Patty Schnyder bei den US Open:Rühriges aus Steffi-Graf-Zeiten

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Patty Schnyder besiegte in New York einst Steffi Graf - an Details des Matches kann sie sich aber nicht mehr erinnern. (Foto: AFP)
  • Bei den US Open freut sich die Tennis-Szene über die emotionale Geschichte der Schweizerin Patty Schnyder.
  • Die 39-Jährige verliert zwar gegen Maria Scharapowa - sie erinnert aber auch an einen großen Sieg, damals gegen Steffi Graf.

Von Jürgen Schmieder, New York

Gegen Steffi Graf. In der Nacht. Im damals noch sehr neuen Arthur Ashe Stadium. Daran erinnert sich Patty Schnyder, und sie erinnert sich auch daran, dass sie eine der größten Tennisspielerinnen der Geschichte vor 20 Jahren im Achtelfinale der US Open besiegt hat, mit 6:3, 6:4: "An einzelne Ballwechsel kann ich mich nicht mehr erinnern, es sind dazwischen einfach zu viele Sachen geschehen." Nun, am Dienstag, da trat Schnyder noch einmal an bei den US Open. Gegen Maria Scharapowa. In der Nacht. Im neuen Louis Armstrong Stadium.

Sie mögen das Sentimentale und Schrullige in New York, und die US Open liefern zuverlässig solche Wohlfühlgeschichten abseits von der Suche nach dem Turniersieger. Die von Jimmy Connors zum Beispiel, der im Jahr 1991 bis ins Halbfinale kam und das auf dem Weg dorthin dem Schiedsrichter auch mitteilte: "Du Penner! Ich reiße mir hier im Alter von 39 Jahren den Hintern auf und du machst so was?" Oder vor ein paar Jahren, als der 34 Jahre alte Victor Estrella Burgos die Leute mit ein paar Siegen und einer herzwärmenden Geschichte über das Nicht-Aufgeben, seinen Aufstieg aus dem Ghetto in der Dominikanischen Republik und den knallharten Altag von nicht ganz so erfolgreichen Tennisprofis zu Tränen rührte.

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In diesem Jahr gibt es Patty Schnyder, die am 14. Dezember ihren 40. Geburtstag feiern wird. Sie ist die älteste Spielerin der Geschichte, die sich durch die Qualifikation in das Hauptfeld eines Grand-Salm-Turniers gequält hat. "Es ist schön für mich", sagt sie: "Ich erfahre bei dieser riesigen Veranstaltung, dass sich die Leute noch immer an meinen Namen und meine Geschichte erinnern. Das ist sehr schön."

Diese Geschichte ist tatsächlich interessant: Im Alter von 14 Jahren wurde sie Profi, sie schaffte schnell erste Erfolge, und fünf Jahre später, als 19-Jährige, da besiegte sie Steffi Graf bei den US Open und erreichte das Viertelfinale. Danach jedoch vertraute sie sich einem selbst ernannten Guru an, der sie in, wie ihr Vater sagte, eine "sektenähnliche Abhängigkeit" führte.

Es dauerte Jahre, bis sie nach der Trennung von diesem Wunderheiler zurück zu ihrer Familie und zu ihrem Sport fand, sie erreichte 2004 bei den Australian Open das Halbfinale und rückte bis auf Platz sieben der Weltrangliste vor. 2011, im Alter von 33 Jahren, beendete sie ihre Karriere und gründete eine Familie, Tochter Kim kam vor drei Jahren zur Welt.

Das war der Moment, in dem Schnyder bemerkte, wie schön dieses Leben als Tennisprofi doch sein kann, wenn es nur diese extremen Trainingseinheiten und diese nervige Rumreiserei nicht gäbe. Sie beschloss, es als Teilzeitprofi zu probieren: vormittags wird trainiert, nachmittags steht die Tochter im Vordergrund. "Ich will das so haben, die Zeit mit Kim ist so schön, das will ich keinesfalls aufgeben", sagt Schnyder, die nun in New York jeden Tag mit ihrer Tochter im Central Park spielt: "Wenn ich morgens zwischen anderthalb und dreieinhalb Stunden trainiere, reicht es dann auch, dann bin ich kaputt."

Seit drei Jahren reist sie wieder um die Welt, sie hat ein paar kleinere Turniere gewonnen, nun hat sie sich für das Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers qualifiziert, auf dem Weg dorthin besiegte sie Spielerinnen, die 14, 15 und 18 Jahre jünger waren als sie. "Ich weiß, wie schwierig es ist, fit zu sein und alles unter einen Hut zu bringen", sagt sie: "Daher bin ich schon sehr stolz, dass ich das geschafft habe."

Am Dienstagabend spielte sie also gegen Maria Scharapowa, die dieses Turnier im Jahr 2006 gewonnen hat und nach abgelaufener Dopingsperre seit einem Jahr den Anschluss an die Weltspitze sucht. Schnyder hielt ordentlich mit, sie zwang ihre Gegnerin zu einigen spektakulären Ballwechseln, am Ende verlor sie jedoch mit 2:6, 6:7. Das schien sie allerdings nicht sonderlich zu stören. "Es war schön, hier spielen zu dürfen: am Abend, in diesem Stadion, gegen diese Gegnerin", sagte Schnyder danach: "Wirklich besonders war es aber nicht, ich mache das schließlich schon mein Leben lang." Sie hatte einen schönen Abend, diese Patty Schnyder, und die US Open haben ihre Wohlfühlgeschichte.

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