Olympia:Paul Biedermann ist nur noch Tourist

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Enttäuscht: Paul Biedermann (Foto: dpa)

Ohne Olympia-Medaille beendet der beste deutsche Schwimmer seine Karriere. Der Abschied ist traurig.

Von Saskia Aleythe, Rio de Janeiro

Olympia lebt von kleinen und großen Momenten. Kleine Momente erlebte Paul Biedermann gleich zu Beginn dieser Olympischen Spiele: Dem Kollegen Sun Yang aus China lief er im Athletendorf über den Weg, mit Michael Phelps saß er im gleichen Bus. "Man sieht sich und jeder sagt, dass er gut drauf ist", schilderte Biedermann und grinste, es klang ein bisschen nach Vorkampf zwischen Palmen. "Und dann sieht man sich im Wasser wieder."

Am Dienstagabend im Aquatics Stadium von Rio de Janeiro sah Paul Biedermann Michael Phelps wieder, das war ein großer Moment. Über ihnen hing das riesige olympische Logo, unter ihnen leuchtete das Wasser, um sie herum schrien die Zuschauer. Gleich auf der Bahn neben Michael Phelps schwamm Biedermann die Staffel über 4 x 200 Meter zu Ende, das hat ihn gefreut, doch die beiden unterschied: Die USA gewann, Deutschland landete auf Rang sechs. Die Olympiabilanz von Michael Phelps: 25 Medaillen. Die Olympia-Bilanz von Paul Biedermann: 0.

Biedermann kämpfte seinen finalen Kampf im Wasser, es war sein letztes Rennen nach 18 Jahren Profisport, das so undankbar endete: Er sprang auf Rang sechs liegend ins Wasser, mit so großem Rückstand, dass er nichts mehr ausrichten konnte. Die Uhr blieb stehen, als er die Staffel bei 7:07,28 Minuten ins Ziel gebracht hatte. "Das ist traurig, aber wir haben gekämpft und nicht aufgegeben. Ich bin stolz auf die Jungs und das ist das, was ich mitnehme", sagte Biedermann. Dann brach ihm kurz die Stimme weg.

Biedermanns Blick wirkt leer

"Manchmal ist es gar nicht so schlecht, wenn einer geht. Dann ist da Platz für die anderen", sagte er noch, er freue sich nun auf die Zeit nach dem Sport. Dann ging er ein paar Schritte weg von den Mikrofonen, neben ihm weinten Christoph Fildebrandt und Florian Vogel leise, der starke Clemens Rapp war entspannter. Und das Lachen, mit dem sich Biedermann verabschiedet hatte, mit dem er einen Schutzschild vor den enttäuschten Kollegen bildete, war verschwunden. Sein Blick wurde leer.

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25 Stunden vor diesem Finale war Biedermann Sun Yang wieder begegnet, der ehemals dopinggesperrte Chinese holte Gold, Biedermann musste sich in seinem letzten Rennen über 200 Meter mit Platz sechs begnügen. Keine Einzelmedaille für ihn, der ja noch immer als Weltrekordler die Statistiken anführt, 2009 hatte er bei der WM Michael Phelps besiegt. Nach dem Rennen in Rio gab sich der Deutsche Mühe, positiv zu wirken. Es sei nicht mehr möglich gewesen, damit müsse er leben. "Wie ich es auch drehe und wende, ich habe alles gegeben." Sein Heimtrainer Frank Embacher, den Biedermann auch nach 14 Jahren Zusammenarbeit den "Herrn Embacher" nennt, verriet später: "Die Enttäuschung ist schon riesengroß, aber er hat gleich gesagt: Für die Staffel reiße ich mir noch mal den Arsch auf." Belohnt wurde es nicht.

Es war ein deutscher Abend in Rio, mit Franziska Hentke und Marco Koch bestritten die letzten Medaillenhoffnungen ihre Halbfinals. Hentke, Zweite der Weltjahresbestenliste, lief lächelnd ein, winkte sogar in die Kamera. Dann schwamm sie und danach liefen die Tränen. In 2:07,67 Minuten kam sie über 200 Meter Schmetterling ins Ziel, mehr als zwei Sekunden über ihrer Bestzeit. Sie wurde Elfte und verpasste das Finale. "Ich bin in guter Form, warum ich's nicht ins Wasser bringen kann, keine Ahnung", sagte Hentke, "ich bin einfach nur mehr als enttäuscht. Ich habe vier Jahre darauf hintrainiert." Marco Koch kam als amtierender Weltmeister über 200 Meter Brust nur als Siebter ins Finale.

Paul Biedermann ist nun nur noch eine Art Tourist mit einer Athletenakkreditierung im olympischen Dorf. Seine letzten Spiele wollte er genießen, bis zur Abschlussfeier bleiben ihm nun noch elf Tage. Was er vom Schwimmen mitnehmen werde? "Einiges", antwortete Biedermann, zählte Trainingsfleiß und Zusammenhalt auf. Und was wird ihm fehlen? Paul Biedermann schaute zur Seite. Und sagte dann sehr lange nichts.

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