Olympia:Neureuther nach Riesenslalom: "Kann funktionieren"

Krasnaja Poljana (dpa) - Felix Neureuther blickte nach dem eigenen "Riesenwunder" im Riesenslalom gebannt auf die große Videoleinwand und die Goldfahrt von Ted Ligety.

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Krasnaja Poljana (dpa) - Felix Neureuther blickte nach dem eigenen "Riesenwunder" im Riesenslalom gebannt auf die große Videoleinwand und die Goldfahrt von Ted Ligety.

Turbulenten Tagen voller Schmerzen und Zweifel folgte zwar kein Medaillen-Coup, aber Neureuther nahm als guter Achter die wichtige Erkenntnis mit: Der beim Autounfall verletzte Körper kann's wieder. "Mir fällt ein riesengroßer Stein vom Herzen. Olympische Spiele sind nur alle vier Jahre und wenn man dort nicht am Start stehen kann, das ist als Sportler das bitterste überhaupt", schilderte der 29-Jährige.

Als der erleichterte deutsche Ski-Star längst auf dem Weg zurück ins olympische Dorf war, prophezeite US-Boy Ligety seinem Kumpel zum alpinen Abschluss der Spiele den großen Coup. "Ich bin mir sicher: In ein paar Tagen werden wir ihn nach dem Slalom hier auf dem Podium sehen." Eine mögliche Spitzen-Platzierung verpatzte Stefan Luitz bei einem Traumlauf im ersten Durchgang am letzten Tor.

Ligety hingegen schrie nach seinem überlegenen Triumph am Mittwoch in Krasnaja Poljana seine Freude lauthals hinaus, nach Silber und Bronze hüpften die Franzosen Steve Missillier und Alexis Pinturault Arm in Arm umher. "Zwei von den drei großen Favoriten stehen auf dem Podium, mit Ted und Pinturault", erklärte der dreimalige Olympia-Teilnehmer Neureuther, der auf eine eigene Medaille noch warten muss.

Vor seinem Angriff auf die zwischenzeitliche Bestzeit von Missillier kühlte Neureuther sich mit Schnee noch einmal den lädierten Nacken. Doch zu einer großen Überraschung wie durch den Franzosen reichte es weder für ihn, noch für einen Teamkollegen. "Es ist natürlich schade, dass das nicht einer von uns gewesen ist. Im Endeffekt kann man es am Samstag nur besser machen. Ich weiß, der Körper hält, von dem her kann der Neureuther auch am Samstag funktionieren", sagte Neureuther und dankte seinem Physio Martin Auracher für einen "Wahnsinns-Job".

Fritz Dopfer ließ als Zwölfter - angefeuert von zaghaften "Deutschland, Deutschland"-Rufen - im Ziel enttäuscht den Kopf hängen. Aber besonders bitter war der Tag für Team-Junior Stefan Luitz. Beim Traumlauf im ersten Durchgang legte er zwar die beste Zeit der Deutschen hin, aber ein Einfädler am letzten Tor brachte ihn um den vielleicht ganz großen Winterspiel-Tag. "Du Vollidiot", schilderte der Skirennfahrer aus dem Allgäu seinen ersten Gedanken.

"Da ist schon ein bisschen Frust dabei. Am letzten Tor einfädeln nach so einer sensationell guten Vorstellung - das hat einen gewissen Beigeschmack", haderte Wolfgang Maier mit der Luitz'schen Leistung. Einmal mehr wurde er "vom Felix" überrascht. "Die Vorstellung war auf jeden Fall Weltklasse", sagte der Alpindirektor nach dem ersten Durchgang. Wie vor vier Jahren in Vancouver belegte Neureuther ebenfalls Rang acht im Riesentorlauf. Zuletzt besser war ein deutscher Alpin-Herr 1994, als Markus Wasmeier Doppel-Olympiasieger wurde.

Ein "herausragendes Rennen" bescheinigte auch DOSB-Präsident Alfons Hörmann dem bei einem Autounfall fünf Tage zuvor verletzten Neureuther. "Es ist auf jeden Fall großartig, dass er sich nach der körperlichen und sicherlich auch psychisch belastenden Konstellation stellt. Dass er Sportsmann genug ist, zu sagen, ich versuche alles", rühmte Hörmann. Er haderte nur mit dem Abschneiden von Luitz. "Ich denke, dass war der Lauf seines Lebens. Da kann man nur sagen, dass war Pech und tragisch - alles auf einmal. Für ihn sicher die schmerzvollste Stunde, aber ein wichtiges Lehrbeispiel für die Zukunft."

Für Luitz war es allerdings nicht die erste Erfahrung dieser Art. Bei der WM vor einem Jahr in Schladming fuhr er durch das letzte Tor statt daran vorbei. Auch damals wurde er disqualifiziert. "Aber es hilft nichts. Ich muss jetzt den Kopf hochnehmen und einfach das Gefühl, das ich beim Lauf gehabt habe, mitnehmen und in den nächsten Rennen wieder umsetzen", erklärte der zweimalige Weltcup-Podestfahrer und lobte seinen Zimmerkollegen Neureuther. "Ohne Einfahren, ohne Training - das ist eine große Leistung von Felix", merkte Luitz an. "Aber ich habe nichts anderes erwartet."

Diese Zuversicht hatte Neureuther zuvor selbst nicht. "Es ist ein Riesenwunder, dass ich heute hier am Start gestanden bin", bekannte der achtmalige Weltcupsieger. Auf der Tribüne jubelten die Eltern Rosi Mittermaier und Christian Neureuther sowie Schwester Ameli sowieso - und waren besonders froh, dass der WM-Zweite keinen gesundheitlichen Rückschlag erlitt. Neureuther junior: "Sagen wir so: Ich brauch' keine Schmerzmittel, um Ski zu fahren."

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