Olympiastadion Berlin:Wenn die Hertha auszieht, braucht Berlin Ideen

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Das Berliner Olympiastadion. Leer. (Foto: Getty Images)

An der Leichtathletik-Bahn wird sich im Berliner Olympiastadion kaum was ändern - dafür könnte Hertha BSC gehen. Die Frage ist: Wer soll die Arena künftig mit Leben erfüllen?

Kommentar von Joachim Mölter

Und, was bleibt, da diese berauschenden Leichtathletik-Europameisterschaften im Berliner Olympiastadion jetzt Geschichte sind? Bleibt mehr als nur Erinnerung an schöne Bilder, den Sprung von Thomas Röhler in den Wassergraben zum Beispiel nach seinem Sieg im Speerwerfen? Die blaue Bahn bleibt, die überall zu sehen war, im Hintergrund, als Untergrund. Das hat jetzt der Berliner Innensenator Andreas Geisel so gut wie versprochen. Jedenfalls hält es der SPD-Politiker "für ziemlich ausgeschlossen", dass die Arena in ein reines Fußballstadion umgebaut wird, so wie es dem Bundesligaklub Hertha BSC vorgeschlagen wurde.

Die Hertha ist Hauptmieterin des Olympiastadions, das dem Land Berlin gehört, aber sie fühlt sich in den alten Mauern nicht mehr wohl. Umbau oder Umzug - das war zuletzt im Gespräch zwischen Senat und Fußballern. Die Leichtathleten haben dazu eine klare Meinung, nicht nur die deutschen übrigens. "Man baut seine Geschichte nicht um", hat der Brite Sebastian Coe vorige Woche im Interview mit dem Berliner Tagesspiegel gesagt. Coe ist Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes und studierter Historiker, er kann die Bedeutung dieses Stadions einordnen.

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Sportlich ist es die Stätte, an welcher der Amerikaner Jesse Owens 1936 als erster Leichtathlet vier Olympiasiege auf einmal errang und der Jamaikaner Usain Bolt bei der WM 2009 zwei heute noch gültige Weltrekorde sprintete. Politisch ist es der Ort, an dem Adolf Hitler 1936 die Olympischen Spiele zu seinen Propaganda-Zwecken missbrauchte und mit den Bauten bereits Größe, Macht und Stärke demonstrieren wollte. Leichtathleten aus ganz Europa haben diesen Atem der Geschichte bei ihren Titelkämpfen gespürt, haben auf diese einzigartige blaue Bahn geschaut, und wenn Fußballer aus Berlin-Wedding das Flair nicht zu schätzen wissen, dann sollen sie halt gehen, wohin sie wollen.

Die Frage ist dann nur: Wer soll das Stadion künftig mit Leben erfüllen und wie? Das Bauwerk ist ja viel zu schade, um es nur als Denkmal rumstehen zu lassen. Die Leichtathleten entwickeln gerade allerlei Ideen, wie sie die Arena häufiger bespielen können, aber sie werden das außer beim traditionsreichen Internationalen Stadionfest (Istaf) höchstens noch einmal im Jahr schaffen. Selbst mit Open-Air-Konzerten, mit den Rolling Stones und Ed Sheeran, wird man die Tribünen nicht alle zwei Wochen füllen.

In Berlin brauchen sie also ein Konzept, wie sie ihr Olympiastadion notfalls auch ohne Fußball regelmäßig bevölkern. Sie haben dafür nun sieben Jahre Zeit, so lange läuft der Mietvertrag mit Hertha BSC noch. Aber in Berlin haben sieben Jahre schon für ganz andere Projekte nicht gereicht. Was der Bundeshauptstadt Mut machen sollte: In München haben sie gezeigt, dass es möglich ist, ein Olympiastadion auch ohne Fußball zu betreiben, als der FC Bayern ausgezogen ist. Mehr als die Erinnerung an große Leichtathletik-Tage ist dort freilich auch nicht geblieben.

© SZ vom 16.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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