigungen im Internet. Im vergangenen Dezember wurde dem gabunischen Nationalspieler und ehemaligen Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang eine Bananenschale vor die Füße geworfen, nachdem er für den FC Arsenal gegen den Erzrivalen Tottenham Hotspur getroffen hatte. Das Gericht erkannte im Bananenschalen-Wurf vor die Füße eines schwarzen Spielers ein rassistisches Element. Der Täter wurde identifiziert, er musste 500 Pfund Strafe bezahlen und darf vier Jahre in kein Fußballstadion. Aubameyangs Reaktion auf das Urteil: "Vier Jahre und dann geht es wieder los."

Im Internet ist es nicht immer möglich, die Täter zu identifizieren. Ein Twitter- oder Instagram-Account ist sehr schnell angelegt, es braucht lediglich einen Internetzugang und eine E-Mail-Adresse. Und es gibt Wege, Spuren im Netz zu verschleiern. Die Hemmschwelle für Beleidigungen scheint umso niedriger, desto größer die Anonymität ist. Auch aus diesem Grund fordert United-Verteidiger Maguire eine Verifizierung der Accounts.

Paul Pogba hat sich zu den Beleidigungen nicht geäußert - weder auf Twitter noch auf Instagram. Er dürfte im Moment kaum Lust haben auf die (a)sozialen Medien.

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