Kanuslalom bei Olympia:Beutezug im Whirlpool

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Die Medaille fest im Blick: Hannes Aigner hat der Erfolgsgeschichte der deutschen Slalomkanuten ein weiteres Kapitel hinzugefügt. (Foto: Naomi Baker/Getty Images)

Vier Rennen, vier Medaillen: Hannes Aigner macht die glanzvolle Bilanz der Slalomkanuten in Tokio mit Bronze perfekt. Dabei trotzt er Muskelkrämpfen - und seinem Trauma von 2016 in Rio.

Von Saskia Aleythe, Tokio

Aus den Wellen guckte nur noch sein Helm heraus. Hannes Aigner war für einen kurzen Moment verschwunden, so sah das jedenfalls aus: links, rechts, vor und hinter ihm - überall Wasser. Aber die besten Slalomkanuten besitzen diese Eigenschaft: Wo andere kentern und sich mit Mühe wieder an Land bringen, schießen sie plötzlich unversehrt aus dem Wasser hervor. Es war eine kritische Passage für Aigner im Finale in Tokio zu Beginn seiner Fahrt, sie hatte ihn Zeit gekostet. Doch er kämpfte sich und sein Boot wieder hinaus.

So ein Moment kann ein ganzes Rennen prägen: Zwei Drittel der Strecke hatte Aigner noch vor sich. Doch die Aktion vermieste ihm schließlich nicht die ganze Fahrt. Und nicht mal das Ergebnis: Als alle Rivalen wieder aus ihren Booten gestiegen waren, hatte der 32-Jährige mit Bronze eine Medaille gewonnen, an die er selbst schon fast nicht mehr hatte glauben können.

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Vor dem Start hatten sich bei ihm Muskelkrämpfe bemerkbar gemacht, berichtete Aigner. "Da hatte ich große Sorgen, ob ich es überhaupt bis ins Ziel schaffe. Weil meine Arme sich zum Teil selbstständig gemacht haben." Es ist die größte Befürchtung der Athleten: Jahrelang auf dieses Ziel hingearbeitet zu haben, und dann geht irgendetwas schief. "Es hat mich fassungslos gemacht, dass mir so was in die Quere kommt", sagte Aigner. Mit finsterem Blick hockte er im Zelt der drei Besten. Er lag zwar in Führung, aber da kamen noch sechs andere, die im Halbfinale schneller gewesen waren als er.

2016 in Rio hatte Hannes Aigner die Medaille noch knapp verpasst

Doch im Kanuslalom gibt es so einige Tücken, und die erwischten dann auch die Konkurrenz. Nur Olympiasieger Jiri Prskavec aus Tschechien und der Slowake Jakub Grigar mit Silber waren schließlich besser und schneller als der Deutsche. Bei den Olympischen Spielen 2016 hatte er die Medaille knapp verpasst. "Ich bin noch etwas traumatisiert von Platz vier damals in Rio", sagte Aigner. Drei Hundertstelsekunden fehlte damals zu Bronze. Eine Winzigkeit.

Sein Erfolg in Tokio reihte sich in die traumhaften Tage seiner Kollegen ein: Vier Starts, vier Plätze auf dem Podium. Erstmals seit der olympischen Premiere im Kanuslalom 1972 in München gewannen die deutschen Athleten in jedem Wettbewerb eine Medaille: Ricarda Funk Gold im Kajak-Einer, Sideris Tasiadis und Andrea Herzog jeweils Bronze im Canadier. Und nun eben auch Aigner Bronze im Kajak, wie schon 2012 in London.

Dreieinhalb Wochen sind die deutschen Slalomkanuten schon in Tokio, "wir sind jeden Tag stundenlang hier an der Strecke gewesen in der Hitze", berichtete Aigner. Es war eine anstrengende Zeit für sie unter den Corona-Auflagen, aber auch mit den Temperaturen. Abkühlung brachten schließlich nicht mal die Fahrten im Kanal. "Das Wasser hier ist wie ein Whirlpool. Aber eher einer, in dem man schwitzt, wenn man zu lange drin sitzt", sagte Aigner, "auch mit kaltem Bier."

Schon in Kürze müssen die Athleten abreisen, Aigner dachte schon ans Kofferpacken, als er gerade von der Siegerehrung gekommen war. Im kommenden Jahr richtet Augsburg die Weltmeisterschaft aus, das war jetzt also eine gelungene Werbetour der heimischen Athleten. "Es ist ein großes Ziel für einen gebürtigen Augsburger, dass ich mich dafür qualifiziere", sagte Aigner noch. Und eines ist auch klar: So warm wie im Whirlpool wird es im dortigen Eiskanal auf keinen Fall.

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