Paris 2024:Eau là là!

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So stellen sich die Organisatoren die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele 2024 in Paris vor: Boote transportieren die Delegationen vorbei an den am Ufer der Seine jubelnden Zuschauermassen. (Foto: Paris 2024/Reuters)

Hundert Jahre lang war es verboten, doch pünktlich zu den Sommerspielen 2024 soll man in Paris wieder in der Seine schwimmen dürfen. Danke Olympia! Ein Problem gibt es allerdings noch.

Glosse von Claudio Catuogno

Olympische Spiele müssen ein Vermächtnis haben, darunter macht das Internationale Olympische Komitee es nicht. Die Spiele sollen den Metropolen, die sie so großzügig beherbergen, auch etwas hinterlassen. Im Idealfall etwas Handfesteres als jene Schulden, die die Bürger von Montreal nach den Spielen von 1976 noch jahrzehntelang über eine Sondersteuer abtrugen; und gerne auch etwas Hübscheres als jene Sportstätten, die nun von Athen bis Rio der örtlichen Tier- und Pflanzenwelt ein markantes Zuhause bieten. So was wie die Münchner U-Bahn! Ohne die Spiele 1972 hätte München ja bis heute keine, hat der IOC-Präsident Thomas Bach mal mit sportlichem Selbstbewusstsein festgestellt, insofern: Danke, Olympia!

Gutes Beispiel auch für die olympische Legacy: die Guanabara-Bucht vor Rio de Janeiro. Das war jahrzehntelang eine giftige Brühe, in der man nicht nur nicht zum Schwimmen, sondern besser auch nicht zum Segeln ging. Akute Vergiftungsgefahr - die Abwässer mehrerer Großstädte flossen hier ungereinigt ins Meer. Und was soll man sagen: Ohne die Sommerspiele 2016 wäre die Guanabara-Bucht niemals sauber geworden!

Gut, mit ihnen wurde sie es dann auch nicht. Aber das schlug ja erst nach den Spielen eine Schramme ins olympische Vermächtnis. Die sieben Jahre währende Vorfreude auf eine saubere Bucht kann den Bewohnern von Rio niemand mehr nehmen ...

Willkommen auf dem Fluss: Tony Estanguet, Präsident des Organisationskomitees Paris 2024 (l.), IOC-Präsident Thomas Bach und der ehemalige Sprinter Usain Bolt (r.) präsentieren ein Jahr vor Beginn der Spiele die olympische Fackel - auf einem Ausflugsboot auf der Seine. (Foto: Catherine Steenkeste/Getty Images)

Schön daher, dass auch das Vermächtnis der Sommerspiele 2024 in Paris mit Wasser zu tun hat: Schwimmen in der Seine soll wieder möglich werden! Seit 1923 ist es streng verboten, doch in den letzten Jahren hat sich die Wasserqualität des schönen Flusses immer weiter verbessert - eau là là, sagt da der Franzose. Und obwohl der Unrat der Metropole schon lange nicht mehr in die Seine fließt, sondern in schicke Kläranlagen in den nicht ganz so schicken Banlieues, war vor Eröffnung der Badesaison noch ein letztes Problem zu lösen: Was, wenn starker Regen die Kanalisation an ihre Grenzen bringt? Dann ergoss sich die Brühe doch in den Fluss. Nun allerdings hat die Stadt nahe der Gare d'Austerlitz ein unterirdisches Auffangbecken gebaut, 34 Meter tief, 50 Meter breit, das - Achtung, IOC! - so viel Wasser fasst wie 20 olympische Pools.

Exakt ein Jahr vor der Eröffnungsfeier darf man also feierlich festhalten: Diesmal könnte es tatsächlich klappen!

Bisher ungelöst: Was ist mit den Ratten?

Das Marathon- und das Freiwasser-Schwimmen sollen im Sommer 2024 in der Seine stattfinden, und "wenn die Menschen sehen, dass Sportler ohne gesundheitliche Probleme hier schwimmen, werden sie das Vertrauen haben, selbst wieder in die Seine zu gehen", hofft der Vize-Bürgermeister Pierre Rabadan. "Es ist unser Beitrag für die Zukunft." 2025 sollen dann gleich drei Seine-Bäder wiedereröffnen.

Man wird das IOC feiern und lobpreisen, wenn man sich demnächst auf der Luftmatratze am Eiffelturm entlangtreiben lässt; und darüber, dass dieses Auffangbecken (ebenso wie die Münchner U-Bahn) natürlich auch ohne Olympia gebaut worden wäre, wird man großzügig hinwegsehen. Wobei der Frischwasserbeauftragte Paul Kennouche auch ahnt, was manch einen noch vom Sprung in die klaren Fluten abhalten könnte: die Ratten! Die bevölkern das Seine-Ufer zu Hunderttausenden. Aber keine Sorge: Bis zu den Sommerspielen "Paris 2100" wird sich da bestimmt eine Lösung finden.

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