Philipp Lahm nach dem Ghana-Spiel:"So offen wollten wir das nicht gestalten"

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Philipp Lahm (vorne): Mit Problemen gegen Ghana (Foto: AFP)

Nach dem Remis gegen Ghana spricht Philipp Lahm in der Interviewzone über die Probleme mit dem eigenen Aufbauspiel, die Hitze im Stadion und die Bedeutung der Einwechselspieler.

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien hatte für die deutsche Mannschaft das erste schwere Hindernis parat. Beim 2:2 gegen Ghana musste die DFB-Elf einen Rückstand aufholen, um die schöne Ausgangsposition nach dem fulminanten Sieg gegen Portugal (4:0) nicht völlig zu verspielen. Nach der Partie sprach Kapitän Philipp Lahm im Keller des Estadio Castelão in Fortaleza über eigene Fehler, das Klima im Nordosten Brasiliens und Miroslav Klose.

Frage: Herr Lahm, Sind Sie zufrieden, weil die Mannschaft das Ergebnis noch gedreht hat, was bei diesem Wetter sicher nicht einfach war?

Philipp Lahm: Wir sind nicht zufrieden. Wir wollten heute so gut wie alles klar machen in der Gruppe mit einem Sieg, das ist uns nicht gelungen.

Woran lag es?

Ich glaube, wir waren heute nicht so aggressiv wie vor fünf Tagen gegen Portugal. Und wir hatten Probleme mit unserem Aufbauspiel. Das haben wir nicht so gut gemacht wie sonst. Dann kriegt man gegen eine so aggressive Mannschaft Probleme.

Warum klappte das Aufbauspiel nicht?

Wir haben es taktisch nicht so gut, so clever gemacht wie gewohnt. Die Raumaufteilung hat schlecht funktioniert. Wir haben wenig Überzahl kreieren können in den entscheidenden Räumen, dadurch hatten wir Probleme.

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Zum Schluss ging es wild hin und her, beide Mannschaften wollten gewinnen. Wurde nicht überlegt, lieber den einen Punkt mitzunehmen und sicherer zu agieren?

Wir haben am Ende nicht wirklich viel überlegt. Richtig clever war unsere Spielweise da nicht. Wir haben Ghana noch zwei Chancen ermöglicht, bei denen wir hinten in Unterzahl waren. Das darf nicht sein. Auch wenn wir sehr gute Möglichkeiten hatten, das Spiel selbst zu gewinnen. Aber so offen wollten wir das nicht gestalten.

Eigentlich lautete die Prognose, dass die Spiele hier behäbiger sein werden. Doch nun geht es in vielen Spielen rauf und runter.

Wenn es hin und her geht, dann deshalb, weil man taktisch nicht gut spielt. Die Mannschaften sind dann zweigeteilt in Offensive und Defensive. Das wollen wir nicht. Ich denke, dass wir über weite Strecken relativ abwartend gespielt haben.

Was für eine Rolle spielte das Klima hier im Nordosten Brasiliens?

Es war schon warm. Aber ich bin immer froh, wenn die Sonne nicht direkt ins Stadion scheint. Das war heute der Fall. Trotzdem war die Wärme schon enorm.

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Wie weit ist die Mannschaft in der Umsetzung des 4-3-3-Systems mit den variablen Stürmern?

Vor fünf Tagen war alles gut. Das ist eben so: Mal läuft es besser, mal läuft es schlechter. Heute lief es nicht so gut wie gegen Portugal. Das ist aber kein generelles Problem. Wir haben gesehen, dass es funktioniert, es hat super geklappt im ersten Spiel. Natürlich ist das auch vom Gegner abhängig und Ghana war heute sehr aggressiv. Dagegen haben wir über weite Strecken des Spiels kein Mittel gefunden.

Wenn man dann einen Schweinsteiger und einen Klose von der Bank bringen kann, ist das nicht schlecht.

Gegen Portugal waren es andere Spieler, die auch Schwung gebracht haben. Es ist ungemein wichtig, vor allem bei diesen Temperaturen, dass Spieler reinkommen, die frischen Wind mitbringen. Das war jetzt zweimal definitiv der Fall.

Miroslav Klose hat nun in 20 WM-Spielen 15 Tore erzielt.

Das ist absolut top. Er hat den Rekord von Ronaldo eingestellt, das freut uns alle. Wegen uns kann er noch ein, zwei, drei Tore mehr machen.

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Die Mannschaft wollte in der Defensive stabil stehen. Trotzdem gab es zwei Gegentore.

Beim ersten Tor stehen wir in der Mitte nicht so gestaffelt wie wir sollten. Dann verlieren wir einen Zweikampf und der Ball ist im Tor. Das kann immer mal passieren. Beim zweiten Gegentor: Ballverlust, schnell umgeschaltet, Pass in die Tiefe, Gegentor.

Nach dem 4:0 gegen Portugal hat die Welt gestaunt über die Deutschen. Jetzt gab es nur ein 2:2.

Außer vielleicht Frankreich ist keine Mannschaft dabei, die zwei souveräne Siege geschafft hat. Für uns geht es einfach weiter. Wir haben nun ein Endspiel gegen die USA. Wenn wir unsere Leistung bringen wie im ersten Spiel und phasenweise auch heute, dann sehe ich keine Gefahr, dass wir nach Hause fahren.

Historisch gesehen ist die Konstellation brisant, gegen den früheren Bundestrainer Jürgen Klinsmann dieses Gruppen-Endspiel zu bestreiten.

Das ist mehr ein Thema für die Medien. Wir hatten damals eine Super-Zeit zusammen in der Nationalmannschaft, er hat viel Schwung rein gebracht und wir hatten auch Erfolg. Aber das ist schon ein paar Jahre her.

Klinsmann wird seine US-Boys richtig heiß machen.

Klar, mit Sicherheit. Aber wir sind auch heiß, ins Achtelfinale einzuziehen.

Aufgezeichnet von Thomas Hummel

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